Besitzt du doch das Hustler-Gen? // Neue Side Hustles
Vor einigen Monaten habe ich schon einmal über die verschiedenen Finanztypen geschrieben. Ganz sicher bin ich mit meiner ETF-Buy-and-Hold-Strategie nicht der Typ Investor, der versucht, mit geschicktem Trading den Markt zu schlagen. Ich persönlich sehe mich am ehesten als Optimierer, der auf seine Kosten schaut, und weniger als Hustler, der versucht seine Einnahmen durch Nebenjobs oder Selbstständigkeit hochzuschrauben. In dem Artikel habe ich mich selbst als Punkte-Hustler und Corporate Hustler beschrieben – aber mit Entrepreneurship hat das nichts zu tun.
Ich, der Armchair-Entrepreneur
Ich finde Entrepreneurship bzw. Side Hustles auf einem theoretischen Level total spannend, auch wenn ich selbst für die Umsetzung von Ideen oft zu faul bin. Christoph und ich haben schon viele Stunden gemeinsam über unsere (theoretisch bereits weit fortgeschrittenen) Pläne zur Eröffnung einer Dönerbude gebrütet. Christoph bringt hier die Döner-Expertise und ich das Business-Know-How ein. Die Pläne in die Tat umzusetzen, könnte eine nette Beschäftigung für unsere RE-Zeit sein. Ich bin allerdings noch etwas skeptisch, ob uns beiden Kartoffeln tatsächlich jemand einen Döner abkaufen würde. Da müssten wir wohl für die Authentizität auf Angestellte setzen. Angestellte sind für mich sowieso ein wichtiger Bestandteil dieser Geschäftsidee, denn ich will ja nicht in der Rente dann plötzlich mehr Stunden arbeiten müssen als vorher 😉
Ich, der Geschäftsmodellforscher
Ich höre immer wieder gerne in den Nein2Five-Podcast von Ruben und Christian, in dem ich letztes Jahr selbst zu Gast war. Mir geht es dabei nicht wirklich um Inspiration für eigene Side Hustles. Aber ich finde es immer total spannend, neue Geschäftsmodelle kennenzulernen. Wofür sind Menschen bereit, Geld auszugeben? Und warum? Welche – teilweise verrückten – Nischen haben findige Gründer für sich entdecken können?
Schon im Studium fand ich diese Fragen am spannendsten
Dieser Grenzbereich zwischen Ökonomie und Psychologie hat mich schon immer interessiert. Daher fand ich in meinem Volkswirtschaftsstudium auch immer Mikroökonomie deutlich spannender als Makroökonomie, wo es nicht um Entscheidungen von Menschen, sondern um Handelsbilanzen, Inflation oder das Bruttosozialprodukt geht. Meine Masterarbeit habe ich im Bereich Behavioral Economics geschrieben, also genau an dieser Schnittstelle, die versucht, zu verstehen, wie echte Menschen – nicht immer ganz rationale – Entscheidungen in Bezug auf Geld treffen.
Ich kann aus jedem Thema eine Geschäftsmodelldiskussion machen
Wenn ich mit Christoph über eines seiner Hobbys spreche, interessieren mich auch hier am meisten die „Economics“, also die wirtschaftlichen Zusammenhänge in diesem Bereich.
Bei Gesprächen über die Feinheiten der American Football Regeln oder die in diesem Sport so wichtigen Spieler-Statistiken schalte ich bald ab. Geht es aber darum, wie sich der Salary Cap (Gehaltsobergrenze für das Gesamtteam) auf die Wettbewerbssituation in der nächsten Saison auswirkt, bin ich sofort in der Diskussion dabei.
Genauso ist es beim Thema Esports und Gaming. Ich finde es spannend, zu analysieren, wie die Spieler, Organisationen und Turnierveranstalter Geld verdienen. Welche Einnahmequellen gibt es neben den auch aus dem realen Sport bekannten Trikotsponsoren und Ausrüstern? Welche Firmen positionieren sich als Werbepartner in diesem weniger traditionellen Bereich? Dass inzwischen (also vor Corona) auch Ticketeinnahmen für Live-Turniere einen beträchtlichen Teil zu den Preisgeldern beisteuern, wird bestimmt manche überraschen, die Computerspielen immer noch für ein Nischenhobby von Jugendlichen halten.
