Wirst du durch FIRE einsam? // Soziale Kontakte in der RE-Zeit
Ich möchte mit 45 Jahren in Rente gehen. Mit diesem Plan bin ich ein ziemlicher Außenseiter. Fast alle anderen Menschen, die ich kenne, werden mit 45 Jahren weiterhin jeden Tag zur Arbeit gehen (weil sie wollen oder müssen). Mein Tagesablauf wird sich also stark von anderen unterscheiden. Während meine Kollegen, Bekannten und Freunde weiterhin von 8 oder 9 Uhr morgens bis mindestens 16 oder 17 Uhr bei der Arbeit sind, bin ich zuhause und kann meinen Tag komplett frei gestalten.
Wer ist tagsüber noch zuhause?
Natürlich bin ich als „extremer Frührentner“ nicht der einzige Mensch, der tagsüber nicht bei der Arbeit ist. Die ganzen „echten“ Rentner und andere Frührentner müssen ja auch nicht mehr zur Arbeit. Dazu kommen noch Hausfrauen (und -männer), die ihre Kinder betreuen und die freie Zeit, wenn die Kinder in der Schule sind, dazu nutzen, Erledigungen abzuhaken oder einfach mal etwas Zeit für sich selbst zu haben. In der sogenannten „Kernarbeitszeit“ (also morgens zwischen 9 und 12) trifft man beim Einkaufen, bei Ämtern oder Freizeitaktivitäten auch auf Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, „Normalos“, die gerade Urlaub haben und Arbeitslose.
Dazu kommen zu unterschiedlichen Zeiten noch Teilzeitarbeitnehmer und natürlich Schüler und Studenten, die man hauptsächlich ab Mittag vermehrt antrifft. Moment, ist der Klischee-Student mittags überhaupt schon aufgestanden? 😉
Was auffällt: mit kaum einer dieser Gruppen habe ich heute viel zu tun. Mein heutiger Freundeskreis besteht zum aller größten Teil aus Menschen, die jetzt und später Vollzeit arbeiten werden. Da stellt sich natürlich die Frage: Wird dir dann nicht langweilig, wenn all deine Freunde dann weiterhin arbeiten?
Erhöhte Flexibilität?
Wenn man nicht mehr arbeitet, sollte man rein logisch eigentlich erst einmal mehr unverplante Zeit haben. Man könnte also annehmen, dass ich dann spontaner sein kann und mich flexibler auf die (Zeit-)pläne meiner Freunde einstellen kann, um diese zu treffen. So kann ich mich z.B. für die Mittagspause zum Essen mit Freunden verabreden oder auch für ein After-Work-Event – ohne dabei von eigenen Arbeitsterminen und -meetings aufgehalten oder unter Stress in der Zeitplanung gesetzt zu werden.
Heißt das, dass ich in der RE-Zeit alle Zeit der Welt habe und komplett flexibel bin? Nehme ich meine Eltern als Maßstab (die ich jetzt einfach mal als „Rentner“ definieren würde), stimmt das nicht unbedingt so. Denn wer aufhört zu arbeiten, sitzt ja nicht zuhause herum und wartet darauf, sich nach den Plänen seiner (arbeitenden) Freunde richten zu können. Stattdessen macht man eigene Pläne und entwickelt seinen eigenen Tagesablauf bzw. Wochenplan. Eine gewisse Struktur brauchen die meisten Menschen wahrscheinlich in ihrem Leben.
Neue Freunde durch neue Freizeit-Aktivitäten
Zurück an die Uni
Wie ich mir meine RE-Zeit vorstelle, habe ich schon in einem separaten Post erzählt. Ich liebe es, Neues zu lernen. Daher freue ich mich darauf, viel Zeit (zurück) an der Uni verbringen zu können. Es gibt an jeder Universität eine Menge spannender Vorlesungen, Seminare und Vorträge zu den verschiedensten Themen. Die meisten Unis bieten nicht nur ein umfangreiches Veranstaltungsverzeichnis für ihre Studenten an, sondern meist auch eine große Auswahl an Vorträgen, die vom Detailgrad für ein breites Publikum gedacht sind. Manche Unis bieten sogar ein explizites Seniorenstudium an!
Ich habe zwar eigentlich keine Lust auf die Prüfungen und das Lernen für die Prüfungen, aber andererseits kenne ich mich auch: Ohne (externen) Druck werde ich keine Motivation haben! Ich habe ja viel Zeit, um herauszufinden, was für mich der ideale „Modus Operandi“ für meine Uni-Rückkehr sein wird.
