Warum kaufst du dir keine Immobilie? // Entscheidung gegen Eigenheim

Miniaturhaus und Schlüssel
Lesezeit: 9 Minuten

Wie ich in meinem letzten Post schon erzählt habe, werde ich sehr oft gefragt, warum ich mir denn keine Immobilie kaufe. Meine Antwort, dass ich keine Lust auf das Vermieter-Dasein habe, wird zwar von den meisten meiner Gesprächspartner akzeptiert. Aber eigentlich geht es beim Immobilien-Traum der meisten Deutschen ja auch viel eher um das Eigenheim bzw. die eigenen vier Wände. Ein eigenes, freistehendes Haus mit Garten kann sich in Frankfurt kaum jemand leisten. Aber eine Eigentumswohnung wäre doch möglich, oder? Warum ich mich gegen den Kauf von Eigentumsimmobilien entschieden habe, erkläre ich in diesem 2. Teil meiner kleinen Immobilienserie. Teil 1 zu Rendite-Immobilien kannst du hier lesen.

Die Vorteile

Vermögenswerte

Das häufigste Argument, dass man zum Thema Eigenheim / Eigentumswohnung hört, ist meiner Erfahrung nach folgendes: „Wenn ich mir Eigentum kaufe, dann zahl ich die Miete nicht weiter völlig umsonst. Irgendwann gehört das Haus/die Wohnung dann wenigstens mir!“ Ist der Kredit abbezahlt, hat man für sich, und ggf. auch für nachfolgende Generationen, einen Vermögenswert geschaffen. Denn eine (halbwegs gepflegte) Immobilie wird wohl nie gar nichts mehr Wert sein, wenn man sie wieder verkaufen möchte.

Flexibilität

Wer seine Immobilie nicht nur mietet, sondern besitzt, hat mehr Flexibilität bei der Gestaltung der eigenen 4 Wände. Als Mieter darf man zwar die Wände in seiner Lieblingsfarbe streichen, aber viel mehr auch nicht . Ist man Eigentümer, kann man seine Immobilie nach Lust und Laune umbauen: Wände herausreißen oder neue Wände einziehen, Küche und Bäder in andere Räume verlegen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Aber natürlich sind es manchmal auch die kleinen Dinge, die das eigene Lebensgefühl immens steigern können – wie den Ort von Steckdosen und Anschlüssen selbst bestimmen zu können. In meiner Mietwohnung sind z.B. die Lichtschalter und Kabel-TV-Anschlüsse total schlecht platziert. Als Mieter kann ich daran aber in dieser Wohnung nichts ändern.

Sicherheit

Für viele Menschen bieten die eigenen vier Wände auch ein großes Gefühl von Sicherheit. Als Mieter kann ich z.B. durch vom Vermieter angemeldeten Eigenbedarf innerhalb von 3 Monaten gezwungen sein, eine neue Wohnung finden zu müssen. Das kann einem Immobilienbesitzer nicht passieren. Als Eigentümer muss man sich auch nicht mit dem Vermieter streiten, ob bestimmte Reparaturen wirklich notwendig sind (und wer die Kosten übernimmt), wann eine neue Einbauküche gebraucht wird oder ob nach 3 oder 5 Jahren erneut alle Wände zu streichen sind.

Die Nachteile

Kosten

Wer eine Immobilie kauft, muss nicht nur den eigentlichen Kaufpreis berücksichtigen, sondern auch die Nebenkosten von 10-15% des Kaufpreises. Die allerwenigsten werden es zudem schaffen, den vollen Kaufpreis einer Immobilie direkt auf einen Schlag aus dem vorher Ersparten zu bezahlen. Das Darlehen, das die Bank Immobilienkäufern gewährt, erzeugt weitere Kosten in Form der Zinsen, die auf die Kreditsumme zu zahlen sind. Dazu kommt, dass ich meine Immobilie natürlich selbst in Stand halten muss. Gibt es einen Schaden, gegen den ich nicht versichert bin, muss ich für die notwendigen Reparaturen vorher genug Geld zurückgelegt haben. Eine Immobilie ist also insgesamt ein eher kostspieliges Unterfangen.

