Hast du Schulden? // Mit Kredit zum Homo Oeconomicus
Bisher besitze ich nur einen einzigen Kredit über 1.000€. Mit dem verdiene ich allerdings sogar Geld, statt Zinsen bezahlen zu müssen. Doch jetzt werde ich einen Kredit über 40.000€ für ein neues Auto aufnehmen – obwohl ich das Auto auch ohne Kredit bezahlen könnte. Klingt unlogisch? Ist aber höchst rational.
Meine bisherige Kredithistorie
Die Anfänge der Negativzinsen
0% Finanzierungen gibt es schon lange, z.B. beim Kauf von Elektrogeräten oder Matratzen. Im Januar 2016 wurde von der Santander Bank erstmalig ein zinsloser Ratenkredit (begrenzt auf 1.000€ und 12 Monate Laufzeit) zur freien Verfügung, also ohne Verknüpfung zu einem bestimmten Einkauf, angeboten. Da ich wissen wollte, ob das wirklich funktioniert und damals für ein neues Bett gespart habe, habe ich diesen als Kredit getarnten Marketing-Gag beantragt und tatsächlich ausgezahlt bekommen. So konnte ich mir das neue Bett ein paar Monate früher kaufen als ursprünglich geplant. Ich wusste, dass ich mir den Kauf des Betts leisten konnte. Es hätte nur ein bisschen länger gedauert, die Summe anzusparen. Daher fand ich es okay, einen Kredit aufzunehmen. Die Rückzahlung von 83€ im Monat passte locker in mein Budget.
Zinsunterbietungswettbewerb
Im Frühjahr 2018 lieferten sich die beiden Kreditvergleichsportale Check24 und Smava eine regelrechte Marketingschlacht. Sie überboten sich tagelang gegenseitig bei den angebotenen Negativzinsen, was darin endete, dass man tatsächlich einen 1.000€ Kredit mit -5% Zinsen abschließen konnte.
Und das habe ich damals gemacht. Erneut eigentlich im Kern, weil ich neugierig war, ob ich den Kredit tatsächlich bekommen würde. Die tausend Euro flossen in unser Urlaubsbudget für eine (halbe) Weltreise. Zurückzahlen musste ich ca. 81€ pro Monat, insgesamt genau 927,49€. Die restlichen 72,51€ hat Check24 für mich übernommen. Tatsächlich hat das Vergleichsportal sogar deutlich mehr gezahlt, denn die hinter dem Kredit stehende SWK-Bank verlangte für jeden dieser Kredite tatsächlich 2,72% Zinsen. Mir konnte das egal sein.
Da geht noch mehr…
Im März dieses Jahres warb das Kreditvergleichsportale Smava wieder einmal mit einem Negativkredit. Diesmal konnte man ganze -13% Zinsen bekommen! Als inzwischen geübter Negativzinsausnutzer habe ich auch diesen Kredit wieder abgeschlossen und muss nun insgesamt 915,74€ zurückzahlen. Da der gesamte Antragsprozess volldigital ablief und insgesamt ca. 15 Minuten gedauert hat, empfinde ich diese 84,26€ als leicht verdientes Geld. Zum Vergleich: Für 1.000€ Festgeld mit einer Laufzeit von 12 Monaten bekommt man aktuell nur maximal 1% Zinsen innerhalb Europas. Mal schauen, was es in den nächsten Jahren noch alles an verrückten Angeboten geben wird!
Warum gibt es solche Angebote überhaupt?
