Wie hoch ist dein Notgroschen? // Optimale Höhe bestimmen
Wer anfängt, sich mit seinen Finanzen zu beschäftigen, bekommt als ersten Tipp immer: „Spare zuerst einen Notgroschen an!“ Dieser Notgroschen schützt einen gegen die kleinen und großen (finanziellen) Notfälle im Leben. Obwohl ich das noch nie erlebt habe, scheinen besonders Waschmaschinen besonders häufig und überraschend auszufallen. Denn das ist meist das Beispiel, warum ein Notgroschen notwendig ist. Ich persönlich halte das für ein denkbar schlechtes Beispiel, aber dazu später mehr.
Den Notgroschen spart bzw. „lagert“ man am besten auf einem separaten Konto, z.B. einem Tagesgeldkonto oder separaten Girokonto. Da verliert das Geld zwar durch die Inflation im Laufe der Zeit immer weiter an Wert, aber im Notfall kommt man eben auch schnell dran und das ist ja der ganze Sinn dahinter.
Bei der Höhe des Notgroschens gibt es dann aber bereits Uneinigkeit unter den verschiedenen Finanzratgebern. Manche Bücher und Blogs empfehlen „3-6 Monatsgehälter“, andere Quellen raten zu „3-6 mal deine monatlichen Ausgaben“. Viele Menschen sehen ihren Notgroschen auch eher als absoluten Betrag, z.B. „Erst mit 10.000€ fühle ich mich sicher!“
Ja, was ist denn jetzt die richtige Höhe des Notgroschens? Ich möchte das ganze Thema „Höhe des Notgroschens“ mal etwas systematischer beleuchten, bevor wir zu meinem eigenen Notgroschen kommen.
Sehr viele Einflussfaktoren
Die optimale Höhe des Notgroschens hängt von vielen Faktoren ab, die ich gerne einzeln durchgehen möchte, um dir ein besseres Verständnis zu ermöglichen, wie hoch dein eigener Notgroschen konkret sein sollte. Zunächst ist wichtig zu definieren, für welche „Notfälle“ der Notgroschen überhaupt gedacht ist. Was viele Sparer im Kopf haben sind Situation wie:
- Reparaturen:Haushaltsgegenstände gehen plötzlich kaputt und müssen repariert oder ersetzt werden (da ist sie wieder, die berühmt-berüchtigte Waschmaschine)
- Arbeitslosigkeit: Eine Kündigung flattert ins Haus und innerhalb der kurzen Kündigungsfrist findet man keinen genauso gut bezahlten neuen Job
- Krankheit: Eine lange Krankheit oder ein teurer Eingriff, wie z.B. eine Zahn-OP oder eine kaputte Brille, verursachen hohe Kosten
Das sind zwar die „Klassiker“ aber längst nicht alle möglichen Situationen, in denen man schnell Geld brauchen könnte. Aus meiner Sicht beeinflussen folgende Faktoren die optimale Höhe des eigenen Notgroschens.
Eigene Jobsituation
Bist du verbeamtet, angestellt oder selbstständig? Während Beamte ihren Job nur in Ausnahmefällen überhaupt verlieren können, haben Selbstständige ganz andere Herausforderungen in Sachen Finanzen (z.B. schwankende Einnahmen, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, etc.). Da ich selbst Angestellte bin, möchte ich diese Situation näher beleuchten.
Zunächst muss man bedenken, dass es zwei Möglichkeiten gibt, arbeitslos zu werden: Man wird gekündigt oder man kündigt selbst. Die Art der Kündigung macht finanziell gesehen in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit einen großen Unterschied, denn wer aus freien Stücken kündigt oder einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, der erhält in den ersten drei Monaten kein Arbeitslosengeld 1 (ALG) und muss seine Lebenshaltungskosten dementsprechend aus eigener Tasche finanzieren.
Wie überraschend kommt eine Kündigung wirklich? Wer selbst kündigt wird dies aber meiner Erfahrung nach selten völlig spontan tun. Meist reift der Gedanke, dass man gehen möchte (auch ohne neuen Anschluss-Job oder mit einer Pause zwischen zwei Jobs) über mehrere Monate oder zumindest Wochen heran. Somit bleibt dann auch noch etwas Zeit, den eigenen Notgroschen für diese Zwischenzeit aufzustocken.
