Wissen Frauen weniger über Geld oder Investieren? // Finanzbildung für Frauen
Inzwischen gibt es ein großes Angebot an Finanzblogs, Instagram-Accounts und sonstigen Bildungsangeboten im Bereich Finanzen, die sich speziell an Frauen richten. Einige davon stelle ich in diesem Post auch vor. Aber gleichzeitig frage ich mich, ob solche Angebote wirklich nötig sind? Haben Frauen andere Startvoraussetzungen? Und damit auch einen anderen Wissensstand als Männer, sodass Finanzbildung für Frauen an anderen Punkten ansetzen muss? Und interessieren Frauen tatsächlich andere Informationen über Finanzen oder haben sie andere Fragen?
Was lernen Mädchen und Jungen in ihrer Kindheit über Finanzen?
Vorbilder in der Familie
Mir war das als junger Mensch gar nicht so bewusst: In einem Interview mit der „Geldfrau“ Dani Parthum habe ich gelernt, dass verheiratete Frauen erst seit 1962 ein Girokonto eröffnen können! In der Generation unserer Großeltern ist daher automatisch der Mann der Finanzmanager der Familie gewesen. Und bei unseren Eltern blieb dies oft so, denn man war es ja selbst so gewohnt von früher. Zum Glück ändert sich das heute und in vielen Familien wird gemeinsam über Finanzen gesprochen und entschieden. Nach einer aktuellen Studie des Bankenverbands nehmen sich Frauen inzwischen genauso oft Zeit für ihre Finanzen wie Männer.
Ich bin mit meinem Papa als Finanzchef der Familie groß geworden. Für ihn war es aber absolut selbstverständlich mir einiges an Finanzbildung mit auf den Weg zu geben. Ich kenne aber (leider) noch zu viele (auch junge) Frauen, die sich bisher fast gar nicht mit ihren Finanzen beschäftigt haben.
Gender Pay Gap beim Taschengeld
Auch wenn sich viel getan hat – ganz gleichberechtigt scheinen Mädchen in Finanzfragen auch heute noch nicht zu sein. Die sogenannte Kinder-Medien-Studie hat 2016 herausgefunden, dass Mädchen im Schnitt weniger Taschengeld bekommen als gleichaltrige Jungen. Auch eine Studie der comdirect Bank kam zu diesem Ergebnis. Inzwischen sei dieser Gender Pay Gap wohl kleiner geworden.
Kriegen manche Mädchen einfach gar kein Taschengeld und ziehen dadurch den Durchschnitt nach unten? Oder kriegen Mädchen wirklich weniger Taschengeld? Auch mit geringeren Summen kann man den Umgang mit Geld lernen. Vielleicht sogar besser, als wenn immer genug Geld da ist, um sich die neusten Sticker-Sammelhefte oder Jugendzeitschriften zu kaufen (machen das Kinder heute noch mit ihrem Taschengeld?). Aber wenn der prozentuale Unterschied daher rührt, dass insgesamt weniger Mädchen überhaupt Taschengeld bekommen, dann ist das ein wirklich schlechtes (Vor-)Zeichen für die Finanzbildung von Frauen.
Wunsch nach Finanzen als Schulfach
Egal wen man fragt – Jugendliche oder Erwachsene, Männer oder Frauen, Experten oder Durchschnitssbürger: Alle Deutsche würden es begrüßen, wenn sie in der Schule mehr über Finanzen lernen würden. Und dabei geht es nicht um abstrakte Konzepte wie Inflation oder die Schuldenbremse, die man – wenn man Glück hat – in Fächern wie „Politik-Wirtschaft“ oder „Gemeinschaftskunde“ vielleicht noch kurz streift. Die Deutschen wünschen sich ganz konkrete Informationen zu ihren persönlichen Finanzen sowie Basisinformationen zu den Themen Anlegen und Altersvorsorge.
Wie schätzen Frauen und Männer ihr Finanzwissen ein?