Cross-Selling an die Kreditnehmer
Mit diesen negativ verzinsten Lock-Angeboten kommen die Kreditvergleichsportale und Banken an die Kontaktdaten von potentiellen Kunden. Wer den Kredit abschließt, bekommt Werbung für andere Produkte oder weitere Kredite ins Haus. Die Santander Bank hat mir damals mit fast schon komödiantischer Regelmäßigkeit genau einmal im Moment den gleichen Werbebrief mit jedes Mal identischen Konditionen geschickt: Wie wäre es mit einem „Santander BestCredit“ über 3.000€ mit 24 Monaten Laufzeit zu 2,49%? Ich kann es heute noch im Schlaf zitieren, da es wirklich jedes Mal das genau gleiche Angebot war. Nur die glücklich lächelnden Kreditnehmer auf den Stockphotos des Werbebriefs waren jeden Monat neu 😉
Up-Selling der Nicht-Kreditnehmer
Wer keine ausreichende Bonität für diese speziellen Kredite mit Marketing-Konditionen besitzt, bekommt direkt Alternativangebote angezeigt. Diese Alternativen verlangen dann natürlich doch Zinsen und zwar teilweise hohe. Daher stehen diese Lock-Angebote der Kreditgeber auch immer wieder in der Kritik.
Die Kritik ist teilweise auch berechtigt, teilweise finde ich sie aber auch überzogen. Denn dafür, dass mir eine Bank quasi Geld schenkt, bin ich gerne bereit, ein paar Werbebriefe zu bekommen. Ob ich die beworbenen Alternativen annehme, ist immer noch meine Entscheidung. Oft suggeriert Kreditwerbung, es sei eine gute Idee, sich seine Träume auf Pump zu finanzieren. Einen Kredit aufzunehmen für etwas, was man sich eigentlich gar nicht leisten kann, ist allerdings meist eine sehr schlechte Idee.
Gute Schulden, schlechte Schulden
Viele Finanzblogs schreiben über den Unterschied von guten Schulden und schlechten Schulden. Als gute Schulden werde solche Kredite definiert, mit denen man in etwas investiert, was später mehr Geld bringt oder zumindest nicht weniger wert ist. Der neue Fernseher oder das Auto auf Pump sind schlechte Schulden, denn diese Käufe gehen irgendwann kaputt und haben dann einen Wert von (fast) Null. BAFöG, Studienkredite, Weiterbildungen („Investiere in dich selbst!“) und Immobilienkredite werden als gute Kredite definiert. Meist findet sich unter dem Artikel dann gleich ein Link auf ein kostenpflichtiges eBook, Webinar oder Coaching des jeweiligen Bloggers. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
Im Prinzip ist die Überlegung aber nicht falsch: Einen Kredit aufzunehmen, um damit später mehr Geld zu erwirtschaften, ist eine gute Idee. Den Kauf eines Gegenstands, der unweigerlich irgendwann wertlos wird, mit einem Kredit zu finanzieren, ist keine gute Idee. Und trotzdem halte ich meinen gerade beantragten Autokredit für eine durchaus rationale Entscheidung.
Alles neu macht der … Oktober
Da ich in der Stadt wohne und arbeite, besitze ich aktuell kein Auto. Ab Oktober muss ich allerdings eine deutlich längere Strecke zur Arbeit pendeln, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gut abgedeckt ist. Natürlich hätte ich mir dafür einfach irgendeinen alten, billigen Gebrauchtwagen kaufen können. Allerdings wollte ich mir bewusst mehr Luxus gönnen. Es bringt mir ja auch nichts, wenn ich zwar wenig ausgebe und mehr spare, mich dafür aber jeden Morgen erst einmal wieder über meine alte Rostlaube ärgern muss. Neben der ganz praktischen Anforderung, dass Christoph auch bequem in das Auto passen sollte (was bei 2 Meter Körpergröße nicht bei allen Autos garantiert ist), habe ich für mich persönlich auch die Anforderung aufgestellt, dass ich nur ein vergleichsweise emissionsarmes Gefährt kaufen möchte.