Da ich viel YouTube schaue, habe ich auch hier bereits oft darüber nachgedacht, wie meine Lieblings-YouTuber wohl ihr Geld verdienen. Neben den regulären Werbeeinnahmen und möglichen Sponsorships/Werbepartnerschaften gibt es durch Patreon- und Twitch-Abos sowie Merchandise- oder andere eigene Artikel (Bücher, Kurse) inzwischen eine Vielzahl an Möglichkeiten.
Das einzige, wo ich das Geschäftsmodell bisher noch nicht ganz verstanden habe, sind Podcasts. Denn bis auf die paar explizit von den Streaming-Anbietern finanzierten „Spotify/Audible/… Orginals“ gibt es bisher meiner Erfahrung nach noch recht wenige Podcasts, die mit Werbeeinblendungen ihr Geld verdienen. Wie verdienen dann die anderen Podcaster ihr Geld? Vielleicht irre ich mich hier aber auch, da ich insgesamt nicht so viele Podcasts höre.
Ich, der „Hustle Porn“-Konsument?
Auf YouTube habe ich vor einigen Wochen einen Kanal für mich entdeckt, bei dem ein Amerikaner versucht, aus 500 Dollar Startkapital durch verschiedene Side Hustles, Businesses und Investments eine Million zu machen. Als Lieferdienstfahrer, Umzugshelfer und Möbelverkäufer hat er sich innerhalb weniger Monate immerhin schon zu 10.000 Dollar „gehustlet“. Von diesen Videos, die zeigen, wie Menschen durch ihre Side Hustles Geld verdienen, gibt es auf YouTube tausende. „House Flipping“, also das kaufen, renovieren und dann wieder verkaufen von Häusern ist dabei sicherlich das bekannteste Sub-Genre im Bereich Hustle Porn.
Aber neben den HGTV-Wannabes, die sich auch an House Flips versuchen, gibt es noch viele andere Arten Flipper: Sei es Thrifting von Second-Hand-Kleidung, Car Flipping oder Furniture Flipping. In den letzten Wochen habe ich wirklich sehr viele Videos geschaut von Leuten, die alten Möbeln wieder neues Leben einhauchen. Daher hatte ich Lust, das auch einmal auszuprobieren. Und da ich bereits so viele Videos gesehen hatte, bin ich doch jetzt eigentlich Experte, oder?
Ich, mal in der Praxis (I)
Gestern hat mir Christoph dabei geholfen, eine alte Holzkommode abzuholen. Mit Schraubenzieher, Handschleifer und Holzfüllmasse bewaffnet, habe ich gestern auch schon angefangen, an der Kommode zu arbeiten. Zuerst habe ich alle Beschläge abgeschraubt und die Kommode grob gereinigt. Das erste große Fragezeichen auf dem Weg zu meiner Vision war dann die Frage, ob die die sehr solide verleimten Beine auch tatsächlich abbekommen würde. Zum Glück hab ich es hinbekommen!
Heute habe ich weiter geschliffen und mit der Holzfüllmasse gearbeitet. Beim Schleifen erweisen sich FFP2-Masken als wirklich praktisch. Dadurch, dass zwischen den einzelnen Schritten immer wieder Trockenzeiten liegen müssen, werde ich voraussichtlich erst in 2-3 weiteren Wochenenden mit der Arbeit fertig sein. Bisher macht es mir wirklich Spaß und ich habe tatsächlich das Gefühl, durch die ganzen YouTube-Videos, die ich geschaut habe, ganz gut vorbereitet zu sein. Im Gegensatz zu den professionellen „Flippern“ möchte ich die Kommode aber nicht nach Fertigstellung verkaufen. Sie soll unseren bisherigen Lack-TV-Tisch im Wohnzimmer ersetzen.
Ich, in der Praxis (II)
Tatsächlich habe ich vor einigen Wochen neben „Furniture Flipping“ sogar noch einen zweiten Side Hustle angefangen. Und diesen sogar mit dem Ziel, Geld zu verdienen. Mal schauen, ob das etwas wird.