Egal, welche Studie oder Umfrage man nutzt, die meisten Deutschen schätzen ihr eigenes Finanzwissen als nicht besonders gut ein. In der comdirect Jugendstudie geben junge Männer ihrem Finanzwissen im Schnitt die Schulnote 3,1, junge Frauen geben sich eine 3,6. Ähnlich nah beieinander liegen die Umfragewerte auch in anderen Studien. Zum Beispiel sagen 40% der Frauen und 38% der Männer, dass sie „voll und ganz keine Ahnung von der Börse“ haben.
Stimmt die Einschätzung?
Leider nein. Einer wissenschaftliche Studie zum Basis-Finanzwissen zufolge beantworteten 2009 nur ca. 50% der deutschen Teilnehmer alle drei Fragen richtig (hier kann man den Test selbst durchführen). Damit stehen wir im internationalen Vergleich zwar noch ziemlich gut dar, aber stolz kann man auf so ein Ergebnis trotzdem nicht sein.
Verschiedene Studien zeigen: Frauen schneiden – weltweit – bezüglich ihres Finanzwissens schlechter ab als Männer. Es scheint also tatsächlich Nachholbedarf zu geben! Dazu kommt noch, dass Altersvorsorge für Frauen besonders wichtig ist (auf Grund des immer noch existierenden Gender Pay Gaps, ihrer anderen Erwerbsbiografie und ihrer höheren Lebenserwartung – mehr dazu im vorherigen Post). Wenn es hilft, die Wissenslücke bei der Finanzbildung zu schließen, kann ich Finanzbildung für Frauen nur unterstützen. Auch Journalisten plädieren an Frauen, sich noch stärker um ihre finanzielle Unabhängigkeit zu kümmern. Diesen Artikel im Spiegel fand ich in dieser Hinsicht sehr gut, denn er enthält viele plastische Beispiele zum Thema Frauen und Finanzen.
Finanzbildung von Frauen für Frauen
Inzwischen gibt es eine Vielzahl deutschsprachige Angebote zum Thema Finanzbildung für Frauen. Die großen und beliebten Blogger und Initiativen bieten viel guten und kostenlosen Content an. Natürlich wollen sie mit ihren Angeboten auch Geld verdienen, woran es zum Teil auch Kritik gibt. Ich möchte mit meinem Blog explizit kein Geld verdienen. Meine Posts sind aber natürlich bei weitem auch nicht so professionell aufbereitet. Auch kann ich eindeutig nicht so oft neue Posts veröffentlichen wie diese Profis hier:
Madame Moneypenny
Natascha Wegelin ist sicherlich die bekannteste Finanzbloggerin, die sich speziell an Frauen richtet. Ausgehend von einem Blog und eBook gibt es inzwischen ein breites Angebot an Kursen, Coachings, einem Podcast und weiterer Social Media Inhalte, die Natascha zusammen mit ihren Mitarbeitern und einer Agentur erstellt. Ein wichtiges Kernelement von Madame Moneypenny ist aber sicherlich die sehr aktive Facebook-Gruppe mit inzwischen über 70.000 Mitgliedern (Stand 03/2020 – es kommen ständig neue Mitglieder dazu!).
Dort tauschen sich die „Moneypennies“ untereinander aus zu Themen wie
- der fairen Teilung der Finanzen in Beziehungen,
- dem Einfluss von Trennung und Scheidung auf die eigene Finanzsituation
- Gehaltsverhandlungen und Jobwechseln
- Konkreten Investitionsentscheidungen, z.B. in nachhaltige ETFs oder Immobilien
Natascha kommentiert auch hier und da selbst. Das Besondere an der Gruppe ist allerdings das riesige Netzwerk an Frauen, von denen fast immer mindestens eine Handvoll in genau der gleichen Situation war wie die Fragestellerin. Mir persönlich ist die Diskussion in der Facebook-Gruppe oft etwas zu breit – es geht oft mehr um allgemeine Lebensratschläge (Jobwechsel ja/nein?) als um Finanzen.