So ist meine Wahl auf einen etwa ein Jahr alten Plug-in Hybrid gefallen, den ich bei meinem Arbeitgeber kostenlos aufladen kann. Dass nicht alle Plug-in Hybride wirklich eine gute Umweltbilanz haben, ist mir durchaus bewusst. Für mein Fahrprofil, nämlich kurze Strecken auf überwiegend auf 120 km/h begrenzten Autobahnen (leider oft mit Pendler-Stau), halte ich das Auto allerdings für eine gute Wahl. Ich denke, dass ich auf einen hohen elektrischen Fahranteil kommen werde und somit die Vorteile eines Hybriden ausnutzen kann.
Autokauf per Kredit oder „in bar“?
Das Auto hat einen Kaufpreis von ca. 40.000€. Durch den sich etwas hinziehenden Umbau meines Depots habe ich fast diese Summe gerade (zufällig) nicht investiert, sondern auf dem Verrechnungskonto geparkt. Ich könnte das Auto also direkt bezahlen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Das Fahrzeug gehört sofort vollständig mir und ich muss keine Zinsen für einen Autokredit zahlen. Doch natürlich hätte diese Zahlweise auch einen entscheidenden Nachteil: Das Geld ist weg und kann daher nicht investiert werden und somit keine Rendite erwirtschaften. Ich habe mich gefragt: Lohnt es sich daher doch, einen Kredit aufzunehmen, trotz der Zinsen, die ich für die Dienstleistung „Geld leihen“ an die Bank zahlen muss?
Konditionenvergleich mit Kreditvergleichsportal
Durch meine bisherigen Null- und Negativzinskredite kenne ich die beiden Kreditvergleichsportale Check24 und Smava bereits recht gut. Mir persönlich gefällt das Design bzw. die Menüführung von Smava etwas besser und auch den Kundenservice hatte ich bisher (wenn auch wenig genutzt) als leicht besser empfunden. Daher habe ich meine Recherche dort begonnen und im Internetrechner meine Daten zu Einkommen und bestehenden Krediten eingegeben und dann verschiedene Kreditbeträge und Laufzeiten verglichen.
Plötzlich klingelt mein Telefon und ein Kreditberater von Smava ist mit mir nochmal alle Angaben durchgegangen und hat mir die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt und vorgerechnet. Ich war echt erstaunt, wie hilfreich dieser Service war. Natürlich ist es etwas komisch, wenn einen plötzlich jemand einfach so anruft (bestimmt hat man vorher irgendwo in den AGB zugestimmt, dass die das dürfen). Aber die kompetente Beratung hat mir tatsächlich weitergeholfen. Ich schwöre, das ist hier keine Schleichwerbung für Smava! Ich war nur wirklich zufrieden mit der Beratung. Folgendes habe ich gelernt:
- Ich kann entweder einen Kredit zur freien Verfügung aufnehmen oder einen speziellen Autokredit.
- Die besten Konditionen für einen Kredit zur freien Verfügung (bei mir: 2,79% p.a.) liegen in der Regel oberhalb derer für einen Autokredit, da das Auto für die Bank eine Sicherheit darstellt.
- Bei manchen Banken muss man daher auch seinen Fahrzeugbrief an die Bank geben bis der Kredit abbezahlt ist.
- Bei Autokrediten gibt es zwei Arten von Finanzierung: Die Vollfinanzierung oder den sogenannten Ballonkredit.
- Ein Ballonkredit besteht aus geringeren monatlichen Raten und einer großen Schlussrate, in der Regel ca. 30% des Kaufpreises.
- Die besten Konditionen gab es in meinem speziellen Fall allerdings bei der Vollfinanzierung:
- Option A: Eine Bank bietet 2,49% p.a. mit einer Laufzeit von 84 Monaten (das sind ganze 7 Jahre)
- Option B: Eine andere Bank bietet 2,59% p.a. bei einer Laufzeit von wahlweise 7 oder 8 Jahren. Der Zinssatz ist hier zwar etwas höher, dafür darf ich meinen Fahrzeugbrief behalten. Der Smava Kreditberater ergänzte, dass die Kreditbearbeitung bei dieser Bank im Vergleich zum günstigsten Anbieter etwas schneller ablaufe und mit weniger Papierkram möglich sei
Zusammenfassend sind dies meine Optionen:
Option A | Option B.1 | Option B.2 | |
Laufzeit in Monaten | 84 | 84 | 96 |
Zinssatz p.a. | 2,49% | 2,59% | 2,59% |
Monatliche Rate | 519€ | 520€ | 461€ |
Gesamtzinsen über die Laufzeit | 3.582€ | 3.733€ | 4.278€ |
Taschenrechner raus und los!