Auch wenn man betriebsbedingt gekündigt wird, muss das Unternehmen zumindest die Kündigungsfrist einhalten, die oft 3 Monate, manchmal sogar 6 Monate beträgt (je nach Vereinbarung im Arbeitsvertrag). Ggf. bleibt so also auch noch ein wenig Zeit, um den eigenen Notgroschen aufzustocken.
Wie groß und stabil ist das Unternehmen, bei dem du arbeitest? In Deutschland gilt ein umfassender Kündigungsschutz, sodass gerade Großunternehmen oft gar keine „echten“ Kündigungen aussprechen (sie haben keine Lust auf die Rechtsstreitigkeiten), sondern stattdessen versuchen, mit Abfindungen oder Altersteilzeitprogrammen die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren. Ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung kann trotz der 3-Monatssperre beim ALG1 ggf. sogar finanziell das bessere Angebot sein, insbesondere, wenn man optimistisch ist, schnell wieder einen neuen Job finden zu können.
Fakten zum Arbeitslosengeld
Wird man nun gekündigt (oder wenn die drei Monate Sperrfrist nach Eigenkündigung vorbei sind), erhält man Arbeitslosengeld 1 für maximal 12 Monate, sofern man in den vergangenen 30 Monaten mindestens 12 Monate lang sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat (es gibt natürlich noch reichlich Ausnahmen und Sonderregelungen)
Das Arbeitslosengeld für kinderlose Personen beträgt ca. 60% des Nettoeinkommens (gedeckelt auf die Beitragsbemessungsgrenze, also zurzeit ein Bruttoeinkommen von ca. 83 Tsd. € pro Jahr). Man kann sich seinen eigenen Anspruch auch bei der Arbeitsagentur online ausrechnen.
Eigener Besitz/Eigentum
Hat man durch Arbeitslosigkeit oder durch andere Notfälle kein regelmäßiges bzw. ausreichendes Einkommen mehr, um seine monatlichen Ausgaben zu decken, muss man auf seinen Notgroschen zurückgreifen. Aber selbst mit regelmäßigem Geldeingang können Situationen auftreten, in denen man plötzlich einen hohen Geldbetrag benötigt, der im normalen „Monatsbudget“ nicht eingeplant war. Das kann z.B. eine kurzfristig notwendige Reparatur am Haus (Wasserschaden, Heizung fällt im Winter aus, etc.) oder am eigenen Auto (Unfallschaden, Panne) sein. Oder ein Krankheitsfall beim Haustier, sodass ein Tierarztbesuch notwendig wird.
Je mehr „Dinge“ man besitzt, die Folgekosten erzeugen können, desto höher sollte der eigene Notgroschen ausfallen. Wer kein Haus besitzt, muss auch keine großen Rücklagen bilden, da die großen Reparaturen alle vom Vermieter durchgeführt bzw. bezahlt werden müssen. Eigentümer einer Wohnung in einem Haus zahlen regelmäßig in eine gemeinsame Rücklage mit den anderen Besitzern ein, die eigentlich genau dafür gedacht ist, um Reparaturen am Haus bezahlen zu können. Aber auch hier muss man natürlich im Auge habe, wie groß das Risiko ist, dass diese gemeinsamen Reserven aufgebraucht werden (dann muss nämlich doch wieder jeder Wohnungseigentümer kurzfristig „nachschießen“).
Genauso verhält es sich mit einem eigenen Auto: Da ich kein Auto besitze, muss ich auch nicht mit Reparaturkosten rechnen. Wer einen Hund, eine Katze oder ein Pferd besitzt, muss darauf vorbereitet sein, dass auch die Tiere krank werden können bzw. irgendwann sterben (einfach im Garten beerdigen ist in Deutschland verboten…). Im „Land der Versicherungen“ Deutschland gibt es aber natürlich inzwischen Versicherungen, die einen genau vor solchen Haustierkrankheitskosten schützen.
