Was ich in der Schule gerne über Finanzen und Geld gelernt hätte // Gastbeitrag meiner Schwester

Lesezeit: 4 Minuten

Traditionell gibt es zum Blog-Geburtstag einen Gastautor. Dieses Jahr konnte ich zum ersten Mal eine Gastautorin für den Blog gewinnen: Leona, eine meiner Schwestern, schreibt darüber, was sie gerne in der Schule über Finanzen und Geld gelernt hätte. Vielen Dank an dich, Leona, als Gastautorin und als Leser viel Spaß beim Lesen & Mitdiskutieren!

Die Debatte über die Inhalte, die in der Schule gelehrt werden, ist womöglich so alt wie die Schule selbst. Warum lerne ich über die Innereien eines Regenwurmes und über imaginäre Zahlen, aber wirklich alltagstaugliche Themen liegen immer noch in der Verantwortung der Eltern, sie beizubringen?

Die Klassiker sind natürlich Kochen, Hygiene und die gute alte Steuererklärung. Aber im Thema Finanzen gibt es einige Dinge, dich gerne in der Schule gelernt hätte. Denn es ist besonders das Thema Geld, was überproportional vom Elternhaus abhängig ist und gleichzeitig so entscheidend fürs Leben ist.

Ich bin privilegiert aufgewachsen, sowohl was meine Eltern angeht, als auch die Schule auf die ich gegangen bin. Doch unser Wirtschaftsunterricht beschäftigte sich weniger mit Geldanlagen oder Steuern und viel mehr mit verschiedenen Wirtschaftstheorien.

Grundlegende Fragen über unser Geldsystem blieben offen. Wie zum Beispiel, woher das Geld eigentlich kommt, wer gibt dem Geld seinen Wert und was ist die Zentralbank? Wie kann es sein, dass ich bei „Haus des Geldes“ mehr darüber gelernt habe, als in der Schule?

Ein gutes Verständnis dieser Konzepte ist die Grundlage, um auch viele weitere Finanzfragen zu klären. Wie kann ein Staat sich beispielsweise verschulden? Wem schulden wir das Geld? Sind wir nicht irgendwie dauerhaft verschuldet? Die Verschuldung eines Staates kann langfristige Konsequenzen für die Wirtschaft und die Bürger haben, daher wäre es hilfreich gewesen, dieses Thema in der Schule zu behandeln.

Ein tieferes Verständnis der Staatsfinanzen ist hilfreich, um die politischen Entscheidungen besser zu verstehen, die unsere Wirtschaft beeinflussen. Außerdem ist es wichtig zu erklären, was Begriffe wie „Wirtschaft“ oder „Markt“ überhaupt bedeuten, um Konversationen über Finanzen folgen zu können.

Wenn man jünger ist, sind viele Finanzthemen auch noch nicht so relevant. Jetzt, wo ich allerdings 19 Jahre alt bin, wird es für mich natürlich interessant, wie ich beispielsweise ein Bankkonto eröffne. Was für verschiedene Konten gibt es? Was ist der Unterschied zwischen einer Debit- und Kreditkarte? Beide Kartenarten werden häufig verwendet, aber es ist entscheidend zu wissen, wie sie funktionieren und welche Auswirkungen sie auf unsere Finanzen haben können.

Was sind Zinsen? Wie nehme ich einen Kredit auf, für beispielsweise ein Haus? Sollte ich Kredite immer vermeiden? Auch interessant für mich wird nun, wie ein Arbeits- oder Mietvertrag aussieht. In meinem Alter fangen einige an zu arbeiten oder ziehen in die erste Wohnung oder WG. In der Schule einen Einblick in Arbeits- und Mietverträge zu bekommen, wäre äußerst nützlich gewesen. Diese Dokumente spielen eine entscheidende Rolle in unserem Leben, und es ist wichtig zu verstehen, was sie enthalten.

Denn nicht jeder hat einen Vater, der diese Verträge für einen gegenliest, so wie meiner es tut. Er ist auch derjenige, der für mich mein Geld investiert hat und mich darüber aufklärt.

