Wie kannst du eine 4-Tage-Woche beantragen? // Brückenteilzeit bei leitenden Angestellten
Kurz nach Weihnachten 2022 saß ich mit meinen Freundinnen gemütlich beim Frühstück zusammen & wir quatschen über dies und das. Die Gastgeberin musste zwischendrin kurz weg, weil sie nur zu diesem Termin ein Haus besichtigen konnte, das sie kaufen wollte. Sie kam zurück und hatte sich entschieden, es zu kaufen. Wir haben mit ihr auf diesen großen Meilenstein angestoßen und redeten alle über unsere Träume & Träumereien.
Was ich damals sagte?
Mein Traum ist es, dass ich in spätestens 5 Jahren nur noch 4 Tage die Woche arbeite.
Warum nicht?
Eine Freundin aus der Runde fragte mich:
Was hält dich davon ab, es jetzt schon zu tun?
Wie ich auch in meinem Blogartikel zu diesem Thema 2021 geschrieben habe, konnte ich mir damals nicht vorstellen, meinen Job gut in Teilzeit ausfüllen zu können. Zusätzlich machte ich mir auch viel zu viele Gedanken darüber, ob so ein Arbeitszeitmodell in der Firma überhaupt akzeptiert würde – explizit von der Personalabteilung & implizit von meinen Kollegen. Doch zu meinen eigenen Hürden im Kopf komme ich später. Damals sprachen für mich ganz faktisch-sachlogische Gründe dagegen, aber ich hatte die leise Hoffnung, dass ich in den kommenden 5 Jahren daran etwas ändern können würde.
Was hat sich geändert?
Mir persönlich ist es sehr wichtig, gute Arbeit zu leisten und 100% zu geben. Damals war ich für „mein“ Thema quasi Einzelkämpferin im Unternehmen ohne direkte Kollegen oder Team. War ich nicht da, z.B. durch Urlaub oder Krankheit, blieb alles liegen und staute sich auf.
Während der ersten 2 Jahre meiner Tätigkeit im Unternehmen hatte ich das Netzwerk für „mein“ Thema recht gut aufgebaut. Ich konnte einige Erfolge erzielen, aber die Geschwindigkeit als Einzelperson war natürlich nicht besonders hoch. Ich engagierte mich daher intern für weitere, zusätzliche Stellen in meinem Team. Im Laufe des Jahres 2023 hat das nach einigen organisatorischen Veränderungen auch geklappt:
- Zuerst wechselte ich Anfang 2023 (mit dem gleichen Job / Aufgabenfeld) in eine neu gegründete Organisationseinheit, um dort mein neues Team aufbauen zu können.
- Nachdem ich mein erstes Teammitglied einstellen konnte, bekam ich Mitte 2023 nochmal einen neuen Chef (und bald schon wieder eine neue Führungskraft, die 4. in 4 Jahren)
- Im Laufe der vergangenen 18 Monate konnte ich trotz all dieser Veränderungen Stück für Stück mein Team aufbauen.
Inzwischen habe ich fünf Mitarbeitende im Team, die mir richtig viel dabei helfen, dass „unsere“ Themen jetzt noch besser und schneller voran gehen. Nicht jede Aufgabe, die auf meinem Tisch landet, muss ich alleine durchdenken und bearbeiten. Wenn ich im Urlaub bin, gibt es jetzt mehrere Menschen, die mich vertreten können. Meine Mitarbeitenden bringen wertvolle Expertise ein, die ich gar nicht besitze. Da die Arbeit inzwischen auf mehrere Schultern verteilt ist, befinde ich mich heute in einer anderen Situation als 2021/2022.
Neubewertung der Situation
Fast zwei Jahre nach dem Weihnachtsfrühstück kann ich daher jetzt verkünden: mein Traum von der 4-Tage-Woche wird ab 1.1.2025 wahr! Ich kann mir auf Grund der neuen Situation bei der Arbeit, mit anderen Kolleginnen & Kollegen in meiner Organisationseinheit und meinem klasse Team inzwischen gut vorstellen, weiterhin einen guten Job zu machen, auch wenn ich einen Tag weniger die Woche arbeite.