Die kleinen Notfälle des Alltags
Unabhängig von den oben beschrieben Situationen, die man tatsächlich noch als Notfall definieren kann, ist die Logik „mehr Dinge = mehr Folgekosten“ natürlich auch bei anderen Gegenständen richtig. Besitzt du Gegenstände, die regelmäßig gewartet/repariert oder (teilweise) ersetzt werden müssen? Wer als Hobby Fußball oder Volleyball spielt, hat mit diesen Sportarten sehr überschaubare Folgekosten. Wer allerdings mechanische Uhren sammelt, die alle 5-10 Jahre für mehrere hundert Euro gewartet werden müssen, um weiter einwandfrei zu funktionieren, oder Gamer ist und daher alle paar Jahre eine neue Grafikkarte oder einen schnelleren Computer haben möchte, der kann solche Gegenstände und ihre Folgekosten in seinem Notgroschen berücksichtigen, auch wenn es natürlich keine wirklichen Notfälle sind.
Eigene Finanzsituation
Wenn man solche selten, aber regelmäßig auftretenden Kosten einigermaßen sicher voraussagen kann (wann sie ungefähr auftreten werden und in welcher Höhe), ist eine Alternative zum Notgroschen auch, direkt ein separates Sparkonto anzulegen und den Betrag getrennt von anderen Sparzielen zur Seite zu legen. Das ist eine persönliche Entscheidung, ob man lieber einen größeren Notgroschen haben möchte oder lieber separat für einzelne große und kleine „Notfälle“ bzw. Ziele sparen möchte.
Besitzt du bereits Rücklagen für verschiedene Sparziele? Sofern der Aufbau eines Notgroschens der erste Schritt auf deinem Finanzweg ist und du ansonsten bisher keine Rücklagen besitzt, solltest du lieber zu viel als zu wenig auf dem Notgroschen-Konto liegen haben. Denn später, wenn du dich durch eine besseres Verständnis deiner Finanzsituation sicher fühlst, dass der Notgroschen ausreichend groß ist, einen Teil dieses Gelds doch noch zu investieren ist immer möglich. Besitzt du hingegen bereits mehrere Sparkonten (z.B. das „Urlaubskonto“, das „Hausreparatur-Rücklagenkonto“ und das „neues Auto-Sparkonto“) oder ein größeres Vermögen in recht liquiden (also schnell-verkaufbaren) Assets wie Aktien, ETFs oder Anleihen, dann kann dein Notgroschen ggf. auch kleiner ausfallen.
Der Sinn des Notgroschen ist zwar, gerade nicht an seine langfristigen Investitionen heran zu müssen im Notfall (damit man seine Aktien nicht gerade dann verkaufen muss, wenn sie im Minus stehen). Wenn man eine notwendige Autoreparatur aber auch mal zum Teil vom Urlaubskonto bezahlt, da der Notgroschen doch nicht ausreicht, ist das ja kein finanzieller Schiffbruch. Hier muss man selbst entscheiden, womit man sich wohlfühlt: einer strikten Trennung der Sparziele zum Erhöhen der Selbstdisziplin oder der gelegentlichen Vermischung von Finanzkonten für weniger Stress beim Organisieren der eigenen Finanzen.
Das Beste an hohen Sparraten
Wie hoch ist deine monatliche Sparrate? Wer jeden Monat einen großen Teil seines Einkommens zurücklegen kann, der hat dadurch auch automatisch einen größeren finanziellen Puffer bei Notfällen. Denn die eigene Sparrate einen Monat auszusetzen (z.B. den Dauerauftrag vom Giro- auf das Sparkonto oder in das Aktiendepot zu pausieren), ist mit wenigen Klicks möglich.
