Planst du FIRE für dich alleine? // Partner

Paar hält Händchen
Lesezeit: 8 Minuten

„Was ist denn mit deinem Partner, wenn du mit 45 Jahren in Rente gehst?“. Das werde ich oft gefragt, wenn ich von meinen FIRE-Plänen erzähle. Auch wenn ich in unserer Beziehung die treibende Kraft hinter unserer Finanzplanung bin, ist mein Freund Christoph inzwischen vollständig von FIRE überzeugt. Daher arbeiten wir inzwischen gemeinsam auf dieses Ziel hin.

FIRE alleine? Für mich keine Option

Es gibt zwar einige Finanzblogger, die in einer Beziehung leben und sich daher die Kosten des täglichen Lebens mit ihrem Partner teilen. Allerdings heißt das nicht unbedingt, dass sie auch gemeinsam mit ihrem Partner FIRE als Ziel verfolgen. Ich könnte mir absolut nicht vorstellen, auf Financially Independet, Retired Early hinzuarbeiten, wenn mein Partner nicht den gleichen Plan verfolgen würde wie ich. Oft wird von den Menschen, die sich ohne ihren Partner auf FIRE konzentrieren, angeführt, dass ihre jeweiligen Partner „ihren Job ja mögen und daher gar nicht in Rente gehen wollen.“ Ich mag meinen Job auch, aber möchte trotzdem nicht bis 70 darin arbeiten.

Einsam in Rente?

Dass ich mich als junger Renter plötzlich einsam fühlen werde, denke ich nicht. Allerdings könnte ich mir absolut nicht vorstellen, mit jemandem zusammenzuwohnen, der jeden Tag früh aufstehen und zur Arbeit gehen muss, während ich zuhause meine Freizeit genieße. Einerseits würde das meiner Meinung nach über kurz oder lang zu Neid und Konflikten führen was z.B. eine gerechte Verteilung von Hausarbeit, Einkaufen, etc. angeht. Andererseits würden meine Pläne für die RE-Zeit zum Teil auch gar nicht funktionieren, wenn ich immer Rücksicht auf eine andere arbeitende Person nehmen müsste, die daher ihren Tag deutlich weniger flexibel gestalten kann.

Kurzfristige Übergangslösung

Wenn ich finanzielle Unabhängigkeit erreicht habe, also meine Lebenshaltungskosten vollständig mit passivem Einkommen decken kann, plane ich zu arbeiten aufzuhören. Allerdings kann ich mir durchaus vorstellen, den Übergang nicht ganz hart von 100 auf 0 zu gestalten, sondern z.B. zunächst in Teilzeit zu arbeiten. Ich kann mir vorstellen, dass mir dies den Übergang erleichtern würde. Andere Menschen finden es vielleicht besser, lieber einen „Clean Cut“ zu machen.

Dann kommt noch dazu, dass sich gute oder schlechte Gelegenheiten ergeben können, mit der Arbeit aufzuhören. Zum Beispiel wäre es eine gute Gelegenheit, wenn der Arbeitgeber über ein Sozialprogramm gerade Arbeitnehmer sucht, die gegen eine Abfindung freiwillig das Unternehmen verlassen. Vielleicht möchte man aber auch noch ein spezielles Projekt bei der Arbeit zu Ende bringen oder einen neuen Mitarbeiter anlernen. Dann ist der ideale Zeitpunkt für FIRE vielleicht etwas später als vorher berechnet. Durch diese Dinge kann es durchaus passieren, dass ein Partner vor dem anderen aufhört zu arbeiten. Kurzfristig würde ich das nicht schlimm finden. Aber mehr als ein Jahr Unterschied beim Zeitpunkt des Renteneintritts fände ich nicht ideal, wenn man es sich schon aussuchen kann, wann man in Rente geht.

Gemeinsame Finanzplanung für FIRE

Beim Thema gemeinsame Finanzplanung schlagen in meiner Brust zwei Herzen. In Zeitungsartikeln, Blogs und vor allen Dingen in der Madame Moneypenny Facebook-Gruppe lese ich ständig von Frauen, die verlassen wurden oder sich gerade scheiden lassen. In dieser Situation merken sie plötzlich, dass „mein Mann kümmert sich um die Finanzen“ vielleicht doch keine so gute Idee war. Ein berühmter Spruch, der leider zu oft ignoriert wird, ist immer noch: Ein Mann ist keine Altersvorsorge.

In diesen Situationen geht es oft darum, dass die Frauen nicht mehr oder in Teilzeit arbeiten, um sich um die Kindererziehung zu kümmern. Zwar werden bei einer Scheidung sowohl alle in der Ehe erworbenen Vermögenswerte als auch die Rentenpunkte geteilt, aber wer gar kein Vermögen hat, sondern nur z.B. ein noch nicht abbezahltes Haus, das jetzt zu groß ist, der hat davon wenig. Gemeinsame Finanzplanung ist also sehr wichtig. Damit niemand später in so eine Situation gerät, möchte ich junge Menschen dazu ermutigen, ihre Finanzen gemeinsam und gleichberechtigt mit ihrem Partner zu planen.