Innerer Zweifler: Ob das wirklich klappt?
Meine Sorge war und bleibt, dass ich bei einer 4-Tage-Woche trotz geringerem Gehalt gleich viel Arbeit in eine kürze Zeit quetschen muss und somit gestresster bin als vorher. Auf Grund dieser Bedenken habe ich mich für eine Umorganisation meiner Arbeitsstunden innerhalb der Woche sowie für ein spezielles Teilzeitmodell entschieden: die Brückenteilzeit. Damit probiere ich die 4-Tage-Woche zunächst für die nächsten drei Jahre für mich aus.
Wen die rechtlichen Hintergründe zur Brückenteilzeit weniger interessieren, kann hier direkt zum Bericht über meinen persönlichen Teilzeitantrag springen.
Was ist Brückenteilzeit?
Brückenteilzeit ist eine auf ein bis fünf Jahre begrenzte Form der Teilzeit. Nach dem Ende des beantragten Zeitraums arbeitest du automatisch wieder Vollzeit.
Was ist der Hintergrund dieser Form der Teilzeit?
Ursprünglich hat der Gesetzgeber diese Form der Teilzeit eingeführt, um Menschen vor der sogenannten „Teilzeitfalle“ zu schützen. Reduzierst du deine Arbeitszeit, gibt es nämlich bei der „normalen“ Form der Teilzeit kein Recht, irgendwann wieder auf eine Vollzeitstelle aufzustocken.
Gerade Mütter, die auf Grund der Betreuung von kleinen Kindern häufig ihre Arbeitszeit reduzieren möchten, waren damit darauf angewiesen, dass ihr Arbeitgeber ihnen später, wenn die Kinder z.B. größer & eingeschult sind, erlaubt, zu einer Vollzeitstelle zurückzukehren. Wenn es einem Unternehmen wirtschaftlich nicht gut geht oder persönliche Differenzen im Team existieren, konnte es daher vorkommen, dass eine Teilzeitkraft eigentlich wieder mehr arbeiten möchte, aber nicht darf.
Ist jemand so in der „Teilzeitfalle“ gefangen, hat dies ungeplante negative Auswirkungen auf die eigene Altersvorsorge. In dieser Situation hilft dann nur der Wechsel zu einem komplett neuen (Vollzeit-)Arbeitgeber oder ein zusätzlicher Nebenjob, um die finanzielle Lücke zu schließen.
Wie verteilt sich die Arbeitszeit bei Teilzeit auf die Wochentage?
In einem Teilzeitantrag darf der Arbeitnehmer dem Unternehmen vorschlagen, wie sich die reduzierte Arbeitszeit zeitlich verteilen soll. Du kannst also vorschlagen, deine 60% Teilzeit gleichmäßig auf alle 5 Tage zu verteilen (z.B. arbeiten von 7 Uhr bis 12 Uhr) oder z.B. nur an 3 von 5 Tagen dann jeweils den ganzen Arbeitstag zu arbeiten.
Sofern die jeweiligen Vorgaben zur Mindestanzahl der Mitarbeitenden im Unternehmen erfüllt sind (mindestens 15 Mitarbeitende bzw. 45 bei Brückenteilzeit), kann der Arbeitgeber einen Teilzeitantrag und die vorgeschlagene Verteilung der Arbeitszeit nur dann ablehnen, wenn besondere betriebliche Gründe dagegen sprechen.
Wann darf ein Teilzeitantrag abgelehnt werden?
Eine Ablehnung aus betrieblichen Gründen wäre z.B. gerechtfertigt, wenn jemand in der Nachmittagsbetreuung von Schulkindern arbeitet, die von 12-17 Uhr geöffnet ist und dann einen Teilzeitantrag stellt, mit dem Vorschlag, ab jetzt jeden Tag von 7-12 Uhr arbeiten zu wollen, also außerhalb der Öffnungszeiten. Das ist bei diesem krassen Beispiel offensichtlich nicht sinnvoll. Diesem Argument sind allerdings enge Grenzen gesetzt.
