Wie viel Geld brauchst du, um nicht mehr arbeiten zu müssen? // 4% Regel

4%
Lesezeit: 9 Minuten

Die bekannteste Rechenregel im Zusammenhang mit FIRE (Financial Independence, Retired Early) ist die sogenannte 4%-Regel. Man könnte sie auch als 25er-Regel bezeichnen, denn 25 ist hier quasi der Kehrwert von 4%. Im Kern sagt die 4%-Regel aus, dass du für FIRE das 25-fache deiner jährlichen Ausgaben gespart und investiert haben musst. Andersherum gerechnet kann man also jedes Jahr 4% seines Vermögens entnehmen, ohne dass das Depot jemals unter Null fällt. So jedenfalls die landläufige Meinung.

Als grobe Überschlagsrechnung ist die 4%-Regel eine gute Faustregel. Doch bevor man seinen Job kündigt und tatsächlich in Rente geht, ist es wichtig zu verstehen, wo die Regel herkommt und unter welchen Bedingungen sie abgeleitet wurde. Mit diesem Wissen kann man überprüfen, ob im eigenen FIRE-Finanzplan ähnliche Bedingungen gelten – und ob man daher seine Zukunft wirklich auf der 4%-Regel aufbauen möchte oder nicht.

Wo kommt die 4%-Regel her?

Intuitiv könnte man denken, dass ein Wertpapierportfolio, dass eine durchschnittliche jährliche Rendite von 7% hat, mir ermöglicht, jedes Jahr 7% zu entnehmen. Leider liegt die Intuition hier aber falsch. Denn die durchschnittliche Rendite wird nicht regelmäßig jedes Jahr erreicht, sondern nur im Durchschnitt. Ignoriert man die Reihenfolge, mit der über- und unterdurchschnittliche Renditen auftreten, ignoriert man das sogenannte Sequence of Returns-Risiko. Wenn ich – rein hypothetisch – die ersten 20 Jahre meiner Rente jedes Jahr weiter Geld verlieren würde, kann es sein, dass mein Depot durch die Entnahmen bereits aufgebraucht ist, bevor der Aktienmarkt ab dem 21. Jahr dann doch noch Traumrenditen abwirft. Eine nur im Durchschnitt hohe Rendite bringt in so einem Szenario nichts.

Jetzt ist es zum Glück noch nie vorgekommen, dass der Aktienmarkt 20 Jahre am Stück abwärts zeigte. Aber 4 Jahre am Stück negative Renditen, das kann durchaus mal vorkommen. Schaut man sich das Renditedreieck des deutschen Aktieninstituts für den Euro Stoxx an, sieht man, dass nach spätestens 15 Jahren immer eine positive jährliche Durchschnittsrendite erreicht werden konnte. Doch wenn sich die negativen Renditen am Anfang der Entsparphase knubbeln, kann das Sequence of Returns-Risiko eine echte Gefahr für den FIRE-Plan darstellen. Für mehr Details und Grafiken zum Sequence of Return-Risiko kann ich Olivers oben bereits verlinkten Artikel wärmstens empfehlen.

Okay, Entnahme der durchschnittlichen Rendite ist zu viel, aber wieso gerade 4%?

Der Erste, der erkannte, dass die Entnahme der durchschnittlichen Rendite das Sequence of Returns-Risiko ignorierte, war William Bengen. Der amerikanische Finanzberater veröffentlichte 1994 eine Studie, die als Geburtsstunde der 4%-Regel gilt. Auf Basis historischer Daten simulierte er verschiedene Verläufe eines Portfolios, dass aus amerikanischen Aktien und amerikanischen Staatsanleihen mittlerer Laufzeit bestand. Dabei analysierte er verschiedene Entnahmeraten (von 1% – 8%) sowie verschiedene Aktienanteile im Portfolio (von 0% – 100%).

Eine 50/50-Verteilung zwischen Aktien und Anleihen sowie eine anfängliche Entnahmerate von 4% erwiesen sich dabei als sicherste Wahl. Gleichzeitig argumentierte Bengen bereits in der Originalstudie dafür, lieber eine 75%-Aktienquote im Portfolio zu halten. Das nur leicht höhere Risiko sei mit einer deutlich höheren Chance, mehr vererben zu können, verknüpft.