Florian Wagner, der Geldschnurrbart, hatte Anfang des Jahres einen Artikel mit „7 seriösen Wegen, online Geld zu verdienen“ veröffentlicht. Ich habe mich über den Artikel aufgeregt, da er neben sechs tatsächlich seriösen Möglichkeiten, Geld zu verdienen, auch „Optionen-Trading“ als solchen darstellt. Das ist absolut nicht mit den anderen vorgestellten Möglichkeiten vergleichbar und aus meiner Sicht auch kein wirklich seriöses Unterfangen. Nun gut, mein entsprechender Kommentar zu dem Artikel wurde von Florian leider nie freigegeben bzw. gelöscht…
Was ich aber interessant fand, war das „Merch by Amazon (MBA)“ Geschäftsmodell. Völlig ohne Startkapital und Risiko ist es möglich, eigene T-Shirt-Designs bei Amazon hochzuladen und damit Geld zu verdienen. Die gesamte Logistik (Druck, Versand, Rechnungen, Kundenservice/Retouren) übernimmt Amazon dabei. Man muss tatsächlich nur eine Bilddatei hochladen und den Beschreibungstext dichten.
Dieses Geschäftsmodell hatten Ruben und Christian in ihrem Nein2Five-Podcast auch schon einmal vorgestellt bzw. selbst ausprobiert. Also habe ich mir kurzerhand alle ihre Folgen zu dem Thema angehört und dann selbst eine Bewerbung für einen Merch by Amazon-Account abgeschickt. Tatsächlich muss man sich nämlich erst als Verkäufer bzw. Designer bewerben und kann nicht sofort loslegen. Nach ein paar Tagen wurde ich überraschenderweise in das Programm aufgenommen und habe mein erstes T-Shirt-Design hochgeladen. Genau wie Ruben und Christian habe ich mich zuerst an einem Karnevals-Sprüche-T-Shirt versucht. Ich habe als Norddeutsche mit Karneval echt nichts am Hut… das merkt man wohl auch. Denn mein norddeutscher Humor scheint nicht so gut anzukommen. Trotz einiger virtueller Karnevalssitzungen und Team-Events hat das Shirt keiner gekauft. Und jetzt ist die fünfte Jahreszeit ja auch schon wieder vorbei.
Mehr Hoffnung habe ich für meine beiden anderen T-Shirt Designs. Das eine ist eine Idee, die Christoph schon vor einigen Jahren mal auf einem selbstbedruckten T-Shirt umgesetzt hat und die auch sein Bruder sich selbst auf ein T-Shirt gedruckt hat. Vielleicht findet die Idee ja noch einen Käufer außerhalb der Familie?
Link: https://www.amazon.de/Spitznamen-amerikanischer-Pr%C3%A4sidenten-Scheinen-T-Shirt/dp/B08VFVF9M2
Die eigentliche Idee und Marktlücke, die ich mit meinem zukünftigen T-Shirt-Imperium 😉 erschließen wollte, waren Designs zum Thema Frauen und Finanzen. T-Shirt Designs zum Thema Aktien-Trading, Krypto/Bitcoin und anderen Meme-Investments wie Wirecard, Gamestop, etc. gibt es durch das Merch by Amazon Programm zuhauf. Aber speziell für weibliche Investorinnen gab es laut meiner ersten Recherche nur eine sehr geringe Auswahl an T-Shirt Designs auf Amazon. Auch die Konkurrenten für T-Shirts mit lustigen Sprüchen darauf, wie z.B. Spreadshirt hatten kaum T-Shirts für Aktionärinnen im Angebot.
Also habe ich selbst ein erstes Design erstellt und hochgeladen. Zuerst gab es etwas Hin und Her mit dem MBA-Support-Team auf Grund eines automatisch generierten, zum Glück fälschlichen Copyright-Warnings. Nach paar Tagen Wartezeit war das Design dann online! Wartezeit ist ein gutes Stichwort, denn als Anfänger dauert die Prüfung der Designs bei Amazon echt lange und man darf auch nur ein einziges Produkt pro Tag hochladen (insgesamt 10). Jeder Schnitt (Langarm/Kurzarm/etc.) zählt dabei als eigenes Produkt. Erst nach mindestens 10 Verkäufen seiner Produkte darf man dann weitere Produkte veröffentlichen.