Finanz-heldinnen
Die Finanz-heldinnen sind eine Initiative, die auf Mitarbeiterinnen der comdirect Bank zurückgeht. Mit Blogartikeln, Podcasts, einer Lern-App sowie Events und Seminaren in verschiedenen deutschen Städten möchten die Organisatorinnen Frauen für Finanzen und das Investieren in Wertpapiere begeistern. Wer möchte, kann auch ein „Finanz-Heldinnen Girokonto“ und Depot bei der comdirect eröffnen. Das ist zwar keine spezielles Frauen-Finanzprodukt, bietet aber eine speziell gestaltete Kreditkarte im Finanz-Heldinnen-Design sowie zusätzlich einen digitalen Finanzplaner. Dadurch dass die Initiative von der comdirect finanziert wird, können die Finanz-Heldinnen viel guten Content zur Verfügung stellen, z.B. Interviews mit Experten im Podcast. Mir persönlich gefällt, dass sehr transparent damit umgegangen wird, dass hier ein Unternehmen dahinter steht. Die Qualität der Finanzbildung bzw. des Contents wurde aus meiner Sicht davon aber bisher nicht negativ beeinflusst.
Fortunalista
Margarethe Honisch schreibt auf ihrem Blog Fortunalista über Finanzen und Altersvorsorge. Ende 2019 hat sie zusätzlich zu ihrem Online-Kurs auch ein Buch herausgebracht. Dabei geht sie das ganze Thema sehr locker und lustig an. Wer allgemeine Tipps zum Thema Geld und Altersvorsorge sucht und dabei weder Minimalist/Frugalist werden will, noch FIRE anstrebt, der ist bei ihr richtig. Mir persönlich gefällt, dass Margarethe mit ihrer sympathischen Art als Fortunalista wirklich eine breite Masse an Frauen für das Thema Finanzen und Altersvorsorge gewinnen möchte.
Aktien für Frauen
Jenny ist mit ihrem Instagram-Account Aktien für Frauen noch recht neu in der Finanzblogger-Szene, dafür aber super erfolgreich. Gerade kann sie sich über 10.000 Follower freuen. Im Gegensatz zu anderen Finanzbloggern konzentriert sie sich ausschließlich auf die Investmentkategorie Einzelaktien. Sie geht zwar mit ihren Instagram-Posts nicht stark in die Tiefe, beweist dafür aber, dass Aktionärin werden nicht schwer ist. Mir persönlich sind die hübschen Grafiken in Rosatönen manchmal etwas zu mädchenhaft, aber ihr Content ist immer unterhaltsam und etwas Neues, das es so in der Finanzblogger-Szene nicht gibt. Also auch für Männer vielleicht ganz interessant? 😉
Courage Magazin
Ganz neu auf dem Markt ist das Courage Magazin, nach eigener Aussage Deutschlands erstes Finanz‑, Karriere- und Lebenslust-Magazin für Frauen. Die Inhalter richten sich an Finanz-Neulinge und enthält die für Frauen-Zeitschriften typische Mischung aus Tipps & Tricks, längeren Reportagen und Interviews mit interessanten Frauen. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die beiden Macherinnen die Courage gehabt hätten, die „Lebenslust“ aus dem Titel zu nehmen und auf die eine Seite mit den (anscheinend obligatorischen?) Makeup-Tipps zu verzichten.
…und noch viele andere!
Wer noch weitere Finanz-Accounts und Blogs speziell für eine weibliche Zielgruppe entdecken möchte, kann gerne auf meinem Instagram-Account @dagobertsnichte vorbeischauen. Ich folge sehr vielen anderen Finanzbloggerinnen und natürlich auch guten Finanzbloggern und Instagram-Accounts.
Blick über den Tellerrand
Darüber hinaus gibt es natürlich ein großes Angebot an nicht-frauenspezifischen Finanzblogs, Webseiten und Foren, in denen man sich zum Thema Finanzen, Aktien und Altersvorsorge informieren und austauschen kann. Ab einem gewissen Punkt der Finanzbildung bzw. für sehr viele Fragestellungen ähneln sich auch die Themen, über die man sich informieren möchte. Wie man z.B. Aktiengewinne versteuert oder welche Vor- und Nachtteile synthetisch replizierende ETFs haben, ist keine Frage, die eine speziell auf Frauen zugeschnittene Antwort oder Aufbereitung benötigt.
Welche Finanzblogger und Accounts sind deine Favoriten? Nutzt du spezielle Angebote für Frauen? Hältest du Finanzbildung für Frauen für notwendig oder eher für einen geschickten Marketing-Schachzug?