Ich habe in meiner Recherche einen Fall gefunden, bei dem die initiale Ablehnung des Teilzeitantrags von einem Gericht für ungültig erklärt wurde. Der Arbeitgeber – ein Teppichgeschäft mit Öffnungszeiten von 9 – 19 Uhr von Montag bis Samstag – konnte sich nicht darauf berufen, dass alle Mitarbeitenden in Vollzeit arbeiten müssen, damit „die Kunden auch bei Rückfragen immer den gleichen Ansprechpartner in der entsprechenden Abteilung treffen“. Bei 10 Stunden Öffnungszeit an 6 Tagen kann bei einer gesetzlichen Höchstarbeitszeit von 48h die Woche (und in diesem Fall 37,5h-Vollzeitverträgen bei allen Mitarbeitenden) sowieso nicht immer sichergestellt sein, dass der Kunde egal zu welcher Uhrzeit und an welchem Tag den gleichen Ansprechpartner trifft. Somit wurde der Teilzeitantrag nach dem Rechtsstreit schlussendlich genehmigt, da die vorgebrachten betrieblichen Gründe dagegen vom Gericht als nicht ausreichend angesehen wurden.
Können auch Führungskräfte und leitende Angestellte in Teilzeit arbeiten?
Für mich persönlich stellte sich bei meiner Recherche zum Thema Teilzeit zusätzlich die Frage, ob für Führungskräfte bzw. leitende Angestellte andere Regeln gelten.
Führungskräfte, die keine leitenden Angestellten sind, haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Arbeitnehmer. Es ist vielleicht heutzutage noch etwas ungewöhnlich, sich eine Führungsposition mit einer anderen Person zu teilen („Top-Sharing“) oder als Führungskraft Teilzeit zu arbeiten. Prinzipiell gelten aber auch für Führungskräfte bei der Beantragung von Teilzeit genau die gleichen Regeln.
Ein bisschen komplizierter wird es, wenn es um leitende Angestellte geht: Als leitende Angestellte bin ich nach §18 des Arbeitszeitgesetzes explizit von diesem Arbeitszeitgesetz ausgenommen. Das heißt, dass die Höchstarbeitszeit von 10h pro Tag bzw. 48h pro Woche für mich nicht gilt. Dementsprechend ist in meinem Arbeitsvertrag auch gar keine konkrete Arbeitszeit vereinbart. Gleichzeitig sagt §6 des Teilzeitgesetzes, dass Arbeitgeber auch Arbeitnehmern in leitenden Positionen Teilzeitarbeit ermöglichen sollen.
Welche Arbeitszeit wird bei leitenden Angestellten ohne festgelegte Arbeitszeit für die Berechnung des Teilzeitanteils zu Grund gelegt?
Es gibt zu dieser Frage im Internet nur sehr wenige Informationen. Wahrscheinlich, weil nur sehr wenige leitende Angestellte in Teilzeit arbeiten. Ich habe aber dann doch noch einen Fall gefunden, der vor Gericht gelandet war und bei dem entschieden wurde, dass auch für leitende Angestellte die „betriebsübliche Arbeitszeit“ als ausschlaggebend angesetzt werden soll. Nicht-Leitende in meinem Unternehmen arbeiten laut ihren Arbeitsverträgen bei einer Vollzeitstelle 38h pro Woche. Dementsprechend habe ich meinen Teilzeitantrag ausgehend von einer betriebsüblichen wöchentlichen Vollzeitarbeitszeit von 38h eingereicht, auch wenn es sicherlich Wochen gibt, in denen ich mehr arbeite (ohne ein Anrecht auf Überstundenausgleich zu haben).
Mein Brückenteilzeitantrag
Mein Antrag sieht eine Reduktion der Arbeitszeit auf 94,7% vor, nämlich von 38h Vollzeit auf 36h Teilzeit. Diese 36h habe ich auf 4 Tage mit jeweils 9h umverteilt und habe somit Freitags frei.
Auswirkung der Teilzeit auf mein Gehalt
Dementsprechend werde ich auch 94,7% meines Gehalts verdienen – dachte ich… Als ich den genehmigten Antrag vor mir hatte und auf das dort genannte ab Januar gültige neue Bruttogehalt schaute, dachte ich zuerst, die Personalabteilung hätte einen Fehler gemacht. Denn im Vergleich zum Augustgehalt, das kurz vor dem Antrag auf meinem Konto eingegangen war, würde ich ab Januar trotz 4-Tage-Woche nur etwa 150€ weniger Netto auf dem Konto haben. So wenig Unterschied – das konnte doch gar nicht sein, oder?!