Link: https://www.amazon.de/Damen-Investorin-Aktion%C3%A4rin-investieren-V-Ausschnitt/dp/B08V9B947C
Besitze ich doch das Hustler-Gen?
Bisher habe ich exakt 0 Produkte verkauft. Aber die Idee mit der Frauen-und-Finanzen-Nische war glaube ich tatsächlich gut! Denn just letzte Woche hat Jenny von Aktien für Frauen einen eigenen Online-Shop mit T-Shirts speziell für weibliche Investorinnen eröffnet (in Zusammenarbeit mit Spreadshirt). Da sie von Beruf Grafikdesignerin ist, sehen ihre Designs auch echt gut aus und sind nicht nur text-basiert wie meins. Für mich persönlich etwas zu viel Pinkification, aber das ist ja immer eine Frage des individuellen Geschmacks 🙂
Wenn ich mit meinen T-Shirts tatsächlich Geld verdienen wollen würde, müsste ich wahrscheinlich:
a) deutlich mehr recherchieren, welche Nischen und Designs gefragt sind statt danach zu gehen, was ich gerne selbst hätte und
b) mehr Zeit (und Geld?) in die Vermarktung der Shirts investieren. Denn dass jemand gerade mein Design bei einer zufälligen Amazon-Suche findet, ist trotz der meiner bescheidenen Meinung nach gut (d.h. suchbegriffoptimiert) geschriebenen Produktbeschreibungstexte doch eher unwahrscheinlich.
Aber da bin ich dann wohl doch wieder ein bisschen zu wenig Hustler für…
Betreibst du neben deinem Job noch Side Hustles, um mehr Geld zu verdienen? Oder trennst du deine Hobbys lieber vom Geld verdienen? Spinnst du gerne Business-Ideen in der Theorie weiter (wie unsere Dönerbuden-Idee)? Oder packt dich dann doch die Macherin in dir und du legst direkt los?
Was für ein unterhaltsamer Artikel! Es freut uns natürlich auch, dass wir mit unserem Podcast einen kleinen Teil zu beitragen konnten, dass Dagoberts Nichte ihr Hustler-Gen trainiert. Das kann nie schaden, finden wir!
Auch bei uns ist der Merch Side Hustle schleppend angelaufen. Eine Idee wäre vielleicht noch, so viele verschiedene Designs, wie dein „Tier“ erlaubt, hochzuladen. Wir haben so schnell gemerkt, welche Designs Käufer finden und welche ignoriert werden. Besseres Feedback gibt es nicht.
Deine Nische klingt interessant, vor allem wenn man sich den Erfolg von Madame Moneypenny anschaut…
Also: Willkommen im Club der Side Hustler!
Ich würde mir dieses T-Shirt jetzt zwar nicht kaufen, finde die Idee aber echt klasse.
Eine kurze Amazon-Suche mit den Suchbegriffen „Investorin“ und „T-Shirt“ hat aber ergeben, dass man dein T-Shirt gar nicht findet.
Vielleicht liegt der ausbleibende Erfolg ja daran.
Amazon denkt, dass man „Investoren“ meint, wenn man „Investorin“ tippt…und für diesen Suchbegriff wird das Shirt tatsächlich nicht oder erst weit hinten vielleicht mal angezeigt. Wenn du auf „Stattdessen nach Investorin suchen“ klickst, sollte das Shirt sofort sichtbar sein. Gegen diesen Bias im Sichtalgorithmus kann ich wohl nichts machen.
Außerdem gibt es das Shirt auch nur über Amazon.de, nicht über Amazon.com – das ist eine Einschränkung, die das MBA-Programm mit sich bringt (man muss das Shirt dann separat als Produkt einstellen in jedem Marktplatz). Vielleicht war das bei dir auch der Fall?
Ich müsste es definitiv mehr vermarkten, da gebe ich dir Recht 🙂
Hoppla! Du hast recht. Ich habe den Sexismus-Faktor nicht einbezogen. 😉
Amazon hat tatsächlich stattdessen nach Investoren gesucht.
Na wie find ich denn sowas?!