Mit diesem Wissen um meine Kreditoptionen gerüstet, habe ich einen Zinsrechner angeworfen und verschiedene Dinge ausgerechnet. Lohnt es sich mehr, einmal am Anfang 40.000€ anzulegen und danach monatlich meine normale Sparrate minus die Kreditrate? Oder ist es besser, mit 0€ Anfangskapital zu starten und dafür Monat für Monat eine höhere Sparrate investieren zu können?
Das Ergebnis hat mich selbst überrascht: Wenn ich eine Rendite von 5% p.a. annehme, habe ich am Ende der 8 Jahre fast 5.000€ mehr Vermögen, wenn ich den Kredit aufnehme (bei den Krediten mit 7 Jahren Laufzeit wären es gut 4.000€). Und das, obwohl ich der Bank in diesem Zeitraum ca. 3.500-4.300€ Gebühren (in Form von Zinsen) zahle, damit sie mir das Geld leiht. Das ist durch die geringere Sparrate ja bereits berücksichtigt.
Welche Mindestrendite ist nötig?
Wie viel mehr Vermögen am Ende tatsächlich da ist, hängt natürlich stark von der angenommenen jährlichen Rendite ab. Daher habe ich auch den Break-Even-Point berechnet, also die durchschnittliche Rendite, die ich über die Laufzeit pro Jahr mindestens erreichen muss, damit es sich lohnt, den Kredit aufzunehmen. Tatsächlich liegt dieser Punkt bei recht niedrigen 2,577% p.a.
Zum Vergleich: Würde ich mein Geld als (relativ risikoloses) Festgeld über 7 oder 8 Jahre anlegen, bekäme ich laut dem Vergleichsportal Weltsparen aktuell 1,4% p.a. Den laut Check24 aktuell besten Festgeld-Zins von 1,54% p.a. könnte ich mir immerhin für die kommenden fünf Jahre sichern. Dass ein Investment in Wertpapiere ungefähr einen Prozentpunkt bessere Rendite bringt als Festgeld ist meiner Meinung nach eine eher konservative Annahme. Denn im langfristigen Mittel bringen Aktieninvestments eher um die 7% p.a. vor Steuern und Inflation.
Eine lohnenswerte Wette?
Natürlich ist jedes Investment mit einem Risiko behaftet. Die durchschnittliche jährliche Rendite ist keinesfalls garantiert. Es wird Jahre geben, wo die Rendite hoch ist und andere Jahre, wo sie auch negativ sein kann. Langfristig gesehen, also auf ca. 15-Jahres-Sicht, war ein Investment in ein breit gestreutes Aktienportfolio allerdings bisher immer eine lohnenswerte Sache. Beispiel DAX: Nur in einem einzigen 15-Jahres-Zeitraum, nämlich von 1999 bis 2014, zeigt das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts eine Rendite (2,3 % p.a.) unterhalb des oben berechneten Break-Even-Points von 2,577% p.a.
Das ist ein Risiko, das ich bereit bin einzugehen. Allerdings kann man meine Situation auf keinen Fall auf andere übertragen. Meine Sparrate sinkt durch die monatlichen Kreditraten von derzeit ca. 60% meines Einkommens auf weiterhin über 50%. Das ist eine Luxussituation, in der sich die meisten Kreditnehmer nicht befinden. Und daher empfehle ich mein Vorgehen auch tatsächlich niemandem zur Nachahmung! Wer einen Kredit aufnimmt, sollte immer sicher sein, dass sie den Kredit auch langfristig bedienen kann, z.B. auch bei plötzlicher Arbeitslosigkeit, längerer Krankheit oder der Trennung vom Partner, mit dem man vielleicht die Miete teilt.