Was ist noch wichtig zu wissen über die Ergebnisse von Bengen?

Bengen geht in seiner Studie davon aus, dass die gewählte Aktienquote (sei es 50% oder 75%) durch Rebalancing über die Jahre konstant gehalten wird. Er untersucht aber auch die Frage, ob es sich lohnt, während der Rentenphase die ursprünglich gewählte Aktienquote zu verändern. Vielleicht gab es auch damals schon die Faustregel: „Aktienquote in Prozent = 100 – Lebensalter“?

Aus seinen statistischen Betrachtungen zieht er jedenfalls eine klare Antwort auf diese Frage: Umschichten im Zeitverlauf sei Quatsch. Auch ich persönlich halte nichts von dieser Regel. Denn gerade hochbetagte Rentner brauchen die Renditestärke von Aktien, um sich gegen das Langlebigkeitsrisiko abzusichern. Ob eine 100% Aktienquote zum persönlichen Risikoprofil passt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber warum sollte sich das eigene Risikoprofil mit zunehmendem Alter automatisch ändern?

Klar kann es hier im Zeitverlauf Änderungen geben, z.B. durch eine veränderte Familien-, Job- oder Finanzsituation (wie ein Erbe). Aber die einfache Faustregel zur idealen Aktienquote ist für meinen Geschmack dann doch zu einfach, um wirklich hilfreich zu sein.

Zusätzlich ist noch wichtig zu wissen, dass sich die 4%-Regel auf die erste initiale Entnahme im Jahr 1 der Rente bezieht. In den Folgejahren wird nicht mehr 4% des dann vorhandenen Portfolios, sondern genau der gleiche absolute Betrag wie in Jahr 1 (plus Inflationsausgleich) entnommen. Der gleiche absolute Betrag kann also im Folgejahr durchaus mehr oder weniger als 4% des dann vorhandenen Portfolios darstellen. Bengen erläutert dies mit echten Zahlen sehr anschaulich im Anhang seiner Studie. Insgesamt kann ich die Original-Studie wirklich jedem nur sehr empfehlen! Ganz ohne hochtrabende wissenschaftliche Begriffe wird auf kompakten 10 Seiten eigentlich alles beleuchtet, was man als Einstieg in das Thema Entnahmeraten wissen muss.

Gelten Bengens Ergebnisse heute immer noch?

Und die Ergebnisse von damals (die den historischen Zeitraum von 1926 bis ca. 1976 abdecken) konnten auch mit neueren Datenreihen (mit Zahlen bis 2009) repliziert werden. Wer also jedes Jahr 4% des anfänglichen Portfoliowerts (jeweils angeglichen an die Inflation und mit jährlichem Rebalancing) aus einem Portfolio mit 50% amerikanischen Aktien und 50% amerikanischen Staatsanleihen mittlerer Laufzeit entnimmt, der ist seit 1926 nach 30 Jahren Entnahme nie pleite gewesen.

Das klingt natürlich gut, ist aber streng genommen nicht mehr als eine Aussage über die Vergangenheit. Alle Studien zu optimalen Entnahmeraten bauen immer auf historischen Daten auf. Auf was soll man auch sonst aufbauen? Gerade diese Idee der Analyse der sicheren Entnahmerate auf Basis von historischen Daten verdanken wir William Bengen. Seine damals postulierte Safe Withdrawal Rate von 4% wurde seitdem wahrscheinlich aber mindestens halb so oft kritisiert wie insgesamt zitiert. Denn ganz so sicher wie es zunächst scheint, ist diese sichere Entnahmerate dann doch nicht.

Wie immer: der Teufel steckt im Detail

Schon – gefühlt vernachlässigbar kleine – Veränderungen der Bedingungen können zu leicht anderen Ergebnissen führen. Das sieht man z.B. an der Trinity-Studie, die 1998 veröffentlicht wurde, und auch oft als Ursprung der 4%-Regel zitiert wird. Die Forscher untersuchten eine sehr ähnliche Fragestellung, wählten für den Anleiheanteil allerdings ein Portfolio von amerikanischen Unternehmensanleihen statt Staatsanleihen.