Mangel an Flexibilität

Örtliche Flexibilität

Während man innerhalb seiner Immobilie als Eigentümer deutlich mehr Flexibilität besitzt, seinen Wohnraum so zu gestalten, wie man möchte, erzeugt Immobilieneigentum auch einen Mangel an Flexibilität. Wer sich für den Kauf seines eigenen Haus oder seiner eigenen Wohnung entschieden hat (und diese noch abbezahlt), wird wenig begeistert sein, umziehen zu müssen. Menschen ziehen aus den unterschiedlichsten Gründen um: Von trivialen Gründen wie „Die Nachbarn/Nachbarschaft/Stadt gefällt mir nicht mehr“ über rationale Argumente wie „Mit einem Kind mehr brauchen wir auch ein Zimmer mehr“ bis zu Notwendigkeiten wie „Für meinen neuen Job muss ich in eine andere Stadt ziehen, da ich nicht pendeln kann“. Dann muss der Immobilienbesitzer entweder doch wieder zum Mieter werden (wenn das finanziell möglich ist, neben der laufenden Kreditrate), sein Eigentum wieder verkaufen und neu kaufen (inklusive neu anfallender Kaufnebenkosten und ggf. Zusatzkosten durch „Vorfälligkeitsentschädigungen“, die Banken fordern, wenn man seinen Kredit vor der vereinbarten Laufzeit zurückzahlt, die vielleicht, vielleicht aber auch nicht durch einen Wertzuwachs oder Wertverlust der Immobilie ausgeglichen werden). Das ist deutlich komplizierter als seinen Mietvertrag zu kündigen und umzuziehen.

Finanzielle Flexibilität

Auch finanziell gesehen haben Mieter eine höhere Flexibilität. Niemand zieht gerne aus Geldnot um in eine kleinere Wohnung. Aber Mieter haben zumindest die Möglichkeit, ihre Fixkosten durch einen Umzug kurzfristig (innerhalb weniger Monate) deutlich zu senken, sollte dies durch sich ändernde Lebensumstände nötig werden. Der Immobilienbesitzer ist an seine Kreditrate gebunden und kann diese bei den meisten Darlehensverträgen erst nach Jahren oder Jahrzehnten anpassen (je nachdem, welche Laufzeit bzw. Konditionen man vereinbart hat).

Ja was denn nun?

Türen in einer Wohnung
Der Traum vieler Deutschen: Die eigenen 4 Wände

Die meisten Menschen werden hoffentlich nie in die Situation kommen, dass sie auf Grund von Geldnot in eine günstigere Wohnung umziehen müssen. Aber die (finanzielle) Flexibilität als Mieter ist für mich trotzdem ein sehr hohes Gut. Denn nicht nur in Notsituationen möchte ich mich räumlich verändern können.

Während mir aktuell eine Wohnung in zentraler Lage mit gemütlichem Balkon wichtig ist, kann ich mir gut vorstellen, später in meiner RE-Zeit lieber einen Garten als einen Balkon haben zu wollen. In meiner aktuellen Situation würde mich ein Garten, den ich hegen und pflegen muss, eher überfordern. Neben der Arbeit bleibt da zu einfach wenig Zeit. Dafür ist die zentrale Lage Gold wert. Christoph und ich sind beide innerhalb von ca. 20 Minuten bei der Arbeit. Und quittieren das Gemotze der Arbeitskollegen, die jeden morgen 1,5h pendeln, meist nur mit einem müden Lächeln. Jeder entscheidet selbst, wie er wohnen möchte. Und wer einen Garten, viel Grün um sich herum oder viel Platz für seine Familie haben will, für den ist die Innenstadtlage natürlich nichts. Für uns ist es im Moment ideal. Aber wir wissen auch, dass sich das ändern wird. Wenn wir nicht mehr jeden Tag zur Arbeit gehen, wird es für uns weniger wichtig, zentral zu wohnen.

Der Kreis des Lebens

Denkt man weit in die Zukunft bzw. an einen typischen Familienlebenslauf, dann ändert sich der eigene Bedarf für Wohnraum bei den meisten Menschen 4-5 Mal im Leben ziemlich drastisch. Lass mich das kurz ein bisschen überspitzen und verallgemeinern:

  • Der Azubi, Student oder Berufseinsteiger braucht eine kleine, günstige Wohnung oder ein WG-Zimmer – am besten „mitten im Leben“ bzw. nah an der Arbeit/Uni, damit man mit dem Fahrrad alles erreichen kann
  • Das junge kinderlose Paar möchte sich vielleicht ein bisschen mehr Platz als der Single gönnen und will dazu auch noch nah an der Arbeit oder zumindest in der Nähe von coolen Bars oder Restaurants wohnen
  • Die wachsende Familie möchte gerne jedem Kind ein eigenes Zimmer ermöglichen – tendenziell wächst die gewünschte Quadratmeterzahl genauso wie der Wunsch nach einem Garten oder einem „Leben im Grünen“
  • Sind die Kinder aus dem Haus, ist es zwar schön, wieder ein Gästezimmer zu haben oder sich ein Büro/Lesezimmer einrichten zu können, aber irgendwann ist das Haus dann doch etwas groß und die Rentenzeit auf dem Dorf im Grünen wird doch etwas langweilig oder der große Garten zu anstrengend – viele junge Senioren wollen wieder in die Stadt ziehen im Alter
  • Je älter man wird, desto wichtiger wird barrierefreies Wohnen – die schöne, große Altbauwohnung im 3. Stock mitten im Zentrum nimmt dann durch den fehlenden Aufzug doch wieder ab an Attraktivität