Herz vs. Verstand
Auch wenn die Faktenlage relativ klar ist und das Risiko kalkulierbar erscheint, habe ich doch einige Zeit hin und her überlegt, ob ich den Autokredit tatsächlich aufnehmen möchte. Denn was rational richtig ist, kann sich emotional trotzdem falsch anfühlen. Wenn z.B. das Auto innerhalb der Kreditlaufzeit kaputt geht, dann zahle ich (zumindest gefühlt) weiterhin ein Auto ab, was ich zu diesem Zeitpunkt dann gar nicht mehr hätte! Das würde sich wahrscheinlich merkwürdig anfühlen. Die Deutsche in mir möchte keine Schulden haben, sondern lieber alles sofort abbezahlen. Das ist ein kleiner innerer Konflikt.
Homo Oeconomicus
Ein Bekannter, der auch Volkswirtschaftslehre studiert hat, empfahl mir, diese Abwägung zwischen rationalen und emotionalen Gründen als ein „Training auf dem Weg zum Homo Oeconomicus“ zu sehen. Zwar habe ich nicht vor, ein rein egoistischer „Nutzenmaximierer“ zu werden. So wird das Homo Oeconomicus-Konzept aus der VWL nämlich gerne dargestellt. In Wirklichkeit geht es hier allerdings um ein Denkmodell, indem die Annahme gilt, dass der Mensch stets genau so handelt, wie es ihm am meisten Nutzen bringt. Dabei kann Altruismus, Engagement für andere und das eigene psychologische Wohlbefinden durchaus Teil der persönlichen „Nutzenfunktion“ sein, die es zu maximieren gilt. Geld ist ja nun wirklich nicht alles im Leben.
Meine Nutzenfunktion
In meiner persönlichen Nutzenfunktion spielt der Spaß daran, mit einem Kredit quasi Geld verdienen zu können (bzw. in diesem Fall zumindest die Chance darauf zu haben), sicherlich eine große Rolle. Ich finde diese Rechenspiele spannend und beschäftige mich gerne mit der Mathematik dahinter. Daher werde ich die monatlichen Kreditraten umdeuten und versuchen, sie mental/emotional vom Autokauf zu trennen. Ob mir das vollständig gelingen wird, berichte ich gerne später einmal!
Rationalität und Bauchgefühl
Trotz aller Rechnerei und Rationalität sollte man sein Bauchgefühl nie komplett ignorieren. Ich habe mich bewusst gegen den günstigsten Zins und für eine Bank als Kreditgeber entschieden, deren Konditionen mir viel Flexibilität einräumen. Denn bei Check24 gäbe es tatsächlich noch einen günstigeren Kredit als die beiden oben genannten, die ich bei Smava gefunden habe: Bei nur 2,39% p.a. bietet dieses Sonderangebot allerdings im Gegensatz zu den anderen nicht die Möglichkeit, den Kredit ohne Zusatzkosten vor Ende der Laufzeit vollständig zurück zu bezahlen. Auch die Höhe von Sondertilgungen ist durch eine komplizierte Formel begrenzt.
Und wer weiß denn schon, was in den nächsten 8 Jahren so alles passiert? Daher bin ich bereit, einen etwas höheren Zinssatz zu zahlen und mir dafür die volle Flexibilität zu erhalten, jederzeit sondertilgen zu können. Bei der kreditgebenden Bank bin ich bereits seit Jahren Kunde und habe daher ein gutes Bauchgefühl. Und das ist eine Menge wert.
