Warum zahlen manche ausländische Banken so hohe Zinsen? // Verlockende Zinsportale

Lesezeit: 13 Minuten

In meinem Artikel über Inflation hatte ich einige Zahlenbeispiele eingebaut, die zeigen, wie unser Geld durch Inflation im Laufe der Zeit immer weniger wert wird. Mit dem Hundert-Euro-Schein, den man sich 40 Jahre unter das Kopfkissen legt, kann man sich bei 2% Inflationsrate pro Jahr später dann nur noch Waren im Wert von 45 Euro kaufen. Jetzt hebt natürlich niemand so lange Geldscheine auf, außer vielleicht aus nostalgischen Gründen. Allein die Gefahr, den Schein bei einem Umzug zu verlieren, ist ziemlich groß – keine empfehlenswerte Strategie für die Altersvorsorge also 😉

Doch auch wenn sich mein Geld auf dem Girokonto befindet, ist das nur marginal besser. Das Geld geht dort zwar nicht so schnell verloren. Aber Zinsen, die dem Kaufkraftverlust durch die Inflation entgegenwirken, gibt es auf dem Girokonto auch nicht. Was gibt es für Alternativen?

Bevor ich in einem weiteren Artikel auf sinnvolle Wege eingehe, sein Geld vor der Inflation zu schützen, möchte ich zunächst noch auf einige Möglichkeiten eingehen, die Deutschen attraktiv, da „sicher“, erscheinen, aber leider keine echte Option darstellen. Denn sicher ist bei vielen Anlageformen heute nur eins: Dein Geld verliert im Zeitverlauf sicher an Kaufkraft.

Deutsche Klassiker: Goethe, Schiller, Sparbuch

Früher waren Sparbücher, sowie Tagesgeld- und Festgeldkonten eine gängige Art zu sparen. Auch heute noch sind diese Sparformen weiterhin sehr beliebt. 37% der Deutschen gaben in einer Statista-Umfrage 2020 an, dass sie aktuell mit Hilfe von Sparbüchern bzw. Festgeld sparen. 22% der Befragten nutzen ein Tagesgeldkonto zum Sparen. 40% haben sogar angegeben, dass sie ihr Girokonto zum Sparen nutzen. Die haben wohl noch nie von den Vorteilen eines Vielkontenmodells gehört…

Statistik
Quelle: Statista

Heute bekommt man für solche Sparanlagen in Deutschland gar keine oder nur noch so geringe Zinsen, dass die Inflation (in den allermeisten Jahren) nicht ausgeglichen wird. 2020 war die Inflationsrate mit 0,5% besonders niedrig. Das war vor allen Dingen auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Für März 2021 liegt die Inflationsrate allerdings schon wieder bei 1,7% und damit höher als alle auf den verschiedenen Zinsportalen momentan verfügbaren Tagesgeld- oder Festgeldangebote.

Bei einer deutschen Bank sind derzeit Zinsen von maximal 1% p.a. auf zehnjähriges Festgeld oder 0,15% p.a. auf Tagesgeld möglich. Wenn man überhaupt noch ein kostenloses Tagesgeld-Konto eröffnen darf

Tages- und Festgeld sind derzeit keine Option, um seine Kaufkraft zu erhalten

Selbst wenn ich bereit bin, mein Geld für unglaubliche 10 Jahre an eine Bank abzugeben, liegt das allerbeste derzeit verfügbare Angebot bei nur 1,5% Zinsen pro Jahr. Würde die Inflation bei 1,7% p.a. bleiben, was sogar noch etwas unter dem Schnitt der letzten 30 Jahre (1,8%) liegt, würde bei diesen Konditionen am Ende folgendes herauskommen: Aus 10.000 Euro Anlage sind nach 10 Jahren nominell 11.605 Euro geworden. Von diesem Betrag müsste man ggf. noch Kapitalertragssteuer und Soli abziehen, wenn der persönliche Freibetrag von 801 Euro bereits durch andere Anlagen aufgebraucht wäre.