Zudem erweiterten sie die Untersuchung um die Möglichkeit des Scheiterns. Sie berechneten die Erfolgswahrscheinlichkeit, dass ein Portfolio bei unterschiedlichen Entnahmeraten eine bestimmte Zeitspanne (bis zu 30 Jahre) überleben wird. Für Bengens ursprüngliches Szenario von 50/50 Aktien/Anleihen und einem Zeitraum von 30 Jahren berechneten sie eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 95% (statt den 100% von Bengen). Der kleine aber feine Unterschied resultiert aus der unterschiedlichen Datenbasis für den Anleiheteil des Portfolios.

Warum waren Erfolgswahrscheinlichkeiten eine revolutionäre Idee?

Zunächst klingt es wahrscheinlich etwas merkwürdig, seinen Finanzplan so zu bauen, dass er ein Pleiterisiko enthält. Aber gerade als Investor weiß man, dass es ohne Risiko keine Rendite gibt. Und bei der „sicheren Entnahmerate“ ist es auch absolut sinnvoll, nicht 100% Sicherheit anzustreben. Denn erstens kann es immer anders kommen als gedacht und zweitens macht es auch mathematisch Sinn, eine gewisse Pleitewahrscheinlichkeit zu akzeptieren. Ich muss sonst deutlich höhere Summen für FIRE ansparen, die in 99% (oder eben 95%) der Fälle gar nicht notwendig sein werden. In vielen dieser Nicht-Pleite Verläufen findet im Zeitverlauf stattdessen sogar ein weiterer Vermögensaufbau während der Rentenphase statt. Schön für die Erben?!

Wer auf eine 100% Wahrscheinlichkeit hinspart, sichert sich gegen den Fall ab, dass der wirklich allerschlechteste historische Verlauf eintritt. Das ist in den meisten Fällen die Datenreihe, die mit einem Renteneintritt direkt vor der Great Depression bzw. dem sogenannten Schwarzen Donnerstag 1929 beginnt. Denn der an diesem Tag beginnende Börsencrash setzte sich quasi bis ins Jahr 1932 fort. Nach einen paar Jahren Aufwärtstrend kam dann mit dem 2. Weltkrieg direkt der nächste Schock. Die Annahme ist also: Wessen Depot (rechnerisch) all diese historischen Hiobsbotschaften überlebt hätte, der wird wohl auch die Krisen der Zukunft überstehen können!

Worst-Worst-Case

Japan
Ein Blick nach Japan lohnt auch bei der Finanzplanung.

Wer ein noch schlimmeres Szenario für die eigene Rentenplanung sucht, muss dafür außerhalb von Amerika suchen. Georg, der auf seinem Blog Finanzen? Erklärt! extrem gute Analysen zum Thema Entnahmestrategie bietet, hat sich für ein Worst-Worst-Case Szenario den japanischen Aktienmarkt der 90er Jahre angeschaut. Eine japanische Rentnerin, die auf Grund des weltweit vorherrschenden Home Bias besonders stark in japanische Aktien investiert hat, hätte bei Rentenbeginn Anfang / Mitte der 1990er Jahre bei weitem keine 4% entnehmen dürfen! Die sichere Entnahmerate (für einen 60-Jahres-Zeitraum) lag in diesem speziellen Szenario bzw. Zeitraum teilweise nicht einmal bei 2%!

Allerdings muss man bei diesem Horrorszenario auch bedenken, dass in den Jahren vor diesen zwei „verlorenen Dekaden“ der japanische Aktienmarkt extrem durch die Decke gegangen war (das war ja gerade einer der Auslöser…). Wer Anfang der 90er in Rente ging, hatte die Jahre davor während der Ansparphase stark vom steigenden Aktienmarkt profitiert. Man kann für unsere fiktive japanische Rentnerin also nur hoffen, dass sie daher auch ein deutlich größeres Portfolio aufgebaut hat als im ursprüngliche Finanzplan (mit 4%-Regel) vorgesehen.