Wie hättest du dich in meiner Situation entschieden – für oder gegen den Kredit? Wie ist deine Einstellung zu Schulden? Welchen Stellenwert räumst du deinem Bauchgefühl bei Finanzentscheidungen ein?
PS: Ich möchte noch einmal explizit betonen, dass ich strikt davon abrate, Wertpapiere auf Kredit zu kaufen.
Danke für den interessanten Gedankengang und deine Vergleichsrechnungen! Ich persönlich hätte mich dennoch gegen den Kredit entschieden. 😉
In deiner Rechnung sprichst du „Risiko“ zwar an, aber ich glaube, ich hätte das noch etwas expliziter berücksichtigt. Denn das Nicht-Zahlen-Müssen von Kreditzinsen ist aus meiner Sicht eine „garantierte“ Rendite. Daher kann man die 2,39% Kreditzinsen auch nur mit einem ähnlich risikoarmen Anlageprodukt vergleichen – also zum Beispiel mit dem 7-Jahre Festgeld, das du erwähnt hast. Und wie du schreibst, kommt man in der Risikoklasse nicht auf solche Renditen. Was du also tust, ist mit einem Aktienanteil das Risiko zu erhöhen, dadurch kann man die Renditen aber nicht mehr fair vergleichen.
Gleichzeitig hast du eine Sparquote, wo du dir dieses leicht erhöhte Risiko durchaus leisten kannst, daher finde ich deine Entscheidung valide. Nur als reiner „Homo Oeconomicus“ würde man die Renditen meiner Meinung nach risikobereinigt vergleichen, und von meiner persönlichen Warte aus spricht das dann gegen einen solchen Kredit.
Auch wenn man in solchen Dingen nicht immer einer Meinung ist (das Herz spricht mit!), ist es wichtig, dass man selbst von seiner Strategie überzeugt ist, und so ist es ja auch gut, dass sich Menschen unterschiedlich entscheiden.
In jedem Fall wünsche ich dir viel Spaß mit dem Wagen! Wenn man es bewusst tut – so wie du – soll man sich den Luxus meiner Meinung auch wirklich gönnen dürfen!
Hallo Florian,
danke für deinen Kommentar! Da hast du auf jeden Fall Recht, dass „gar keine Zinsen zahlen“ von der Risikoklasse her eher auf dem Level von Festgeld ist. Und bei diesen italienischen Banken, die solche hohen Festgeldzinsen überhaupt anbieten, bin ich mir auch nicht wirklich sicher, ob das Risiko tatsächlich so niedrig ist…
Für mich ist der Autokredit eine gute Möglichkeit, durch moderat erhöhtes Risiko mehr Rendite zu generieren. Denn ich hätte die Summe so oder so in Wertpapiere investiert und nie in Festgeld angelegt. Auf andere Situationen (und Personen) kann man das natürlich nicht übertragen. Ich stimme dir da auf jeden Fall zu: man muss sich am Ende mit seiner Entscheidung wohlfühlen!
Viele Grüße
Jenni
40k für so eine Karre? Mein Beileid. Bei der gesamten Berechnung vergisst du zu berechnen, was die Reparatur eines Protzautos und die Teile mehr kostet. Ein Dacia Duster oder Dokker ist bequem, bietet Kopf- und Beinfreiheit, die Reparaturen in der Freien sind günstiger, du hast gleich ein Familienauto, es ist weit wertstabiler und er kostet neu (!) unter 15.000€. Du kaufst dir ein gebrauchtes Protzmobil für den mehrfachen Preis mit weniger Gewährleistung und einigen km auf dem Tacho. Wo ist da bitte schön der von dir angeführte Ökonomisch denkende Mensch?
Hallo Jan,
du hast vollkommen Recht, dass die Folgekosten eines teuren Autos höher sind als die eines billigen. Das spielt allerdings für die von mir beleuchtete Frage, ob ein Autokredit oder der reine Barkauf finanziell gesehen die bessere Wahl ist, keine Rolle. Denn diese Frage ist komplett unabhängig vom Kaufpreis des Autos/Kredithöhe.