Ein Beispiel: Meine eigene Sparrate liegt bei ca. 50-60% meines Nettoeinkommens. Das heißt auch, dass ich keine großen Problemen habe, sollten meine Ausgaben in einem Monat durch einen Notfall mal doppelt so hoch sein wie normal. Natürlich ist es nicht ideal, wenn man seine regelmäßige Sparrate ständig aussetzen muss – aber hier geht es ja um Notfälle und nicht die neuen hübschen Schuhe, die man neulich in der Stadt gesehen hat 😉
Wie flexibel kannst du deine Ausgaben senken? Neben der eigenen Sparrate, die man bei Notfällen flexibel anpassen kann, sollte man sich auch anschauen, wie flexibel man bei seinen Ausgaben ist. Wer arbeitslos oder krank ist, der fährt z.B. wahrscheinlich eher nicht in einen Luxusurlaub, der sonst im monatlichen Budget „eingepreist“ ist (wer arbeitslos gemeldet ist und ALG 1 erhält, der muss tatsächlich sowas wie „Urlaub beantragen“ bei der Arbeitsagentur – man kann nicht einfach wegfahren, weil man ja jetzt Zeit hat, zumindest nicht, wenn die Reise der Jobsuche im Weg steht). Vielleicht kann man bei Arbeitslosigkeit auch Geld sparen, indem man mehr zuhause kocht oder weniger shoppen geht. Man sollte seinen eigenen Fähigkeiten zum Kostensenken aber auch nicht überschätzen bei der Kalkulation des eigenen Notgroschen: Nur von Reis und Bohnen lebt es sich nicht gut!
Eigene Beziehungs(finanz)situation
Teilst du dir die Kosten für Miete und Haushalt mit einer anderen Person? Wer seine Finanzen mit seinem Partner zusammengelegt hat oder sich zumindest einen Teil der Kosten des Lebens, z.B. die Miete, mit einer zweiten Person teilt, der sollte dies in seiner „Notgroschen-Strategie“ berücksichtigen. Wer bzw. wie würdet ihr z.B. eine kaputte Waschmaschine bezahlen? Jeder die Hälfte? Bei Christoph und mir würde so eine Ausgabe vom gemeinsamen Haushalts(spar-)konto bezahlt werden, das damit wie eine Art gemeinsamer Notgroschen für Haushaltsgegenstände fungiert.
Um nochmal darauf zurückzukommen, warum ich die Waschmaschine für ein furchtbares Beispiel für einen Notfall halte: Gerade für diese Elektrogroßgeräte bietet heute so gut wie jeder Händler die berühmte 0%-Finanzierung an. Wer also keinen furchtbar schlechten Schufa-Score hat, kann sich für eine kleine Rate von ca. 20€ monatlich kurzfristig eine nigelnagelneue Waschmaschine kaufen, ohne dafür einen großen Notgroschen aufbauen zu müssen. Außerdem gibt es bei ebay Kleinanzeigen auch bereits gebrauchte Waschmaschinen für 150 € oder weniger. Ein ausreichend großer Notgroschen ist sicherlich wichtig für die echten Notfälle im Leben. Eine kaputte Waschmaschine gehört allerdings meiner Ansicht nach eher nicht dazu (eher schon der Wasserschaden, den eine kaputte Waschmaschine hoffentlich nicht erzeugt).
Zurück zur eigenen Beziehung: Wie sieht deine Finanzsituation aus, wenn die andere Person nichts mehr beisteuert zu den Kosten? Egal, wie ihr eure gemeinsamen Finanzen als Paar organisiert, ein Teil der monatlichen Fixkosten zahlt im Moment wahrscheinlich der Partner. Was, wenn das nicht mehr so ist? Sei es durch eine langfristige Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Partners oder auch eine Trennung? Wie lange könntest du die Miete für die aktuelle Wohnung alleine zahlen? Oder hättest du genug Geld im Notgroschen, um kurzfristig die Kaution für eine neue eigene Wohnung hinterlegen zu können und dir ein paar neue Möbel zu kaufen, falls die Beziehung in die Brüche geht? Im Gegensatz zur Arbeitslosigkeit, die sich meist wenigstens ein paar Monate vorher angekündigt, kann ein Beziehungs-Ende sehr kurzfristig und überraschend kommen.
Im Gegensatz zum Schreckgespenst Arbeitslosigkeit, welche aus meiner Sicht durch ALG 1 und eine gewisse Vorausplanbarkeit gar keine absolute Notfallsituation sein muss, sind die wenigsten Menschen auf eine Trennung finanziell vorbereitet. Besonders wenn man komplett finanziell abhängig ist vom Partner, z.B. weil einer zuhause die Kindererziehung und Haushaltsarbeit übernimmt während alles Einkommen aus der Arbeit des anderen Partners generiert wird, sollte man seine Notgroschen-Strategie noch einmal überdenken und sicherstellen, dass beide Partner abgesichert sind. Singles haben es in diesem Punkt einfacher.