Für mich steht zur Debatte, inwiefern man über das Investieren lehren kann ohne tatsächliche Empfehlungen auszusprechen. Allerdings ist es trotzdem wichtig über Vor- und Nachteile gewisser Geldanlagen zu sprechen. Dabei geht natürlich vorher, dass verschiedene Geldanlagen erklärt worden sind. Was sind Aktien und ETFs? Muss man eine Immobilie haben? Was bedeutet „Anleihen“? Sollte ich mein Geld auf dem Sparbuch lassen?

Wer diese Fragen beantworten müsste, würde dies wohl kaum komplett objektiv tun können und je älter ein*e Lehrer*in ist, desto weniger aktuell und relevant sind die Antworten, denn die Wirtschaft ändert sich stetig. Und doch ist es entscheidend für die langfristige finanzielle Unabhängigkeit.

Weitere Fragen, die ich gerne in der Schule geklärt hätte, inkludieren: wie funktioniert unser Steuersystem, wie schreibe ich Steuererklärung, wann ist sie fällig und welche Arten von Steuern muss man als Arbeitnehmer bezahlen?

Steuern sind ein unvermeidlicher Teil unseres Lebens, aber sie können komplex sein, wenn man sie nicht versteht. Begriffe wie Einkommens- oder Lohnsteuer, Kranken- oder Rentenversicherung, oder Kirchensteuer kann man relativ schnell und auch simpel erklären. Die einzige Steuer über die man in der Schule lernt, ist die Mehrwertsteuer.

Für viele dieser ungeklärten Themen muss man ein gewisses Alter voraussetzen. Allerdings kann ich mir auch vorstellen, bereits mit jüngeren Kindern in der Schule über das Thema „Sparen“ zu reden und Aktivitäten darum zu planen. In höheren Klassen könnte man das weiter ausbauen, über Budgeting reden und wie viel Geld man für was ausgibt, was für Prioritäten man hat und lernen sich selbst zu checken. Ein Finanzkurs in der Schule könnte Tipps und Strategien vermitteln, wie man effektiv spart und Notfallfonds aufbaut.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die (fehlende) Finanzbildung in der Schule eine entscheidende Rolle für die Entwicklung finanzieller Kompetenzen spielt. Die genannten Themen – vom grundlegenden Geldsystem bis zum eigenverantwortlichen Investieren – sind alle relevant für unser tägliches Leben und unsere langfristige finanzielle Zukunft. Ein solider Finanzkurs in der Schule könnte dazu beitragen, die finanzielle Bildung der Schüler unabhängig von ihrem Hintergrund zu verbessern und sie auf die Herausforderungen des Erwachsenenlebens vorzubereiten.

Stimmst du zu, dass Finanzen, Verträge & Steuern in die Lehrpläne gehören? Was hättest du gerne noch in der Schule über Finanzen gelernt? Ist es realistisch, dass Lehrer, die sich im Laufe ihres Berufslebens nur selten fortbilden, aktuelle Erkenntnisse aus der Finanzbranche praxisnah vermitteln? Oder sollten das lieber freiwillige Initiativen (z.B. von Unternehmen) übernehmen, obwohl das ggf. weniger neutral ist?

9 Replies to “Was ich in der Schule gerne über Finanzen und Geld gelernt hätte // Gastbeitrag meiner Schwester”

  1. In Zeiten, in denen Glaubenssätze wie „über Geld spricht man nicht“ noch in den Köpfen vieler Eltern fest verankert sind, kann sich die Schule meiner Meinung nach nicht so einfach aus der Verantwortung argumentieren. Schon gar nicht, wenn es parallel dazu Aufklärungsunterricht gibt. Man hat also einerseits erkannt, dass zu Hause nicht alle Informationen vermittelt werden aber andererseits sucht man sich aus, was dann im Lehrplan behandelt wird…

    1. Das finde ich einen guten Vergleich! Und leider muss man wohl auch sagen, dass viele Eltern über Geld & Finanzen selbst kaum etwas wissen (wohingegen die meisten Eltern zumindest ein Grundverständnis davon haben, wie man Kinder zeugt 😉

  2. Hallo, ein etwas provokanter Einwurf:
    Ein Lehrplan enthält nicht nur Fertigkeiten und Themen, die man im späteren /sonstigen Leben braucht, sondern primär die Fertigkeiten (lesen, schreiben, rechnen, Umgang mit Medien), mit denen man sich später das Wissen, das man braucht, suchen und aneignen kann.
    Selber lesen macht schlau. Den Vater machen / gegenlesen / anlegen lassen, nicht.