Ich habe mir im Kaufprozess viele verschiedene Autos angeschaut und auch zur Probe gefahren. Ein Dacia Duster kommt für mich schon auf Grund der CO2-Werte von deutlich über 100g/km nicht in Frage. Wäre für mich nur der Preis das einzige relevante Auswahlkriterium, hätte ich mir einen 10+ Jahre alten VW Polo oder Toyota Yaris für einen Zehntel des Preises kaufen können. Aber ich habe eben noch andere Anforderungen an das Auto als nur das möglichst billigste zu finden.
Bevor du andere Leute im Internet für ihre Entscheidung abkanzelst, solltest du dir meiner Meinung nach klar machen, dass du gar nicht weißt, was für sie persönlich eigentlich wichtig ist. Um in der Sprache der Ökonomen zu bleiben: kennst du meine Nutzenfunktion wirklich?
Die von dir angeführte Familientauglichkeit ist zum Beispiel für mich persönlich absolut irrelevant. Der CO2-Ausstoß ist es nicht. Statussymbole sind mir egal. Ein Auto, in dem ich die Freisprecheinrichtung auch auf der Autobahn nutzen kann, verbessert meine Lebensqualität dauerhaft. Du kannst ruhig davon ausgehen, dass ich für mich die richtige Entscheidung getroffen habe. Für andere sind sicherlich andere Kriterien beim Autokauf wichtig. Ich würde mir hier nie ein allgemeingültiges Urteil anmaßen.
Viele Grüße
Jenni
Ich würde den Kredit über 2,5%/a nicht mit einem zeitgleichen Aktieninvest vergleichen. Das ist sicherer Minuszins vs. Spekulation.
Ich finde den Vergleich mit einer sicheren Geldanlage deutlich passender und hier wüsste ich nicht, wie und wo man mit 40.000 Euro derzeit garantiert 2,5%/a nach Steuern bekommen kann.
Wenn also das Depot eine sichere Komponente enthalten soll würde ich vom Autokredit abraten, denn unterm Strich ist es dann ein Minusgeschäft. Hat das Depot eine 100% Risikoquote ist es unterm Strich ein Risikoinvest auf Kredit. Kann man natürlich schon machen, ist halt dann ein Hebel.
Einen Plug-In Hybriden als einziges Auto zu kaufen halte ich aktuell grundsätzlich schon für klug, sofern man auch daheim eine „Steckdose“ zum laden hat, um möglichst hohe Elektrifizierungsquoten zu erreichen.
Hi Cepha,
im luftleeren Raum ist es natürlich richtig, dass man einen garantiert (negativen) Kreditzins mit einem möglichen (positiven) Garantiezins vergleichen sollte. Da gewinnt der Kredit nie, sonst würden Banken etwas falsch machen.
Allerdings entspricht das nicht der Situation, in der ich für diese Entscheidung war. Denn ich hatte die Wahl zwischen A) einem Autokauf in Bar von Geld, das ansonsten sicher in mein Aktiendepot geflossen wäre und B) einem Autokauf auf Kredit mit Investment der gleichen Summe wie ursprünglich geplant in Aktien.
Das Auto nicht kaufen war für mich keine Option und das Geld nicht in Aktien investieren war auch nie eine Option. Daher muss man meiner Meinung nach in meiner speziellen Situation genau diese beiden Dinge vergleichen:
sichere (negative) Kreditzinsen und dafür unsichere (positive) Rendite durch ein Investment in Wertpapiere als Einmalage, dafür zukünftig um Kreditrate verringerte Sparrate vs die Opportunitätskosten von sicher keine sonst erwartbare Wertpapier-Rendite per Einmalanlage (Geld ist ja durch den Autokauf in bar weg und kann nicht mehr investiert werden), dafür zukünftig monatlich höhere Sparrate (es muss ja kein Kredit abbezahlt werden).