Eigenes Sicherheitsbedürfnis und die eigene Ungeduld
Bestimmt werden viele jetzt sagen: „Wieso soll ich bitte meine eigene Trennung gleich einplanen? So kann das ja nichts werden mit der Beziehung!“ Völlig richtig, ich bin hier auch eher Optimist als Pessimist. Ich wollte aber möglichst umfassend aufzeigen, welche Faktoren alle die Höhe des Notgroschens beeinflussen können. Die eigene Lebenseinstellung (Optimismus/Pessimismus) ist allerdings auch sehr wichtig für die optimale Höhe des Notgroschens.
Fühlst du dich erst wohl, wenn wirklich alle möglichen Notfälle abgedeckt sind oder lebst du eher nach dem kölschen Motto „et hätt noch immer jot jejange“? Manche Menschen brauchen einfach einen bestimmten Betrag auf dem Konto als Notgroschen („Erst mit 10.000€ fühle ich mich sicher!“), auch wenn diese Summe nicht tatsächlich „mathematisch“ benötigt würde, sondern einfach eine rein psychologische „Wohlfühlzahl“ darstellt.
Auch die Menge bzw. das Ausmaß an „Notfällen“, das man abdecken möchte, ist höchst individuell. Während manche Menschen es wichtig finden, für jeden Schicksalsschlag genug Geld gespart zu haben und andere nie um Hilfe bitten möchten, finden andere Menschen es total okay, notfalls eben bei Mama und Papa oder den Großeltern anzurufen und um eine kleine Finanzspritze zu bitten. Außerdem spielt natürlich auch das Thema Ungeduld eine große Rolle. Brauche ich das Auto, um zur Arbeit zu fahren, kann ich eine Reparatur nicht wirklich hinauszögern. Geht mein Geschirrspüler kaputt, kann ich allerdings wahrscheinlich ohne größere Probleme ein paar Wochen warten, bevor ich einen neuen kaufe und in der Zeit per Hand spülen. Die Frage ist also: möchtest du alles, was kaputt gegangen ist, sofort ersetzen können oder reicht es, wenn es nach ein paar Monaten Sparen neu gekauft werden kann? Die Antwort beeinflusst gemeinsam mit deiner monatlichen Sparrate wiederum die optimale Höhe deines Notgroschens.
Eigene Versicherungssituation
Zuletzt ist es bei der „Berechnung“ der optimalen Höhe des Notgroschen wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, welche Versicherungen du bereits gegen diese Notfälle besitzt bzw. ggf. abschließen möchtest, um ruhiger schlafen zu können. Von der Pferde-OP-Kosten, Hunde-Krankenversicherung und Katzen-Versicherung über die Zahnzusatz-Versicherung oder die Brillen-Versicherung bis zu den verlängerten Garantien für Fernseher, Waschmaschinen und Smartphone – in Deutschland gibt es wenig, was man nicht versichern kann.
Würde man die monatliche Versicherungsprämie einfach konsequent sparen, würde man finanziell höchstwahrscheinlich hinterher mit mehr Geld da stehen. Aber darum geht es bei diesen Versicherungen auch nicht wirklich. Sie sind eher dazu gedacht, den Versicherungsnehmer ruhig schlafen zu lassen und Stress und Ärger im Notfall zu reduzieren. Auch sind längst nicht alle Menschen konsequent genug, um wirklich jeden Monat einen (kleinen) Betrag zurückzulegen für ein konkretes späteres Sparziel, vor allen Dingen, wenn es ein negatives „Ziel“ ist, wie z.B. eine Krankheit oder die Beerdigung des eigenen Haustiers – wer richtet dafür schon gerne ein eigenes Konto ein und zahlt jeden Monat 6€ ein? Dann lieber eine Versicherung abschließen und das gute Gefühl genießen, dass der eigene Hund jederzeit gut versorgt ist…
Solche Versicherungen sind aus meiner Sicht persönliche Geschmackssache bzw. ein Luxuskauf. Wer wenig Geld hat, sollte lieber seinen Notgroschen aggressiv aufbauen, denn das Geld ist flexibler einsetzbar als eine Versicherung, bei der der Versicherungsfall hoffentlich nie eintritt.