Aus der (amerikanischen) Vergangenheit für die Zukunft lernen?

An diesem Beispiel zeigt sich für mich auch, wie wichtig es ist, die Studien zur sicheren Entnahmerate immer genau zu hinterfragen. Schon der vermeintlich vernachlässigbare Unterschied zwischen amerikanischen Staatsanleihen (bei Bengen) und amerikanischen Unternehmensanleihen (in der Trinity-Studie) erzeugt ein zusätzliches 5%iges Risiko in Finanzplan.

Die fiktive Japanerin, die sich Anfang der 90er auf Basis der (damals noch nicht veröffentlichten) amerikanischen Studien auf die 4%-Regel verlassen hätte, ist hoffentlich nicht ganz so alt geworden, wie Japanerinnen dies oft werden. Denn ihr Portfolio hätte selbst bei nur 3% Entnahmerate leider oft die kommenden 60 Jahre nicht überlebt.

Sehr viele der Studien zur optimalen Entnahmerate werden auf Basis des amerikanischen S&P500 durchgeführt. Das liegt an der guten Datenverfügbarkeit von historischen Daten (für über 100 Jahre). Doch wenn das eigene Portfolio vom S&P 500 abweicht, sind auch die berechneten sicheren Entnahmeraten nur begrenzt aussagekräftig und sicher.

Dazu kommt, dass die Renditen für amerikanische (und noch stärker deutsche) Staatsanleihen in den letzten 10 Jahren immer weiter gefallen sind. Im Fall von Deutschland und einiger anderer europäischer Länder sind inzwischen sogar die nominellen Renditen (vor Inflation!) negativ. Diese Situation gab es bisher noch nie, sodass Analysen auf Basis von historischen Daten wahrscheinlich nur eine begrenzte Aussagekraft haben. Ob die Beimischung von (25-50%) Anleihen, wie Bergen es damals 1994 seinen Kunden empfahl, also weiterhin sinnvoll ist, ist schwierig zu beantworten. An der Börse wird immer die Zukunft gehandelt. Die Vergangenheit spielt außerhalb von psychologischen Bias-Effekten kaum eine Rolle.

Reale Rendite von 3 Assetklassen
Bisher sieht die jährliche reale Rendite der verschiedenen amerikanischen Assetklassen Aktien (blau), Staatsanleihen (rot) und Unternehmensanleihen (gelb) im langjährigen Vergleich nicht außergewöhnlich aus. Doch für deutsche Staatsanleihen zeigt sich definitiv bereits ein Bild, das es historisch so noch nicht gab. Wie sich alles entwickelt, bleibt wohl nur abzuwarten.

Monte Carlo Simulation, Shiller-CAPE-Faktor, Entsparen mit Ceiling & Floor, …

Natürlich hat sich auch die Forschung zu Entnahmeraten seit Mitte der 1990er weiterentwickelt. Mit immer komplexeren Modellen und statistischen Methoden (wie der Monte Carlo Simulation) sowie neuen Input-Parametern (z.B. des gerade sehr angesagten CAPE-Faktors) und neuen Zeitreihen abseits der historischen Daten des amerikanischen Aktienmarkts versuchen Forscher die optimale sichere Entnahmerate oder viel mehr sichere Entnahmestrategien zu finden. Dynamische Entnahmestrategien, bei denen sich der Entnahmebetrag um mehr als den Inflationsausgleich verändern kann, sind dabei besonders beliebt. Denn wenn ich bereit bin, beim Konsum etwas stärker zu sparen, wenn gerade ein Sturm an den Börsen wütet, eröffnet dies gleich deutlich mehr Möglichkeiten. Wer sich hier für Details interessiert, dem empfehle ich wärmstens Olivers oben bereits verlinkte Serie zu Entnahmestrategien auf Frugalisten. de sowie natürlich Georgs Blog Finanzen? Erklärt.