Durch die Inflation kann ich mir von diesen 11.605 Euro in 10 Jahren allerdings nur noch Waren im Wert von 9.805 kaufen. Ich hätte also Kaufkraft von fast 200 Euro verloren, sodass der reale Zinssatz ca. -0,2% pro Jahr beträgt, wenn man in Kaufkraft rechnen würde. Zudem muss ich das Geld für 10 Jahre fest anlegen, verliere also eine ganze Menge Flexibilität. Wer lieber täglich auf sein Geld zugreifen möchte, bekommt aktuell maximal nominelle 0,2% p.a. Zinsen auf Tagesgeld. Diese „hohen“ Zinsen gibt es aber auch nur, wenn ich bereit bin, mein Geld außerhalb Deutschlands anzulegen.

Warum bieten ausländische Banken überhaupt deutlich höhere Zinsen?

Kurzer Exkurs, stark vereinfacht: Wie funktioniert eigentlich eine Bank?

Eine Bank braucht Geld, um es an Privat- und Firmenkunden in Form von Krediten verleihen zu können. Dieses Geld kann die Bank sich entweder über die Einlagen (Tages-, Festgeld) von Privatpersonen besorgen oder von institutionellen Investoren (über die Emission von Anleihen). Da die Bank die Zinsen, die sie für Kredite von ihren Kunden verlangt, höher setzen kann als jene, die sie auf Einlagen zahlt, kann die Bank so Geld verdienen bzw. ihre Kosten decken.

Für viele Banken ist es günstiger und schneller, Einlagen von Privatpersonen anzuwerben, statt sich das Geld von Investoren zu besorgen. Setze ich als Bank meinen Zinssatz für Festgeld hoch, kann ich über die heute weit verbreiteten Zinsportale innerhalb weniger Wochen recht viel Geld einsammeln. Die Emission einer neuen Anleihe für institutionelle Investoren erfordert hingegen meist einen recht langen Vorbereitungsprozess von mehreren Monaten. Möchte ich als Bank nur ein wenig mehr Geld einsammeln, lohnt sich dieser Prozess gar nicht.

Zudem schauen professionelle Investoren deutlich genauer hin als Privatanleger, bevor sie einer Bank ihr Geld geben. Zu Recht, denn gerät eine Bank in Schieflage, bekommen deren Gläubiger (die Anleihe-Investoren) ihr Geld gegebenenfalls nicht zurück. Privatpersonen sind da viel besser geschützt, denn ihre Einlagen unterliegen einem besonderen gesetzlichen Schutz. Dazu gleich mehr.

Warum finanzieren sich Banken nicht ausschließlich über die Einlagen von Privatpersonen?

Die Finanzierung des Kreditgeschäfts über die Einlagen von Privatpersonen hat allerdings auch Nachteile für die Bank. Zum einen ist der administrative Aufwand viel höher, da jede Privatperson jeweils nur eine kleine Menge Geld in die Kasse spült. All diese Kundenbeziehungen müssen angelegt und anschließend verwaltet werden. Mit einer einzigen Anleihe kann eine Bank direkt mehrere hundert Millionen Euro auf einmal aufnehmen, wenn sie will. Dafür muss man verdammt viele Kleinsparer mit ihren jeweils paar Tausend Euro Festgeld anwerben.

Zum anderen sind Einlagen von Privatpersonen auf Tagesgeldkonten, wie der Name schon sagt, täglich verfügbar. In einer Krise, egal, ob bei der Bank selbst, allgemein im Land, in dem die Bank ansässig ist oder sogar nur im Land, aus dem die Anleger kommen, können die Einlagen auf Tagesgeldkonten auch schnell wieder weg sein. Sowohl Festgeld mit langen Laufzeiten als auch Anleihen sind da deutlich planbarer und verlässlicher als Finanzierungsquelle für die Bank. Daher gibt es hier auch höhere Zinsen. Es kommt also immer darauf an, wie groß der Kapitalbedarf der Bank kurz-, mittel- und langfristig ist, welcher Weg zur Finanzierung der bessere bzw. günstigere für die Bank ist.

Höherer Zins = höheres Risiko

Risiko durch die Finanzsituation der Bank

Für viele der ausländischen Banken, die man auf den Zinsportalen findet, ist es deutlich günstiger, Einlagen von Privatpersonen anzuwerben statt auf institutionelle Investoren zu setzen. Gerade für Banken, die sich bereits in einer Schieflage befinden, gilt das im Besonderen. Ein bekanntes Beispiel ist hier die isländische Kaupthing-Bank, die 2008 pleite ging. Sie bot Sparern fast 6% Zinsen, während institutionelle Investoren nur für einen Zinssatz von 15% bereit waren, der Bank Geld zu geben. Privatanleger auf der Suche nach ein paar Euro mehr Zinsertrag schauen einfach nicht so genau hin wie die institutionellen Investoren, die für das höhere Risiko zu Recht auch höhere Zinszahlungen verlangen.