Versicherung der eigenen Arbeitskraft
Eine wichtige Versicherung, die in Deutschland eigentlich jeder besitzt, ist die Krankenversicherung. Egal, ob man gesetzlich oder privat versichert ist, die ersten 6 Wochen einer jeder Krankheit erhält man als Angestellter zunächst von seinem Arbeitgeber seinen normalen Lohn gezahlt. Erst danach wird das Einkommen geringer. Je nachdem, ob man gesetzlich (GKV) oder privat versichert (PKV) ist, sind die Regelungen unterschiedlich. Bei der PKV hat man das Krankentagegeld individuell mit seiner Versicherung vereinbart – hier muss man darauf achten, dass die versicherte Summe je Krankheitstag auch tatsächlich weiterhin zum Leben reicht. Wer also seine monatlichen Ausgaben steigert (was meist passiert, wenn die Einnahmen/Gehalt steigen – die sogenannte Lifestyle-Inflation), sollte auch regelmäßig sein Krankentagegeld anpassen.
Wer in der GKV ist bekommt bis zu 78 Wochen lang (also 1,5 Jahre) Krankentagegeld. Allerdings ist natürlich auch diese Zahlung wie das ALG 1 nach oben begrenzt, auf ca. 70 Prozent des Bruttoverdienstes. Hier kann man sich seinen eigenen Anspruch in einem Rechner der TK selbst berechnen. Wem dieser Betrag nicht ausreicht, kann natürlich auch als gesetzlich Versicherter eine Zusatzversicherung abschließen, um die Lücke zu schließen.
Ist man noch länger krank oder dauerhaft arbeits- bzw. berufsunfähig, kann man auch hiergegen eine Versicherung abschließen, z.B. eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) oder eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung (AU). Der Unterschied liegt darin, ob man sich dagegen absichern möchte, dass man nicht mehr in seinem alten Beruf arbeiten kann oder ob man sich nur absichern will, gar nicht mehr arbeiten zu können (auch nicht in einem anderen Beruf).
Mein eigener Notgroschen
Mein eigener Notgroschen ist verglichen mit meinen monatlichen Ausgaben sehr gering, im Endeffekt nur ein paar hundert Euro. Das hat mehrere Gründe. Zum einen sind viele Reparaturen und notwendige Neuanschaffungen von Haushaltsgegenständen über das gemeinsame Sparkonto mit Christoph abgedeckt. Viele weitere Dinge, für die man Geld für Notfallreparaturen ansparen müsste, besitze ich nicht: kein Haus, keine Eigentumswohnung, kein Auto, keine Haustiere und auch keine Hobbys mit teuren (Folge-)kosten.
Zum anderen kommt mir meine hohe Sparrate von (für 2020 geschätzt ca.) 50-60% meines monatlichen Nettoeinkommens in Notfällen sehr zu Gute. Sollte ich z.B. mit einer dreimonatigen Frist arbeitslos werden, kann ich allein innerhalb dieser Zeit ohne Probleme genug Geld ansparen, um 3 bis 4 Monate meine normalen monatlichen Ausgaben weiter decken zu können, ohne mich einschränken zu müssen. Und das ganz ohne den zusätzlich vorher angesparten Notgroschen. Zusätzlich sorgt meine hohe Sparrate bzw. meine im Vergleich zu meinem Nettoeinkommen geringen Ausgaben dafür, dass ich trotz der Deckelungen und Abschlägen beim Arbeitslosengeld 1 bzw. dem Krankentagegeld der GKV, sehr gut über die Runden kommen kann, auch bei längerer Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Die beiden Beträge, die ich in diesen Fällen erhalten würde, liegen beide oberhalb meiner monatlichen Ausgaben – eine luxuriöse Situation.
Zudem habe ich durch mein Investitionsverhalten, bei dem ich immer eine Weile Geld anspare, bevor ich dann eine größere Summe auf einen Schlag investiere, auf meinem Depot-Verrechnungskonto meist auch eine größere Summe Geld, die darauf wartet, groß genug zu werden, um investiert zu werden. Man könnte es als temporären Notgroschen bezeichnen, auch wenn ich das Geld dort nicht wirklich als Notgroschen „sehe“ – ein kleiner Puffer ist es trotzdem.