Was aber bedeutet gemeinsam?

Gemeinsame Finanzplanung heißt aber anderseits nicht unbedingt, dass man nur noch ein Konto hat und beide Gehälter von beiden ausgegeben werden. Dafür kann man sich entscheiden, muss es aber nicht. Gerade am Anfang einer Beziehung ist es deutlich einfacher, getrennte Konten zu haben und einfach noch ein weiteres, gemeinsames Konto anzulegen für gemeinsame Ausgaben wie Miete, Lebensmittel und gemeinsame Urlaube. Trennt man sich, sind die Daueraufträge auf das Gemeinschaftskonto schnell storniert und das Konto mit einem Klick aufgelöst. Bleibt man zusammen, kann man trotzdem weiterhin seine getrennten Konten behalten. Auch kann es Sinn ergeben, getrennt zu investieren, z.B. weil man unterschiedliche Risikopräferenzen besitzt oder unterschiedliche Investmentstrategien verfolgen möchte.

Gemeinsame Ziele

Um was man aber auf keinen Fall herumkommt in einer Beziehung ist, irgendwann seine gemeinsamen Ziele und Wünsche zu diskutieren. Und diese dann mit einer konkreten Finanzplanung zu hinterlegen. Das ist nicht erst wichtig, wenn man heiratet, aber allerspätestens vor der Heirat ist es Zeit für den Start der gemeinsamen Finanzplanung!

Dabei geht es einerseits um die Ziele und Wünsche an die gemeinsame Zukunft:

  • Wollen wir gemeinsam ein Haus oder eine Wohnung kaufen?
  • Sparen wir auf andere „Lebensträume“ wie eine Weltreise oder bestimmte Gegenstände wie einen Oldtimer?
  • Wofür geben wir gerne Geld aus? Und ab wann sehen wir z.B. einen Urlaub als teuer an? Was ist uns viel wert?
  • Wann wollen wir in Rente gehen? Wie viel wollen wir arbeiten bis dahin? Wie stellen wir uns unser Rentenalter vor?
  • Wenn Kinder geplant sind: Wie wollen wir das Thema Kindererziehung und Altersvorsorge zusammenbringen?
  • Welche Risikopräferenzen haben wir und welche Altersvorsorgelösungen passen dazu?

Es gibt viel zu besprechen! Aber neben dem Gespräch über die Ziele und Wünsche an die Zukunft müssen auch die Fakten über die eigene finanzielle Situation auf den Tisch:

Personen vor Whiteboard
Time to call a meeting! Gemeinsame Finanzplanung ist eine ernste Angelegenheit.

Unsere gemeinsame Finanzplanung

Christoph und ich verfolgen beide das Ziel, FIRE zu erreichen. Wir haben gemeinsam entschieden, dass es keine gute Idee ist, an unserem aktuellen Wohnort eine Immobilien zu kaufen. Und wir haben beide keine Lust auf das Leben als Vermieter. Wir wissen, wer wie viel verdient und welches Vermögen wir beide bereits angespart haben. Wir haben für uns entschieden, welche Verteilung der gemeinsamen Kosten wir fair finden. All das sind sehr individuelle Entscheidungen, die für andere Paare ganz anders aussehen können. Wichtig ist, dass beide Partner in der Beziehung gemeinsame Ziele verfolgen.

Wir besitzen trotzdem separate Depots und Konten (und zwei gemeinsame Konten, ein Girokonto und ein gemeinsames Sparkonto z.B. für Urlaube). Da wir auf das gemeinsame Konto proportional zu unseren Gehältern einzahlen, habe ich mehr Geld zur Verfügung und daher auch eine höhere Sparrate.

Wie passt das zum gemeinsamen FIRE-Plan?

Für uns ist klar, dass wir gemeinsam in Rente gehen wollen. Darauf arbeiten wir gemeinsam hin, jeder eben nach seinen Möglichkeiten. Denn da ich mehr verdiene, kann ich auch einfacher eine hohe Sparrate erreichen, obwohl ich mehr auf das gemeinsame Konto einzahle.

Was passiert wenn ihr euch trennt?

Gebrochenes Herz

Obwohl wir jetzt mehr als ein Jahrzehnt zusammen sind, kann es natürlich immer sein, dass wir uns doch noch irgendwann trennen. Meiner Meinung nach darf man beim Thema Finanzen nicht nur mit dem Best Case rechnen! Daher haben wir im Rahmen unserer Finanzplanung auch über dieses Thema gesprochen. Wir unterscheiden dabei zwei Szenarien:

Trennung vor dem Renteneintritt

Da wir getrennte Konten und Depots haben, würde bei einer Trennung einfach jeder sein bis dahin angespartes Vermögen mitnehmen. Da wir nach dem Prinzip leben, dass Sparen kein Verzicht sein soll, könnte sich in so einer Situation jeder darüber freuen, bereits eine Menge für die eigene Altersvorsorge getan zu haben. Steigen durch die Trennung die eigenen Lebenshaltungskosten (z.B. durch eine höhere Miete als die aktuell geteilte Miete), dann kann es natürlich sein, dass das Ziel, FIRE zu erreichen, etwas weiter in die Ferne rückt. Aber vielleicht sinken manche Kosten ja auch – oder die eigenen Lebensziele verändern sich komplett, z.B. mit einem neuen Partner. Es schadet jedenfalls nie, bereits einiges auf der hohen Kante zu haben!