Ich rechnete alles 3 Mal nach bis mir einfiel, dass es im September eine Tariferhöhung gibt, die vor Ewigkeiten von der Gewerkschaft verhandelt worden war und von meinem Arbeitgeber netterweise auch für uns leitende Angestellte auf freiwilliger Basis umgesetzt wird. Das neue 4-Tage-Woche-Gehalt wird korrekterweise anteilig vom dann gültigen erhöhten Gehalt berechnet.
Ich konnte mein Glück kaum fassen! Einen Tag mehr frei für nur 150€ weniger Geld auf dem Konto. Obwohl das eigentlich mit Glück wirklich nichts zu tun hat, sondern nur mit meiner eigenen Vergesslichkeit bzgl. der Gehaltserhöhung. Aber freust du dich nicht auch, wenn du Anfang November einen 10-Euro-Schein in deiner eingemotteten Winterjacke wiederfindest? 😉
Arbeitest du mit diesem Modell nicht mehr statt weniger?
Tatsächlich werde ich an den 4 Tagen, an denen ich arbeite, mehr arbeiten, was mir aber meiner Einschätzung nach nicht schwer fallen wird. Ich bin absolut Typ „Nachteule“ und laufe so gegen 15/16 Uhr erst zu Höchstleistungen auf. Da ich keine Hobbys habe, die einen festen Termin unter der Woche erfordern (wie z.B. eine Mannschaftssportart oder einen Chor), macht es mir nichts aus, unter der Woche eine Stunde länger zu arbeiten. Natürlich ist es meine Verantwortung darauf zu achten, dass daraus nicht 2h werden und ich auch tatsächlich 5% weniger arbeite. Ich glaube aber, dass die meisten, die einen Bürojob haben, mir sofort zustimmen werden, dass es ohne Probleme möglich sein sollte, einfach 5% effizienter zu arbeiten 😉
Ich werde irgendwann nach Januar berichten, wie mir das Ganze gelingt! Falls es gar nicht klappt, kehre ich nach 3 Jahren automatisch wieder zur 5-Tage-Woche & zum Vollzeit-Gehalt zurück. Allerdings ist diese automatische Rückkehr natürlich auch ein Nachteil der Brückenteilzeit: Falls mir das Modell gefällt, kann ich es nicht verlängern. Einen neuen Teilzeitantrag darf man laut Gesetz erst nach einer Wartezeit von mindestens 12 Monaten stellen.
Was machst du mit deinem zusätzlichen freien Tag in der Woche?
Das ist sicherlich die Frage, die mir bisher am häufigsten gestellt wurde. Einen konkreten Plan habe ich tatsächlich noch nicht, d.h. ich nehme den Tag nicht frei „um“ etwas bestimmtes zu machen. Ich habe allerdings schon viele Pläne, wie ich meiner Vision vom Leben durch den zusätzlichen Tag Freizeit näher kommen kann. Auch hierzu werde ich später mal ein Zwischenupdate geben, was ich mit der zusätzlichen Zeit dann angestellt habe.
Innerer Schweinehund oder eher innerer Angsthase
Ich hatte in der Einleitung schon angedeutet, dass ich mir vor dem offiziellen Einreichen des Antrags wirklich viel zu viele Gedanken gemacht hatte dazu. Wie beschrieben gab es in der Vergangenheit praktische Gründe, die für mich gegen eine 4-Tage-Woche sprachen. Doch diese haben sich durch die organisatorischen Veränderungen in meinem Umfeld inzwischen weitestgehend erledigt. Daher rückte mein Traum aus dem Unterbewusstsein weiter vorne ins Bewusstsein – brachte von dort, aus dem Unterbewusstsein, aber leider auch eine ganze Menge mentalen Ballast mit nach vorne in meinen Kopf.