Als Laie kann ich das Risiko oft gar nicht wirklich bewerten, da mir die Fachkenntnisse und bei ausländischen Banken auch die Sprachkenntnisse fehlen, um mich z.B. mit dem Geschäftsbericht der ausländischen Bank auseinander zu setzen. Selbst wenn eine ausländische Fachzeitung bereits über mögliche Schwierigkeiten bei einer Bank geschrieben hätte, würde ich das in Deutschland vielleicht gar nicht mitbekommen. Es besteht also das Risiko, dass die Bank, der ich meine Einlagen im Gegenzug für vergleichsweise „hohe“ Zinsen zur Verfügung stelle, nicht solide genug wirtschaftet, um als Unternehmen zu bestehen.

Doch ein höherer Zinssatz ist nicht automatisch ein Zeichen dafür, dass eine Bank in einer schlechten wirtschaftlichen Verfassung ist. Da die Bank mit der Differenz zwischen Kreditzinsen, die sie verlangt, und Einlagezinsen, die sie bietet, Geld verdient, kann eine Bank dann höhere Einlagezinsen bieten, wenn sie auch höhere Kreditzinsen verlangen kann. Die Kreditzinsen hängen aber nicht von der wirtschaftlichen Lage der Bank, sondern von der wirtschaftlichen Situation der Kreditnehmer sowie vom Leitzins ab.

Risiko durch gesamtwirtschaftliche Situation oder das Geschäftsmodell der Bank

Befindet sich die gesamte Wirtschaft eines Landes in einer schwierigen Situation, kann eine Bank höhere Zinsen durchsetzen, um ihr Risiko abzusichern. Ebenso können Banken, die verstärkt in risikoreiche Branchen oder Kundensegmente investieren, höhere Kreditzinsen verlangen. Haben die Banken das Risiko der vergebenen Kredite richtig eingeschätzt, sollte in der Theorie rechnerisch eigentlich nicht mehr Marge übrig bleiben, die man an die Einlage-Kunden weitergeben könnte. Das ist aber nur theoretisch-mathematisch richtig. Denn je risikoreicher das Geschäft ist, für das Kredite vergeben werden, desto (überproportional) höher wird auch der Sicherheitsaufschlag, den die Banken von ihren Kreditkunden verlangen. Das kann man im Kleinen bei den „Ohne-Schufa“-Wucher-Kreditangeboten sehen, die manchmal an Straßenbahnhaltestellen in Bahnhofsnähe beworben werden.

Dementsprechend kann so eine Bank bei gleicher Gewinnmarge Sparern auch höhere Zinsen für Einlagen anbieten. Und muss es meist auch. Denn es besteht hier das Risiko, dass die Bank sich bei ihrer Risikoeinschätzung des Kreditportfolios vertan hat. Möglicherweise entwickelt sich die gesamtwirtschaftliche Situation durch plötzliche Krisen wie Corona anders als in den Kreditzinsen einkalkuliert.

Auch gesunde Banken mit vermeintlich guter wirtschaftlicher Situation können in solchen Krisen in Schieflage geraten. Und je risikoreicher die Kundensegmente, in die eine Bank investiert, desto größer ist vielleicht auch die Gefahr, dass die Bank sich bei der Risikobewertung verschätzt hat? Von außen / aus der Ferne ist es jedenfalls schwierig zu bewerten, ob eine Bank sich in diesen risikoreicheren Segmenten tatsächlich gut auskennt und die Kreditzinsen daher korrekt berechnet hat. Das ist allerdings kein Automatismus, da es durchaus Banken gibt, die in (etwas) risikoreicheren Kundensegmenten aktiv sind, aber sich dort auch sehr gut auskennen und daher keine „Sicherheitsprämie“ beim Einwerben von Einlagen zahlen müssen.