Ich hätte das Geld nie mit Tagesgeld/Festgeld angelegt, daher ist das aus meiner Sicht kein sinnvoller Vergleich. Aber das muss man natürlich vorher festlegen, in welcher Risikoklasse das Geld investiert werden soll.
Viele Grüße
Jenni
Ich hätte wahrscheinlich eine schnellere Rückzahlung vereinbart – aber auch das eher aus dem Bauchgefühl heraus.
Ich frage mich, ob der pünktlich bediente Autokredit nicht den Schufa-Score und damit einen späteren Immobilienkredit sogar positiv beeinflusst.
Die primäre Sparfrage ist hier nicht: Kredit oder kein Kredit. Die primäre Sparfrage ist hier: Muß man 40 Mille in ein Auto stecken? Das ist natürlich allein Deine Entscheidung, aber Lifestyle-Inflation ist das schon. Ein Jahr länger zur finanziellen Unabhängigkeit.
Ich habe neulich mal meinen ersten Ratenkauf getätigt, nämlich für ein Handy. Ich wollte mir genau dieses (Einsteiger-)Handy kaufen (also keinne Lifestyle Inflation), da sagt mir der Verkäufer: „Wenn Sie es zu 0% Zins in Raten kaufen, ist das Gerät 30 Euro billiger.“ Wie jetzt? Das war am Ende dann tatsächlich so. Die finanziernde Bank wollte mich wohl an den Haken kriegen, das hat dann aber nicht geklappt. Ich hingegen habe den Kaufpreis des Handies minus 30 Euro in 6 Monatsraten abgestottert 🙂
Ansonsten: Kann man machen, den Konsum mit Kredit zu finanzieren, damit man das Geld anlegen kann. Diese Wette kann aufgehen, die kann aber auch danebengehen. Ich habe das mal gemacht (in einem Umfang, daß ich den Verlust noch verkraften konnte), und diese Rechnung ist dann auch danebengegangen, weil mich unversehens die Finanzkrise angesprungen hat. Schön war das nicht, und ich habe nichts dafür bekommen. Du hast dafür wenigstens eine schöne Blechkiste bekommen, des Deutschen liebstes Kind.
Da in der Finanzblogger-Szene auch viele Frugalisten unterwegs sind, bin ich den Gegenwind hinsichtlich meiner Auto-Entscheidung schon gewohnt 🙂 Ich werde (wenn nicht gerade Corona ist) mit dem Auto viel unterwegs sein, hauptsächlich auf Autobahnen. Da sind der Lenk-, Spurwechsel- und Geschwindigkeitsassistent wirklich Gold wert. So entspannt wie mit diesem Auto war Autofahren noch nie. Kein Auto war auf Grund des Jobs keine Option. Also hätte ich mich höchstens für ein möglichst altes, günstiges entscheiden können. Der Unterschied zwischen einer solchen „Klapperkiste“ und meinem jetzigen Auto ist aber sicherlich nicht „ein Jahr länger zur finanziellen Unabhängigkeit“. Wenn das so leicht wäre 😉 Und die paar Monate also, die mich diese Lifestyle-Entscheidung „zurückwirft“ (ich sehe das nicht so, aber spiele hier mal Teufels Anwalt), die ist mir das zusätzliche Lebensglück im Kleinen, sowie die höhere Sicherheit eines bis an die Oberlippe mit Assistenzsystemen bewaffneten modernen Autos auf jeden Fall wert. Nur weil etwas billig ist, ist es nicht unbedingt besser, wenn man FIRE nicht rein finanziell versteht.
Hi, Jenni. Kleiner Zahlendreher (oder clickbait?) 🙂
Check24 zahlt 72,51€, nicht 27,51€.
LG, S
Danke für den Hinweis auf den Zahlendreher! 72,51€ ist tatsächlich richtig. Ich habe die Zahl oben im Artikel korrigiert.