Ich möchte gerne mit euch teilen, welche Gedanken ich mir im Vorfeld gemacht habe. Um vorweg schon einmal zu spoilern: absolut nichts davon hat sich bisher bewahrheitet! Das heißt, alle diese Hürden & Gegenargumente, die ich im inneren Monolog erstmal überwinden musste, haben sich als völlig sinnlos herausgestellt. Eine gute und wichtige Lektion für’s Leben: einfach machen, mutig sein, nicht zu viele Bedenken ausdenken.
Mein inneres Team: Leider eher destruktiv
In einem internen Training sollten wir Teilnehmer vor einigen Monate die Übung „Inneres Team“ ausprobieren. Dazu sollte ich eine Situation durchdenken, bei der ich ein (möglichst innovatives) Projekt im beruflichen Kontext starten möchte; das Projekt aber noch nicht begonnen habe. Da mir auf die Schnelle nichts aus dem echten beruflichen Kontext einfiel, nutzte ich diese Übung im Training, um mein inneres Team zum Thema 4-Tage-Woche besser kennenzulernen. Die Übung hat mir unglaublich geholfen, das Wirrwarr in meinem Kopf zu dem Thema besser zu ordnen & war tatsächlich ein wichtiger Auslöser für meinen nächsten Schritt.
Wie funktioniert die Übung „inneres Team“?
Bei der Übung schreibt man alle Gedanken auf, die einem zu einem bestimmten Thema in den Sinn kommen und benennt sie. Zuerst notiert & benamt man die ersten & lautesten Gedanken, dann auch die leiseren Stimmen.
Mein inneres Team zur Vier-Tage-Woche sah so aus:
- Der erste Gedanke kam von der Sehnsüchtigen: „Das würde dein Leben so viel besser machen!“
- Der lauteste Gedanke kam jedoch von der Ängstlichen: „Was werden die anderen denken? Welchen Einfluss hat das auf dich?“
- Auf Basis alle der vorherigen Internetrecherchen meinte die Rationale dagegen: „Es ist dein gutes Recht als Arbeitnehmer!“
- Die Angepasste warf ein: „Wie gehst du mit dem Neid um? Andere können sich Teilzeit finanziell gar nicht leisten.“
- Die Loyale ergänzte: „Ich möchte es meinem Chef nicht antun, sich darum kümmern zu müssen“. Sie ging davon aus, dass es bestimmt Gegenwind aus der Personalabteilung geben würde und dass die Personalabteilung dann meiner Führungskraft auf irgendeine (unkonkrete) Art mehr Arbeit machen oder es seinem Ruf schaden könnte, was die Loyale ihm gegenüber nicht wollte.
- Die Mutige warf ein: „Trau dich!“
- Die Praktikerin fragte nach: „Wie genau beantrage ich das eigentlich am besten und bei wem?“
- Am leisesten meldet sich mein innerer Antreiber: „Du wärst Pionierin und Vorbild für viele andere im Unternehmen“
Wie du siehst enthält mein inneres Team viele destruktive Stimmen. Es ist geprägt von (vermuteten) gesellschaftlichen Normen & unkonkreten Sorgen, die ich nicht einmal genau benennen kann. Warum genau sollte z.B. irgendjemand meine Führungskraft unter Druck setzen? Das ist doch Quatsch.
Die Übung hat mir vor Augen geführt, wie lächerlich viele der negativen Gedanken sind und mich gleichzeitig bestärkt, meinen positiven Gedanken mehr Kraft zu verleihen. Ganz konkret habe ich direkt am Tag nach dem Training auf die Praktikerin gehört und im Intranet meines Unternehmens das richtige Antragsformular herausgesucht und ausgefüllt.
Tu es!
Nachdem ich mir noch einmal vom „Permission Bot“ des YouTubers struthless Mut habe zusprechen lassen, habe ich mein Halbjahresgespräch mit meiner Führungskraft genutzt, um ihm den Antrag vorzulegen.
Ich hatte vorher keine konkrete Vorstellung, wie er reagieren würde. Zwar ging ich nicht davon aus, dass er den Antrag ablehnen würde. Aber so richtig konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass er dem ganzen enthusiastisch zustimmen würde. Ich hatte mir viele Sätze zurechtgelegt, mit denen ich mich bei kritischen Rückfragen hätte rechtfertigen können.