Zuletzt hat man solche eine Situation von massiv falsch eingeschätztem Risiko in der Finanzkrise 2008 gesehen. Hier sind sehr viele Banken gleichzeitig an den Rand des Zusammenbruchs gekommen (und einige, wie Lehman Brothers, auch tatsächlich pleite gegangen). Die Zentralbanken mussten einspringen, und weil auch das nicht geholfen hat, als letzte Instanz auch der Staat. So kam es zum Beispiel auch zur Teilverstaatlichung der Commerzbank, die bis heute zu ungefähr 15% dem deutschen Staat gehört.

Währungsrisiko

Wie eben bereits erwähnt, hängen die Kreditzinsen, die eine Bank verlangen kann, indirekt auch vom Leitzins ab, den die Zentralbank vorgibt. Innerhalb des Euro-Raums ist der Leitzins, den die Europäische Zentralbank vorgibt, für alle Banken in den verschiedenen Ländern identisch. Aber Banken in Ländern, die nicht Teil des Euros sind, haben ihre eigene Zentralbank und daher auch gegebenenfalls einen höheren Leitzins und eine andere Inflationsrate. Wenn ich mein Geld zum Beispiel in der Türkei in der Landeswährung türkische Lira anlege, bekomme ich selbst auf Tagesgeld Zinsen von über 10%. Allerdings liegt die Inflationsrate in der Türkei aktuell auch bei über 15%.

In der Türkei liegt der Leitzins aktuell nicht bei 0% wie in der Euro-Zone, sondern bei 19%. Die Inflation steigt trotzdem weiter. Wieder ein Beispiel, warum Theorie und Praxis zwei verschiedene Dinge sind.

Aber kann mir die Inflation in der Türkei nicht egal sein, wenn ich gar nicht vorhabe, mein Geld dort auszugeben, sondern später wieder nach Deutschland zurückzuholen? Im Prinzip ist dieser Gedankengang richtig. Trotzdem darf man das zusätzliche Währungsrisiko bei solchen Fremdwährungskonten nicht ignorieren. Tausche ich Geld von Euro in türkische Lira und lege es dann auf ein türkisches Tagesgeldkonto, bekomme ich zwar schöne Zinsen. Wenn ich das Geld irgendwann aber zurück in Euro tauschen will, kann es sein, dass sich der Wechselkurs deutlich verschlechtert hat. Am Ende habe ich also trotz hoher Zinsen weniger Geld als vorher. Als Faustregel, besonders bei so hohen Inflationsraten wie in der Türkei, gilt: Je höher die Inflationsrate in einem Land, desto mehr verliert die Landeswährung im Zeitverlauf an Wert. Wer also in einem Land außerhalb des Euro-Raums anlegt (z.B. auch die USA), muss das Währungsrisiko immer mit einberechnen in die Investitionsentscheidung.

Auf den gängigen Zinsportalen gibt es einige Banken von außerhalb des Euro-Raums (z.B. in Bulgarien, Rumänien, Schweden), die anbieten, das Kundengeld direkt in Euro anzulegen. In diesem Fall trägt die Bank das vollständige Währungsrisiko und es bestehen nur die beiden vorher beschrieben Risiken.

Sind Einlagen im Ausland also risikoreicher als in Deutschland?

Im Prinzip ist das Geld von Privatanlegern in Kroatien, Belgien oder Lettland genauso sicher aufgehoben wie bei deutschen Banken. In der ganzen EU gibt es nämlich die gesetzliche Einlagensicherung, die das Geld von Privatpersonen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro pro Kunde schützt. Geht eine Bank pleite, wie zuletzt die Bremer Greensill Bank, werden die Einlagen aus einem Sicherungsfonds zurückerstattet. Das kann auf Grund des administrativen Aufwands ein paar Tage dauern. Ist mein Geld im Ausland angelegt, kann es sein, dass der administrative Prozess in einer Fremdsprache etwas komplizierter wird und daher ggf. ein wenig länger dauert.

Wo kommt das Geld für die Einlagensicherung her?

Das Geld für die Einlagensicherung im jeweiligen nationalen Sicherungsfonds haben die verschiedenen Banken im jeweiligen Land seit der Verabschiedung der entsprechenden EU-Regel in den 1990ern gemeinsam angespart. Bis 2024 sind alle nationalen Sicherungsfonds verpflichtet, ihr Volumen auf mindestens 0,8% aller im Land vorhandenen Einlagen aufgebaut zu haben. Einige Länder wie Kroatien, Island oder Belgien haben das Ziel bereits vorzeitig erreicht. Deutschland lag Ende 2019 erst bei etwa 0,5%.