Immobilienkäufer werden immer älter

Ihre erste Immobilie kaufen die Deutschen inzwischen im Schnitt mit 4045 Jahren. Bei einer Tilgungsrate von 2%, wie sie oft als Standardeinstellung in online Immobilienrechnern eingestellt ist, braucht man ca. 35 Jahre, um den Immobilienkredit abzubezahlen. Bei 3% anfänglicher Tilgung sind es immer noch ca. 25 Jahre. Selbst wenn man nicht wie ich sehr früh in Rente gehen will, sollte man doch so kalkulieren, dass man spätestens zum „normalen“ Renteneintrittsalter seine Immobilie abbezahlte hat. Denn die Rente liegt für den Durchschnittsdeutschen meist unterhalb seines letzten Nettogehalts. Somit könnte es bei einer falschen Kalkulation der Kreditraten mit Renteneintritt plötzlich finanziell enger werden als gedacht.

Außerdem möchte der Immobilienkäufer ja eigentlich auch davon profitieren können, bis an sein Lebensende keine Miete mehr zahlen zu müssen. Ist die Immobilie erst mit Mitte 70 abbezahlt, könnte das zu einer Milchmädchenrechnung werden. Denn die Immobilie kostet in der Gesamtschau betrachtet ja nicht nur ihren Kaufpreis und die Zinsen, die man der Bank zahlt, sondern auch alle Kaufnebenkosten und etwaige Umbaukosten, die notwendig werden, weil sich die eigenen Anforderungen an Wohnraum geändert haben (der Mieter zieht in so einem Fall einfach um). Also muss ich als Immobilienkäufer auch dieses Geld für die Berechnung meiner „Rückzahldauer“ berücksichtigen.

Grauhaariger Mann
So sehen heute viele Erstimmobilienkäufer aus – nicht wie im Werbeprospekt die junge Familie Anfang 30

Finanziell gesehen lohnt sich ein Immobilienkauf also am meisten, wenn man noch jung ist und daher noch viele Jahre nach Abzahlung des Darlehens davon profitieren kann, mietfrei zu wohnen. Leichter gesagt als getan! Denn eine Hypothese, warum das Durchschnittsalter der Erst-Immobilienkäufer immer weiter ansteigt, ist, dass es heute einfach länger dauert, bis man das notwendige Eigenkapital für eine Baufinanzierung/Immobiliendarlehen angespart hat. Dazu kommen ein späterer Berufseinstieg durch längere Ausbildungsphasen und eine (auch dadurch) später einsetzende Familienplanung.

Mein Fazit

Für mich persönlich macht es momentan keinen Sinn, eine Eigentumswohnung zu kaufen. Würde ich z.B. die Wohnung, die ich zur Zeit miete, kaufen wollen (bzw. eine sehr ähnliche hinsichtlich Lage, Größe und Ausstattung), müsste ich etwa das 40-fache der Jahreskaltmiete als Kaufpreis bezahlen. Wenn man ein absolutes Schnäppchen findet, sind in dieser Gegend mit viel Glück vielleicht auch Kaufpreise möglich, die dem 30-fach meiner aktuellen Jahreskaltmiete entsprechen. Rechnet man die Kaufnebenkosten (10-15% des Kaufpreises), Zinskosten (10-20% des Kaufpreises) und notwendigen Rücklagen (wahrscheinlich ca. 20% des Kaufpreises, da relativ neu gebaut) hinzu, würde ich erst in ca. 45 bis 60 Jahren wirklich davon profitieren, mietfrei in meiner Wohnung wohnen zu können.

Da Vermieter sein für mich persönlich nichts ist, erscheint mir dieses Investment nicht gerade klug. Denn ich wäre dann an diese spezielle Wohnung gebunden bzw. müsste sie irgendwann wieder verkaufen. Da ich mir gut vorstellen kann, dass wir umziehen, nachdem wir FIRE erreicht haben und sich unsere Prioritäten (z.B. kurzer Weg zur Arbeit) dadurch verschoben haben, möchte ich mich jetzt nicht an eine Immobilie binden. Denn bei all den Vorteilen, die ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung haben kann, eine gute Form der Geldanlage ist es selten. Dass die Immobilienpreise in den letzten Jahren immer weiter gestiegen sind, heißt nicht, dass sie auch weiter steigen werden. Insbesondere, da die Mieten nicht im gleichen Maße mitgestiegen sind – was bedeutet, dass hinter den Preisanstiegen eher Spekulation auf weitere Preisanstiege stand als wirklich solide Renditegesichtspunkte.