Tatsächlich war seine Reaktion aber eher eine Nicht-Reaktion. Seine einzige Frage war tatsächlich: „Okay, muss ich irgendetwas tun?“. Nein, außer einer Unterschrift war tatsächlich für ihn nichts zu tun außer mir am Ende den nach 2,5 Wochen genehmigten Antrag wieder zu übergeben / per Mail weiterzuleiten. Mein Unternehmen ist da etwas altmodisch, sodass Antworten auf jegliche bei Personal eingereichte Anträge immer an die jeweilige Führungskraft erfolgen statt direkt zurück an die Mitarbeitenden. Das habe ich selbst bei meinem Team auch schon erlebt, ist also der normale Weg. Die Bedenken der Loyalen in meinem inneren Team waren also komplett unbegründet.
Sei mutig!
An dem Tag, also die positive Rückantwort bei mir eintraf, diskutierte ich mit meinem Team gerade über das Thema Mut. Wir stellten fest, dass es schwierig ist, als Team den Wert „mutig“ zu definieren, da Mut etwas total individuelles ist. Was dem einen leicht fällt und daher keinerlei Mut erfordert, fällt jemand anderem schwer und erfordert für ihn daher einiges an Mut. Von außen ist das schwer zu beurteilen und daher auch fast unmöglich, als Team jemanden in seinem Mut zu bestärken – außer er oder sie teilt offen die eigenen Bedenken und den Wunsch nach Mut-zusprechen.
Wir haben daher als Team beschlossen, auf freiwilliger Basis Situationen zu teilen, die uns in der Vergangenheit oder Gegenwart Mut gekostet haben, um uns so besser kennenzulernen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann jemandem etwas Zuspruch gut tun würde.
Ich habe mich dann spontan entschieden, mein inneres Team zur 4-Tage-Woche mit meinem echten Team zu teilen. Denn die Entscheidung, den Antrag dazu einzureichen, hat für mich definitiv Mut erfordert. Auch wenn es schlussendlich sinnlos war, sich Gedanken zu machen, heißt das ja leider nicht, dass es deswegen im Moment selbst keinen Mut erfordert hat.
Vorbild mit 4-Tage-Woche?
Bisher hat jeder, dem ich von meiner Entscheidung erzählt habe, sehr positiv darauf reagiert. Ein Kollege meinte sogar, ich hätte ihm da jetzt einen Floh ins Ohr gesetzt. Das freut mich total, denn mein innerer Antreiber ist tatsächlich, dass möglichst viele Menschen einen entspannten Umgang mit ihrer Arbeit lernen bzw. sich trauen, diese Einstellung vollständig zu leben.
Klar, finanzielle Freiheit bzw. ein großes finanzielles Polster hilft ungemein, sich nicht zu viele Gedanken über die eigene Jobsicherheit oder die weitere Karriere zu machen. Aber wenn ich mir einige Kollegen anschaue, die weit oben auf der Karriereleiter stehen, dann ist Geld bei ihnen schon lange nicht mehr das zentrale Motiv ihres Handelns. Stattdessen geht es um Macht, Einfluss & Anerkennung.
Auch ich kann mich davon nicht komplett frei machen, dass sieht man ja an der Ängstlichen & der Angepassten in meinem inneren Team. Daher bin ich umso glücklicher, diesen Schritt jetzt gegangen zu sein und freue mich ungemein auf den 1.1.2025, wenn meine 4-Tage-Woche beginnt.
Relaxen werde ich aber wohl erstmal nicht an meinem neuen freien Freitag, denn ich werde auf jeden Fall erst einmal mehr als genug zu tun haben mit einem neuen privaten Projekt, das in gewisser Weise auch eine Neubewertung einer früheren Entscheidung darstellt – doch dazu ein anderes Mal mehr.
Arbeitest du in Vollzeit oder Teilzeit? Hast du schon einmal durchgerechnet, wie sich eine 4-Tage-Woche finanziell auf dein Nettogehalt auswirken würde? Hast du andere Träume, die du schon lange mit dir herumschleppst? Wie sieht dein inneres Team zu diesem Traum aus? Überwiegen die positiven Stimmen oder die destruktiven Gedanken?