Neben dem jeweiligen nationalen Sicherungsfonds gibt es in einigen Ländern auch noch weitere von den Banken des Landes selbstständig aufgebaute Sicherungsfonds, die auch Einlagen oberhalb der gesetzlichen Grenze von 100.000 Euro schützen sollen. In Deutschland gibt es mehrere solche zusätzlichen Sicherungsfonds, u.a. einen der Sparkassen, einen der Genossenschaftsbanken (Volks- und Raiffeisenbanken), einen der privaten Banken und einen der öffentlich-rechtlichen Banken.

Sind 0,8% als Puffer genug?

Ob der Einlagensicherungsfonds mit einem Volumen von 0,8% aller Einlagen groß genug ist, um alle Kunden bei einer Bankpleite zu entschädigen, hängt davon ab, welche Bank pleite geht. Bei der vergleichsweise kleinen Greensill Bank, die gerade pleite gegangen ist, war das kein Problem. Sollte aber eine große Privatkundenbank, wie zum Beispiel die DKB, pleite gehen, wird das Geld nicht ausreichen. Denn die gesamten Einlagen der DKB (inkl. Firmenkundeneinlagen, die nicht unter die gesetzliche Einlagensicherung fallen) belaufen sich laut Statista und meinen Berechnungen auf ca. 2,85% aller Einlagen von Privatpersonen.

Selbst wenn man die zusätzliche freiwillige Einlagensicherung der öffentlich-rechtlichen Banken dazurechnet, würde das Geld für einen Totalausfall wahrscheinlich nicht ausreichen, da die DKB einfach zu groß ist. In einem solchen Fall müsste als der Staat einspringen, um den Bankensektor zu stabilisieren und das Vertrauen der Sparer nicht zu gefährden. Die Kanzlerin hat damals in der Finanzkrise 2008 aus genau diesem Grund auch ein Versprechen abgegeben: Alle Einlagen in unbegrenzter Höhen seien sicher. Doch ein echter Rechtsanspruch ist das nicht.

Gilt das überall im Euro-Raum?

Die von der EU-Richtlinie vorgeschrieben 0,8% Mindestgröße der jeweiligen nationalen Einlagensicherungsfonds werden tatsächlich nur in wenigen Ländern ausreichen um eine wirklich große Bankpleite abfedern zu können. Daher ist es bei einer Anlage von Geld im Ausland auch immer wichtig die Finanzsituation des jeweiligen Staats zu berücksichtigen. Bin ich überzeugt, dass Schweden im Fall einer großen Bankpleite einspringen wird für die Einlagen der Privatanleger? Ja. Und wie sieht es mit Kroatien aus? Oder der Türkei?

Um sich dieser Frage zu nähern, empfehlen die Zinsportale, sich am Länderrating der großen Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s (S&P), Moody’s oder Fitch zu orientieren. Dieses Länderrating wird in den Suchmasken direkt mit angezeigt. Allerdings darf man sich von dieser Bewertung auch nicht zu stark blenden lassen! Denn das Rating des jeweiligen Lands als Schuldner sagt erst einmal absolut nichts über die Finanzsituation der jeweiligen Bank aus. Während Deutschland mit der Topnote AAA eingeschätzt wird, erhält die Deutsche Bank „nur“ die Note BBB+ von S&P. Das ist immer noch eine ordentliche Note, aber ganze drei Stufen schlechter als das Gesamt-Rating für den deutschen Staat. Zudem haben sich die Rating-Agenturen mit ihren Ratings auch schon häufiger geirrt, sodass man diesen nicht blind vertrauen kann. Die Pleitebank Lehman Brothers hatte bis sechs Tage vor ihrer Pleite ein besseres Rating als die Deutsche Bank heute, nämlich ein „A“.

Ist die Anlage in Tages- oder Festgeld bei ausländischen Banken über die bekannten Zinsportale empfehlenswert?

Jein. Für das Alter mit einem Tages- oder Festgeldkonto zu sparen, lohnt sich einfach nicht. Die Inflation frisst das Geld langsam auf. Das ist keine sinnvolle Option für die eigene Altersvorsorge. Wenn man sein Geld aber aus anderen Gründen und für kürzere Zeiträume anlegen möchte, z.B. weil man Eigenkapital für ein Haus oder für eine Weltreise sparen möchte, dann können diese ausländische Angebote meiner Meinung nach durchaus eine gute Alternative sein. Für 0,2% Tagesgeldzinsen fände ich persönlich den Aufwand zu groß. Aber bei längeren Zeiträumen, in denen man das Geld sicher nicht braucht, kann Festgeld im Ausland eine Option sein, mit der sich der Effekt der Inflation zumindest ein bisschen abfedern lässt.