Meine persönliche Sicht auf die 4%-Regel

Ich persönlich finde solche mathematischen Analysen als kleiner Finanz-Nerd zwar spannend, aber für meine persönliche Situation wenig relevant. Die allermeisten wissenschaftlichen Studien beschäftigen sich mit einem Entnahmezeitraum von 30 Jahren. Das wird für einen heutigen Standard-Rentner, der mit 65 aufhört zu arbeiten, auch der richtige Zeitraum sein. Klar, dass dieser Standardfall daher im Zentrum der Rentenforschung steht. Für mich und meinen FIRE-Plan sind aber ganz andere Zeiträume relevant. Wenn ich mit 45 in Rente gehe, dann plane ich so, dass mein Geld mindestens bis zu meinem 100. Geburtstag reichen soll.

Einige FIRE-Blogs behaupten, dass mit der 4%-Regel das Vermögen nie aufgebraucht würde. Auch der sicherlich früher einmal populärste FIRE-Blogger, Mr. Moneymustache, lässt es in seinem wohl bekanntesten 2012er Artikel The Shockingly Simple Math behind Early Retirement so wirken, als wäre das der Standardfall. Seine Einschränkung „with some flexibility in your spending during recessions“ wird dann bei Zitaten seines Artikels meist ganz weggelassen, um es noch ein bisschen einfacher (und damit leider falsch) zu machen.

Wie auch Georg in einem ausführlichen Artikel über die Gefahr, allzu gutgläubig mit der 4%-Regel zu planen, beschreibt, gibt es noch viele weitere Faktoren, die in der Diskussion oft gänzlich unberücksichtigt bleiben. Insbesondere sind für meine Situation die zukünftigen Steuern auf Kapitalerträge sowie das Wechselkurs- bzw. Inflationsrisiko relevant, was mit einem global diversifizierten Portfolio einhergeht.

Es gibt aber auch mögliche Entnahmestrategien, mit denen eine 4%-Entnahmerate selbst bei sehr langen Entnahmezeiträumen eher konservativ angesetzt ist. Mit welcher Entnahmerate bzw. Entnahmestrategie ich selbst plane, dazu gerne ein anderes Mal mehr.

Wie siehst du die 4%-Regel? Baut dein Finanzplan darauf auf oder betrachtest du sie eher als grobe Faustregel? Welche Pleitewahrscheinlichkeit bist du bereit zu akzeptieren? Glaubst du, dass Simulationen der Zukunft auf Basis historischer Daten weiterhin Sinn machen (nach dem Motto: Es hat alles schon einmal gegeben!)?

11 Replies to “Wie viel Geld brauchst du, um nicht mehr arbeiten zu müssen? // 4% Regel”

  1. Spannend in der Hinsicht ist auch, dass Bengen mittlerweile selber denkt, dass die 4% zu konservativ sind und eher 5% sinnvoll wären. Eine Erläuterung hat er im Podcoast von Rational Reminder gegeben (https://rationalreminder.ca/podcast/135). Das gilt soweit nur für US-Aktien und kann sich natürlich wieder ändern, aber ist sehr spannend, denn wenn man mehr ausgeben will als die 4%, gibt es dafür durchaus auch Gründe – die 4% sind daher gar nicht so gewagt wie man manchmal denkt. Das zeigt umso mehr, dass es sehr auf die Umstände ankommt, d.h. wann man wie Geld benötigt und wie dieses investiert ist.

    1. Ja, gerade für eine „normale“ Rente von ca. 30 Jahren, wo das Depot selten die einzige Einnahmequelle ist, sind 4% wahrscheinlich eher konservativ als zu gewagt. Aber bei FIRE in jungen Jahren ist halt doch einiges anders als bei einem normalen (Vor-)Ruhestand.

      1. Genau, wobei er diesbezüglich dachte, dass 5% oder mehr für 30 Jahre funktionieren sollten, und ungefähr 4.25% dauerhaft, wenn ich das richtig in Erinnerung hatte. Ausserdem hat er auch gesagt, dass es je nach Situation auch mehr sein könnten, denn er geht ja vom Worst-Case-Szenario aus.