Das Durchschnittsalter für Studenten in Deutschland ist ca. 25 Jahre. Die meisten fangen direkt nach dem Abitur mit ca. 18 Jahren an zu studieren. Ich wäre also ungefähr doppelt so alt wie die meisten meiner Mit-Vorlesungsbesucher!
Wenn ich also durch die Vorlesungen und Vorträge, im Unisport oder anderen Uni-Gruppen neue Leute kennenlerne, dann werden die mit großer Sicherheit jünger sein als ich. Ich glaube, dass es immer gut ist, viel Zeit mit jungen Menschen zu verbringen. So bleibt man up to date, was neue technologische Entwicklungen angeht und wird dauernd mit neuen Impulsen und Ideen konfrontiert. Das hilft auch dem Gehirn dabei, jung und fit zu bleiben.
Bin ich dann eine von diesen „peinlichen alten Leuten“, die versuchen, die aktuelle Jugendsprache zu verwenden, um dazuzugehören und sich dabei nur blamieren? Ich hoffe doch nicht! Da ich mehrere deutlich jüngere Geschwister habe, komme ich mit ein bisschen familiärem Support hoffentlich nicht so schnell in die Situation, der „Oldie“ zu sein, der nichts mehr checkt. Immerhin bin ich schon heute die einzige in meinem gleichaltrigen Freundeskreis, die weiß, was TikTok ist und eine grobe Idee hat, wie die App funktioniert. Es sind die kleinen Dinge 😉
Ich freue mich darauf, durch die Universitätsveranstaltungen und den Kontakt zu jungen Menschen ständig Neues lernen zu können und neue Impulse für mein Leben zu erhalten. Ich bin davon überzeugt, dass das nicht nur gut für meinen Kopf, sondern auch für meine allgemeine Gesundheit ist.
Etablierte Engagierte
Im Durchschnitt engagieren sich 65- bis 74-Jährige ca. 5 Stunden pro Woche freiwillig. Damit sind sie die engagierteste Altersgruppe im Vergleich.
Auch ich möchte die zusätzliche Zeit, die ich hinzugewinne, sobald ich FIRE erreicht habe und aufhören kann zu arbeiten, dazu nutzen, mich deutlich mehr ehrenamtlich zu engagieren als heute. Statistisch gesehen werde ich dabei also vor allen Dingen auf andere Ehrenamtliche treffen, die deutlich älter sind als ich.
Auch darauf freue ich mich. Denn einerseits habe ich so die Chance, mit meinen Fähigkeiten und Kenntnissen einen echten Unterschied machen zu können im Ehrenamt. Wenn eine Organisation z.B. einen Webmaster oder einen Social Media Koordinator braucht, oder z.B. jemanden, der sich um den Nachwuchs kümmert, dann bin ich quasi allein schon auf Grund meines vergleichsweise jungen Alters wahrscheinlich gut qualifiziert, diese Aufgaben zu übernehmen.
Andererseits kann ich gleichzeitig von der Lebenserfahrung der Älteren profitieren, insbesondere wenn es um die Herausforderungen beim Wechsel von der Arbeits- in die Rentenphase geht.
Soziale Kontakte in allen Altersgruppen
Während die meisten Menschen am Anfang ihres Lebens hauptsächlich Freunde im gleichen Alter haben, z.B. Klassenkameraden oder Kommilitonen von der Uni, wird der Freundes- und Bekanntenkreis später meist ein wenig diverser, da man bei der Arbeit oder Hobbys auch Personen trifft, die etwas älter oder jünger sind als man selbst. Trotzdem beobachte ich die Tendenz, dass die meisten sich eher mit Menschen umgeben, die in einer ähnlichen Lebensphase sind (und damit auch oft ähnlich alt sind), z. B. kennen Studenten hauptsächlich andere Studenten und Eltern hauptsächlich andere Eltern.
Gehe ich in Rente, dann sind die anderen Menschen, die in einer ähnlichen Lebensphase sind wie ich, mindestens 15 Jahre älter als ich. Gleichzeitig treffe ich, wenn ich an der Uni bin, hauptsächlich auf Menschen, die mindestens 15 Jahre jünger sind als ich. Das stelle ich mir sehr spannend vor, einen echt diversen Freundes- und Bekanntenkreis zu haben. So hat man einen Einblick in verschiedene Lebensmodelle und eine breite Palette an Meinungen auf Basis von unterschiedlich viel Lebenserfahrung. Hoffentlich kann ich davon auch für mein eigenes Leben und Denken profitieren.
Wie sieht dein Freundes- und Bekanntenkreis aus? Sind die meisten deiner Freunde in deinem Alter? Oder hast du auch deutlich jüngere oder deutlich ältere Freunde? Glaubst du, ich werde es schaffen, mich als Mittvierziger bei den jungen Studenten nicht zu blamieren?