Zudem muss man neben den ganzen direkten und indirekten Nebenkosten eines Immobilienkaufs auch die Opportunitätskosten betrachten. Das Geld, was nicht als Eigenkapital oder Kredittilgung in einer Immobilie steckt, kann ich an der Börse anlegen. Und dort wird es mit einer Rendite von ca. 5-7% p.a. wachsen, je nachdem, welche Annahmen zu Steuern und Inflation trifft (natürlich nicht jedes Jahr, aber im langjährigen Durchschnitt). Eine Immobilie, die ich selbst bewohne, kann zwar auch im Wert steigen. Das bringt mir aber erst bei Verkauf etwas – und dann hätte ich die Vorteile eines Eigentümers wieder verloren.

Eigentumswohnung und FIRE

Für meinen Plan, mit 45 FIRE zu erreichen, müsste ich bis dahin meinen Immobilienkredit abbezahlt haben. Dann würde ich davon profitieren, keine Miete zu zahlen bzw. dadurch deutlich geringere Lebenshaltungskosten zu haben.

Ich habe meine genaue FIRE-Zahl, also wie viel Geld ich angespart haben möchte, bevor ich in Rente gehe und dann von den Erträgen lebe, zwar noch nicht berechnet bzw. definitiv festgelegt. In den meisten amerikanischen Blogs wird als Faustregel propagiert, 25 Mal seine Lebenshaltungskosten anzusparen. Für mich werden es voraussichtlich eher 30-40 Mal meine jährlichen Lebenshaltungskosten sein.

Die Kaltmiete macht dabei ca. 30% dieser Lebenshaltungskosten aus. Als würde eine Eigentumswohnung nur dann finanziell Sinn ergeben, wenn meine Ausgaben für den Erwerb (inkl. aller Kaufnebenkosten und Zinskosten) etwa 9-12 Mal meinen jährlichen Lebenshaltungskosten entsprechen (30% von 30-40).

Zieht man davon die Kaufnebenkosten und Zinskosten ab (ich rechne hier mal überschlagsmäßig mit ca. 25% des Gesamtimmobilienkaufpreises, welcher eben diesen 9-12 jährlichen Lebenshaltungskosten entsprechen darf) und rechnet den übrig bleibenden möglichen Kaufpreis in ein Vielfaches unserer Jahreskaltmiete um, landet man ungefähr beim Faktor 25. Eine mit unserer aktuellen Wohnung vergleichbares Kaufangebot habe ich hier auf dem Markt noch nicht gesehen.

Sowohl aus Gründen der Flexibilität als auch aus finanziellen Gründen kommt ein Kauf einer Immobilien zur Selbstnutzung also für mich zur Zeit nicht in Frage. Vielleicht ändert sich das in meiner RE-Zeit, wenn es bessere Angebote gibt und die notwendige zusätzliche Darlehenssumme klein wäre. Mal schauen.

Hast du dich für oder gegen Immobilien entschieden? Oder bist du noch unsicher? Was war für dich der entscheidende Grund deine Immobilie zu kaufen?

5 Replies to “Warum kaufst du dir keine Immobilie? // Entscheidung gegen Eigenheim”

  1. Dass man alle Freiheiten in einer gekauften Wohnung hat, finde ich mitunter am besten. Ich habe schon immer davon geträumt, meine eigene Wohnung zu haben und keine Miete mehr zu zahlen. Ein Haus wäre für mich persönlich zu viel Aufwand. Da ich nun endlich die finanziellen Mittel habe, werde ich mich als Nächstes an einen geeigneten Makler in meiner Umgebung wenden.

    1. Ich persönlich finde, dass man mit einer Wohnung nicht wirklich viele Freiheiten hat. Klar, die Inneneinrichtung kann man komplett bestimmen, aber das geht in einer Mietwohnung auch in ähnlichem Ausmaß. Bei größeren Umbauten und allen Themen rund ums Haus muss die Wohneigentümer zustimmen. Und das kann dann auch wieder nervig sein.
      Aber das kommt natürlich auch auf die Größe des Hauses/Anzahl Parteien und natürlich auf die individuellen Nachbarn an.
      Viele Grüße
      Jenni

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