        1. Das meine an so „Worst Case Szenarien“ ist halt wenn sie zuschlagen. Selbst wenn man rechnerisch nur 2% Restrisiko hat, wenn der Fall dann kommt ist man trotzdem Pleite.

          1. Naja, das kommt ja auch immer darauf an, wie engstirnig man an seinem Plan festhält. Selbst wenn mein Plan keine dynamische Entnahme enthält, ist diese Möglichkeit ja nicht sofort ausgeschlossen!

  2. Dieser Artikel gibt einen schönen Überblick und fast alles Wesentliche zu diesem Thema zusammen. Vielen Dank dafür und für die Verlinkungen. Guten Start in die Woche!

  3. Man sollte zusätzlich bedenken das zukünftiges Einkommen, konkret Renten, sich ja auch irgendwo auswirken könnten auf die Entnahmerate bzw. zumindest auf die Asset Allocation. Wenn man z.B. in 22 Jahren dann bereits jetzt Ansprüche auf die gesetzliche Rente, betriebliche Altersvorsorge und Riester/Rürup u.ä. hat kann man dies ja auch berücksichtigen. Seit es mit einer höheren Aktienquote oder sogar einer leicht höheren Entnahmerate oder einfach als zusätzliches Sicherungspolster. Das ist zwar sehr individuell aber für mich sehe ich da doch Größenordnung irgendwo 0,2% bis 0,4% höhere Entnahmerate möglich.

    Auch glaube ich nicht daran das man als Frührentner mit z.B. 45 ansonsten nie wieder irgendwo Geld verdienen wird. Und seien es nur ein paar hundert Euro hier und da irgendwo als Schiedsrichter oder einem anderen Hobby.

    1. Ich persönlich betrachte die gesetzliche Rente, bAV und Riester/Rürup ausschließlich als Puffer. Ich möchte, dass mein Plan auch ohne diese Posten funktioniert. Tatsächlich macht es bei einem so frühen Renteneintritt auch kaum einen Unterschied – maximal ein Jahr früher oder später. Das fand ich zuerst schon sehr überraschend, aber macht ja auch Sinn, da man fast die Hälfte der Zeit ohne diese Zusatzeinnahmen auskommen muss. Wer bereits näher an der Rente ist (oder wie in Amerika mit dem 401k einen Großteil seines Vermögens erst später verwenden kann) für den ist es hochgradig sinnvoll, einen 2-Phasen-Plan aufzustellen.

  4. Für manche „FIRE-Fans“ ist ein höheres Risiko als Bengen es akzeptieren würde, in Deutschland wohl sogar hinnehmbar, da hier im Gegensatz zu den USA mit der Grundsicherung eine „soziale Hängematte“ existiert, die einem auch im schlimmsten Fall das Existenzminimum sichert. Man ist immer Krankenversichert, wird nie seine angemessene Unterkunft verlieren und auch nie verhungern. Wenn man ein Scheitern von 5% akzeptiert, dann würde statistisch gesehen 1 von 20 Entsparenden nach 30 Jahren in die Grundsicherung gehen, aber niemand verhungern oder unter der Brücke schlafen.

    Aus dieser Sicht sind die 4% auch ohne Berücksichtigung von DRV, Rürup usw. wahrscheinlich nicht zu konservativ für einige.

    1. Hallo Florian,
      am Ende muss jeder für sich selbst sein akzeptables Risiko finden. Für mich ist die soziale Grundsicherung nicht wirklich relevant für meinen Plan oder nur ganz weit hinten im Hinterkopf. Denn „gescheitert“ wäre ich ja nicht erst bei einer totalen Pleite bzw. wenn ich ich in Hartz IV rutsche. Auch davor wäre es schon ein Scheitern des Plans, wenn man sich massiv einschränken müsste gegenüber dem eigentlich angestrebten, komfortablen Niveau.
      Aber definitiv beruhigend, dass in Deutschland ein medizinischer Notfall keine finanziellen Existenzängste auslesen muss.
      Viele Grüße
      Jenni

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