Trennung nach dem Renteneintritt

Komplizierter wird es, wenn wir uns trennen würden, nachdem wir bereits beide mit dem Arbeiten aufgehört haben. Denn die Entscheidung, früh in Rente zu gehen, ist nicht einfach umkehrbar. Wer erst einmal Jahre aus seinem Beruf raus ist, findet nicht mehr so leicht wieder einen ähnlich gut bezahlten Arbeitsplatz wie vorher – oder überhaupt wieder einen Job. Daher haben wir uns entschieden, in diesem Fall das angesparte Vermögen (von den Amerikanern auch „Nest egg“ genannt) 50:50 zu teilen, auch wenn wir nicht beide genau 50% davon angespart haben.

Dabei stellt sich natürlich sofort die Frage, ob die Hälfte vom gemeinsamen Vermögen für jeden von uns reichen würde, weiterhin in Rente zu bleiben? Wir haben uns dazu gemeinsam Gedanken gemacht und sind überzeugt, dass wir beide jeweils auch mit der Hälfte unserer geplanten Lebenshaltungskosten immer noch ein glückliches Leben in Rente leben könnten. Dies liegt vor allen Dingen daran, dass wir eine FIRE-Zahl („Nest egg“) anstreben, die uns ein sehr komfortables Niveau in Bezug auf die monatlichen Lebenshaltungskosten ermöglichen soll. Wer eher frugalistische FIRE-Pläne verfolgt, kommt bei einer Trennung vielleicht eher in die Bredouille.

Ein (fast) fiktives Beispiel

Ein Frugalistenpaar, das FIRE erreicht hat, lebt gemeinsam in einer kleinen 46qm 2-Zimmer-Wohnung für 480€ Warmmiete plus nochmal 100€ für Strom, Heizung, Internet und GEZ-Gebühren. Wenn sie sich trennen würden und jeder in seine eigene Wohnung ziehen müsste, könnten beide zwar jeweils in eine Einzimmerwohnung oder WG-Zimmer ziehen, um die Miete klein zu halten. Aber für die Hälfte der derzeitigen Miete, 240€ warm, findet man wohl fast nirgendwo in Deutschland eine 1-Zimmer-Wohnung. Selbst bei WG-Zimmern wird es echt schwer!

Insbesondere die sonstigen Nebenkosten wie z.B. die Stromkosten, die ja auch den Betrieb des Kühlschranks oder einer Waschmaschine enthalten, sinken nicht wirklich mit der Anzahl Personen in der Wohnung. Denn das Licht im Wohnzimmer brennt gleich lang, egal, ob eine oder zwei Personen auf dem Sofa sitzen. Internet oder GEZ-Gebühren bleiben auch gleich hoch, hier kann man als Einzelperson nicht einfacher sparsamer leben oder weniger konsumieren.

Bei unserem FIRE-Plan haben wir daher so geplant, dass wir auch jeweils mit der Hälfte des Geldes weiterhin in Rente bleiben könnten und ein schönes Leben leben könnten. Diese Sicherheit halte ich persönlich auch für wichtig für die Beziehungsqualität. Denn ein gemeinsames Ziel und den dazugehörigen Finanzplan zu haben darf nicht dazu führen, dass ein Partner vom anderen abhängig wird. Ganz vermeiden wird man es wahrscheinlich nie können, denn wenn man z.B. wartet, bis sich beide Partner jeweils eigenständig ein Haus leisten könnten, wartet man wahrscheinlich ewig, bis man sich eine Immobilie leisten kann. Das ist auch nicht praktikabel. Trotzdem sollte man sich vor so einer großen, schwer umkehrbaren Finanzentscheidung wie einem Hauskauf oder FIRE definitiv Gedanken machen, was vielleicht auch schief gehen könnte. Denn wer mit seinem Partner gemeinsam einen Plan in guten Zeiten entwickelt hat, kann viel Stress vermeiden, wenn doch mal schlechte Zeiten kommen.

Planst du FIRE alleine oder mit deinem Partner? Trefft ihr Finanzentscheidungen immer zusammen? Und habt ihr bereits gemeinsame Ziele festgelegt, auf die ihr hinspart?

3 Replies to “Planst du FIRE für dich alleine? // Partner”

  1. Das finde ich sehr interessant. Darüber möchte ich irgendwann auch einmal in meinem Blog schreiben. Bei uns bin es nur ich, die spart. Mein Mann muss seinen Kindern Unterhalt zahlen und kann daher wirklich gar nichts sparen. Was übrig bleibt nach Unterhalt wird von Miete, Nebenkosten, Auto für Arbeit, Versicherungen etc. aufgefressen.
    Allerdings ist es natürlich unmöglich, dass ich soviel anspare, dass wir beide von meinem Ersparten in Rente gehen können.
    Was kann man in so einer Situation dann tun?

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