Größter anzunehmender Notfall
Sollten nun alle Stricke reißen, und ich hätte gerade meine monatliche Sparrate auf mein Depot-Verrechnungskonto überwiesen und direkt auch alles Geld von dort investiert, und genau jetzt tritt ein Notfall ein, den wir nicht vom Haushaltssparkonto bezahlen könnten, z.B. weil wir gerade ein neues Sofa gekauft haben…dann, ja dann bräuchte ich meinen Notgroschen tatsächlich. Ich kann mir allerdings bei bestem Willen nichts vorstellen, was so plötzlich auftreten könnte und gleichzeitig so teuer sein könnte, dass ich es nicht spätestens mit meiner Sparrate vom nächsten Monat bezahlen könnte (immerhin mehrere tausend Euro). Dementsprechend schlafe ich sehr ruhig, trotz sehr geringem Notgroschen. Würde ich das anderen empfehlen, die in einer anderen Situation sind? Auf keinen Fall!
Aber genauso wenig würde ich empfehlen, einfach blind 3 Monatsgehälter als Notgroschen auf einem Tagesgeldkonto zu parken, nur weil es „alle machen“ oder es „überall so empfohlen“ wird. Die Summe, die man als Notgroschen braucht, um sich gewappnet zu fühlen für die kleinen und großen Überraschungen des Lebens, ist höchst individuell. Ich hoffe, ich konnte dich mit diesem Post anregen, über die für dich ideale Höhe deines Notgroschens nachzudenken.
Welche Faktoren berücksichtigst du für deinen Notgroschen? Hast du die optimale Höhe deines Notgroschens bereits erreicht? Und natürlich: wie hoch ist dein Notgroschen im Vergleich zu deinen monatlichen Ausgaben?
Hi,
ich habe 5-6 Netto-Monatsausgaben als Notgroschen.
Aber ehrlich gesagt finde ich das viel zu viel.
Aber das Gefühl von „Sicherheit“ lässt mich das GEld irgendwie nicht investieren… 🙂
Viele Grüße
Peter
Die optimale Höhe des Notgroschens ist einfach subjektiv. Hauptsache du fühlst dich wohl damit 🙂
Hallo aus Köln 🙂
Mein Notgroschen beträt 2000 Euro. Früher hatte ich mehr, aber inzwischen lege ich das Geld lieber an. Wenn ich tatsächlich mal mehr als 2000 Euro benötigen würde hätte ich mehrere Optionen:
1. Sparrate für einen Monat aussetzen (aktuell um die 850 Euro)
2. kurzfristig Geld von Freunden/Familie leihen
3. Ein paar Anteile aus einem ETF verkaufen (geht auch nur ca. zwei Tage, würde ich allerdings nur im Notfall machen!
Hi Benni,
finde ich eine sehr sinnvollen Ansatz. Ganz kurzfristig könnte man auch noch auf Kreditkarten zurückgreifen. Zumindest bis diese am Ende des Monats fällig ist.
Ich sollte meinen Notgroschen auch reduzieren!
Hi Benni,
sehe ich genauso. Ich würde im allergrößten Notfall auch auf meine Kreditkarten zurückgreifen, die ich dann im nächsten Monat wieder abbezahle. So habe ich einen hohen fünfstelligen Betrag „sofort“ verfügbar. Das muss wirklich reichen 😄
Es ist immer gut, wenn man weiß, dass man im Notfall auch die Familie/Freunde hat, die einem aushelfen können. Den Luxus hat ja leider nicht jeder.
Danke für deine strukturierte Überlegung, diese lässt mich meinen persönlichen notgroschen nochmal aus einem anderen Blickwinkel betrachten 🙂
Zumal mit einer Pferde-OP-Versicherung in der Hinterhand ;p
Das freut mich! Bei der aktuellen Niedrigzinsphase wäre es auch ärgerlich zu große Summen auf der hohen Kante zu haben, die man gar nicht braucht, um sich gut abgesichert zu fühlen.
Eine sehr kluge Herangehensweise
Ich war schon immer ein Freund der Verteilung auf Unterkonten. Ich habe festgestellt, dass mein Komsumverlangen drastisch abnimmt in dem Maß wie der Notgroschen mehr wird.