    1. Naja, wenn das wirklich so wäre, könnte man sich einen Großteil des Unterrichts sparen. In Geschichte haben ich (leider) nicht nur Quellenarbeit gelernt, sondern auch viel langweiliges Faktenbüffeln. In Bio oder Physik (eins meiner Lieblingsfächer in der Schule) hat man leider auch kaum praktische Fähigkeiten erlernt, da Versuchsaufbauten/Experimente für die ganze Klasse immer sehr aufwändig waren. Was ich in Chemie in der Schule hätte lernen sollen/können, habe ich überhaupt erst im späteren Physikstudium verstanden. In der Schule war Chemie für mich nur eine wirre Aneinanderreihung von Fakten.
      Wenn man also sowieso nicht bei diesem Idealbild von Schule ist, schadet es sicherlich nicht, ein paar Fakten über die Romantik als Epoche durch Finanzwissen zu ersetzen, oder?

  3. Ja das hast du schon recht.
    Die Schule kann man wirklich in vielen Themen vergessen. Aber was soll man von Lehrern erwarten die ihr Gehalt vom Staat bekommt und nur Schule kennen.

  4. Ich finde es super schade dass man viel von dem Stoff, den man in der Schule lernt, später nicht mehr nutzen kann. Es werden auch Techniken und Methoden vermittelt, klar, genau wie man lernt, sich selbst Wissen anzueignen. Aber daneben wird eben vieles nur auswendig gelernt, was man anschließend wieder vergisst. Ein paar mehr Inhalte mit Praxisbezug, gerade zum Thema Sparen und Umgang mit Geld, wären sinnvoll und wichtig.

  5. Ich gebe Chris recht. Man lernt in der Schule (idealerweise), sich diese Informationen selber rauszusuchen und zu filtern.
    Das ist meiner Meinung nach auch die sinnvollste Methode beim Thema Geld.
    Woher sollen denn die Lehrer kommen die dieses neue Unterrichtsfach unterrichten? Oder nimmt man dann einfach einen Mathelehrer weil der sich ja mit Prozentrechnung auskennt?
    Außerdem ist gerade das Steuerrecht ein Rechtsgebiet, dass sich wahnsinnig schnell ändert. Zu dem Zeitpunkt an dem die Schüler dann ins Erwerbsleben starten wären die vermittelten Informationen dann schon wieder veraltet.
    Ganz zu schweigen davon, dass eine Steuererklärung für Selbstständige eine völlig andere Angelegenheit ist als eine Steuererklärung für Angestellte.

    Mich wundert manchmal, dass unsere Kinder den ganzen Tag im Internet sind aber nicht im Traum auf die Idee kommen solche Sachen zu googeln wenn es sie doch so interessiert.

    1. Allein das Verständnis zu vermitteln, warum eine Steuererklärung eigentlich immer Sinn ergibt, nämlich, weil man als Arbeitnehmer quasi eine Lohnsteuervorauszahlung leistet, könnte man völlig unabhängig vom aktuellen Steuerrecht auch in der Schule ansprechen. Oder auch, warum Werbungskosten so heißen (unabhängig davon, was aktuell gerade als solche angesetzt werden kann). Meiner Meinung nach gibt es da schon eine Menge Themen, mit denen man locker ein Vierteljahr Politik-Wirtschafts-Unterricht füllen könnte. Ich habe allerdings auch meine Zweifel daran, ob genug Powi-Lehrer das auch ausreichend gut vermitteln können. Bringt ja auch nichts, wenn Jugendliche dann in der Schule etwas über die Vorteile von Bausparverträge und Sparbüchern lernen…

      1. Es gibt ja inzwischen Banken und Versicherungen die sich, als externe Anbieter, in die Schulen schleichen wollen um dort genau diese Art Unterricht abzuhalten. Ob es sinnvoll ist das privatwirtschaftlichen Unternehmen in die Hand zu geben, die einfach nur zukünftige Kundschaft aquirieren wollen, ist fraglich.

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