Super Plan!!
Gratuliere 🙂
Ich bin überrascht, worüber du dir alles Sorgen und Gedanken machst. Bei mir ging es mit der 4-Tage-Woche Anfang diesen Monat los. Meine Gedanken davor gingen eher in die Richtung, ob ich auf dem Weg zur finanziellen Freiheit mir das „Gas herausnehmen“ selbst schon genehmigen möchte. Da der Vermögensaufbau aber schon recht weit ist, spielt das „Sparen“ nicht mehr so die große Rolle. Weiter Vollgas wäre einfach nicht rational vor mir selbst begründbar ( du weißt ja, Arbeit=“Geld gegen Lebenszeit tauschen“…, Zeit wird immer knapper und ist nicht wieder rein zu holen)
Bin auch Führungskraft mit Familie.
Grüße und alles Gute
Thomas
Ja, VIEL zu viele unnötige Gedanken! An meiner Sparrate werde ich tatsächlich einfach festhalten, daher war der finanzielle Aspekt bei mir gar nicht im Gedankenkarussell dabei. Berichte gerne mal, wie es bei dir klappt. Ich drücke uns die Daumen, dass wir tatsächlich unser Mehr an Freizeit genießen können.
Erst mal herzlichen Glückwunsch zu dieser Entscheidung! Neider wirst du mit Sicherheit viele haben, das bedeutet aber nur, dass du etwas mutig und richtig gemacht hast!
Die Angepasste und die Ängstliche wären auch meine lautesten Stimmen – die Einwände hätten genauso auch aus meinem Kopf kommen können. Dabei ist mir eigentlich bewusst, dass sich andere um die Dinge, die mich nachts wach halten, oft gar keinen Kopf machen. Mit dem richtigen finanziellen und sozialen Rückhalt kann man auch so manche Entscheidung treffen, vor der andere gar nicht stehen können. Bei mir wird es eher mal das Thema Altersteilzeit werden. Aber noch kann ich mir nicht vorstellen, was das innere Team da an Ideen und Argumenten hervorbringen wird. Hab ja noch ein paar (viele) Jahre 😄
Super interessanter Artikel! Die Idee der Brückenteilzeit für leitende Angestellte klingt nach einer tollen Möglichkeit, um sich eine 4-Tage-Woche zu ermöglichen, ohne langfristig an Teilzeit gebunden zu sein. Besonders spannend finde ich, wie du mit den inneren Zweifeln umgegangen bist – solche gedanklichen Hürden kennt man doch nur zu gut. Ich bin gespannt, wie sich das Modell langfristig bei dir bewährt und ob es für dich das richtige ist. Viel Erfolg!
Danke!
Servus, ich habe auch ewig gehadert mit der Reduzierung und kenn das auch von anderen. Ich habe von 40 Stunden auf derzeit 35 reduziert. Sagen wir mal, ich bereue es nicht. Habe ja noch mein Nebengewerbe, wo ich auch immer noch Zeit investiere. Der Vorteil ist einfach auch mehr Flexibilität.
Gruß
Andy
Hallo Andy,
hast du die 5h an einem bestimmten Tag abgezogen oder bist du da flexibel und verteilst deine Wochenstunden einfach wie es erforderlich ist? Ich freue mich sehr auf den freien Tag, denn eine bloße Reduzierung von Stunden hätte bei mir nicht geklappt (ich habe als leitende Angestellte auch gar keine Zeiterfassung, das würde also nicht funktionieren)
Viele Grüße
Jenni
Hallo Jenni,
ich habe das dynamisch gemacht. Hat Vor- und Nachteile. Man ist flexibler, ich mache dann halt mal Nachmittag bei schönem Wetter frei oder gleich nen Tag.
Nachteil ist, halt, dass es doch immer ein wenig mit Argwohn (und Kommentaren) gesehen wird, bzw. Abstimmung bedarf. Da ist ein freier Tag verbindlicher. Da haste dann frei, jeder weiß es und fertig.
Ohne Zeiterfassung würde das nicht funktionieren, da stimme ich Dir zu.
Gruß
Andy