Denn wenn man mal abgesehen von unbedingt erforderlichen Dingen (defekte Haushaltsgeräte etc.)
die Entscheidungsfreiheit hat es kaufen zu können, ändert sich plötzlich die Perspektive von woher nehme ich das Geld hin zu möchte ich es wirklich investieren, ist es das Wert
Und meine Antwort lautet hier immer öfter… nein…
Interessante (neue) Perspektive auf den Notgroschen. Das Thema ist natürlich hoch individuell zu handhaben. Ich selbst peile ca. 10.000 Euro als Notgroschen an. Habe mich dafür entschieden, aber gleichzeitig zu investieren und die 10.000 Euro anzusparen. Meinen Notgroschen ist Ende des Jahres voll. Dann könnte ich entweder noch ein weiteres Konto besparen (das „Bafög-Rückforderungskonto; Ziel 3700 Euro) oder meine Investitionssumme in ETFs und Co. weiter erhöhen. Nach deinem Artikel werde ich mir das aber noch mal überlegen was genau ich machen werde.
Viele Grüße
Viviane
Hallo Viviane,
danke für deinen Kommentar! Es kann eine gute Idee sein, gleichzeitig zu investieren und den Notgroschen (weiter) bis zur für einen selbst optimalen Höhe aufzubauen, solange man erst einmal ein gewisses Fundament hat. Einen Not-Notgroschen sozusagen 😉 Denn dann muss man nicht so lange warten mit den ersten Investments, sondern kann schon vom learning by doing profitieren, wenn auch erstmal mit kleineren Summen. Sobald der Notgroschen „voll“ ist, geht es dann mit höheren Sparraten an den Aktienmarkt.
Viele Grüße
Jenni
Hey,
der Artikel ist wirklich super und beleuchtet so ziemlich alles relevante zu dem Thema des Notgroschens. Ich persönlich habe gar keine genaue Summe im Kopf oder im Excel stehen, dass ich auf einmal sagen würde „So, ist voll, wird auch Zeit :)“
Ich habe eine Sparrate und die besteht aus drei Teilen. 50% Notgroschen, 25% Investition in Dividendeaktien und 25% Sondertilgung vom Immobilienkredit. Das mache ich seit Jahren so. Bislang musste ich auch schon einige Male an die Rücklage ran. Heizung, Steuernachzahlung…
Der Notgroschen wird also immer wieder bespart und aufgefüllt. Sollte er irgendwann in utopische Höhen kommen, kann ich 50/50 das Geld in die Schulden und das Vermögen pumpen.
Übrigens habe ich gerade vorgestern dein Interview mit den beiden von nein2five gehört. Daumen hoch.
Liebe Grüße
Boris
Vielen Dank für dein Feedback!
Ein Notgroschen von 6Monatsgehältern ist sehr sinnvoll. Ich hatte eine Zahnbrücke die anfing zu wackeln. Beim Zahnarzt kam der tolle befund das sofort die Stümpfe unter der Brücke gezogen werden müssen da abgestorben. Resultat: ich benötige Implantate! Und diese haben einfach mal 5000eur gekostet. Ohne den Notgroschen von 6Monatsgehältern währe es richtig hässlich geworden. Medizinische Notfälle können spontan eintreten und trotz Krankenkassen/Versicherungen durch zuzahlungen sehr teuer werden
Gegen solche Kosten könnte man sich ja auch mit einer Zahnzusatzversicherung absichern, wenn man will. Wie hoch ein Notgroschen sein sollte, ist eine höchstpersönliche Entscheidung. Ob 6 Monatsgehälter zu viel oder zu wenig sind, hängt ja auch stark davon ab, wie hoch das Nettogehalt eigentlich ist. Bei mir z.B. liegt meine monatliche Sparrate bei ca. 1.500€. Gegen alles, was in dieser Größenordnung liegt an überraschenden Kosten, brauche ich also theoretisch nicht zwingend Geld auf einem Konto anzusparen, da ich es jeden Monat durch Aussetzen der laufenden Sparrate zahlen könnte. In der Praxis habe ich meist einige tausend Euro Notgroschen auf Tagesgeldkonten. Aber eben auch keine 6 Monatsgehälter (das ist mir persönlich zu viel). Wie gesagt: alles hochpersönlich 🙂