In solchen Situationen geht es ja auch – ehrlicherweise – nie um Summen, die oberhalb der gesetzlichen Einlagensicherung von 100.000 Euro liegen. Das Problem, so viel Geld auf dem Sparkonto herumliegen zu haben, möchte man erstmal haben 😉 Aktuell hätte man bei solchen Summen bei deutschen Banken eher mit Negativzinsen zu kämpfen. Daher muss man das Geld sowieso auf verschiedene (inländische oder ausländische) Banken verteilen, wenn man sein Geld partout auf Sparkonten behalten will/muss.

Achtung: Nur meine persönliche Meinung

Ich persönlich würde das Risiko, im Falle einer Pleite nicht entschädigt zu werden, als eher gering einschätzen. Sollte tatsächlich das Geld im jeweiligen nationalen Sicherungsfonds nicht ausreichen und der Staat auch nicht (ausreichend) einspringen, kann es passieren, dass man nur einen Prozentsatz seines Gelds wiederbekommt. Genauso könnte ich mir aber auch vorstellen, dass zunächst Kleinsparer entschädigt werden und nur besonders hohe Anlagesummen nicht vollständig entschädigt werden. Aber das ist auch nur Glaskugelei.

Innerhalb des Euro-Raums wäre ein Nicht-Entschädigungsfall aber für das Vertrauen der Bürger in das Finanzsystem so schlecht, dass die Politik sicherlich eine Lösung finden würde – zumindest meiner Einschätzung basierend auf den Erfahrung der Finanzkrise nach. Seit der Pleite der Herstatt-Bank 1974, bei der die Kunden nur 80% ihres Geld wiederbekamen, sind jedenfalls die Einlagen von deutschen Privatanlegern bei den verschiedenen Bankpleiten bisher immer entschädigt worden (jedenfalls bis zur zu dem Zeitpunkt gültigen Vermögensobergrenze, die man natürlich immer beachten sollte).

Zum Abschluss

Wenn sich jemand tatsächlich für diese Anlagemöglichkeit interessiert habe ich basierend auf meiner Recherche für diesen Artikel zwei Tipps:

  • Ich würde immer über eins der bekannten Zinsportale investieren und nicht „auf eigene Faust“ im Ausland investieren. Falls tatsächlich Probleme auftreten, werden einem die Zinsportale im eigenen Interesse im Zweifel zumindest bei den administrativen Dingen ein wenig unter die Arme greifen (und sei es nur dadurch, dass sie „da“ sind und man daher einen Ansprechpartner hat, der die Nerven im ersten Schockmoment beruhigen kann)
  • Die verschiedenen Portale haben – für mich überraschend – nicht alle die gleichen Banken „im Angebot“. Bei Weltsparen, Zinspilot, Biallo, Verviox und Check24 (und wen es noch so alles gibt) gibt es durchaus unterschiedliche Zinssätze von verschiedenen Banken. Es lohnt sich also der Vergleich der Vergleichsportale. Wenn schon, denn schon!

Nutzt du die Zinsportale bzw. eine ausländische Bank für Tages- oder Festgeld? Hast du Angst vor einer Bankpleite? Fühlst du dich bei deutschen Banken sicherer als bei ausländischen Banken? Warum? In welchen Ländern würdest du dein Geld nicht anlegen? Glaubst du, dass es irgendwann einen europäischen Sicherungsfonds statt der verschiedenen nationalen Einzelfonds geben wird?

2 Replies to “Warum zahlen manche ausländische Banken so hohe Zinsen? // Verlockende Zinsportale”

  1. Hey Jenni,

    Glückwunsch zum gelungenen Artikel!
    Ich plane die Sondertilgung für meine eigengenutzte Immobilie mit 1-2 jährigen Festgeldern zurückzulegen und die längeren Laufzeiten +2 Jahre mit Aktien / Bonds abzudecken.
    Hast du einen Favoriten für Festgeld bei den Plattformen, bei der man größere Summen vernünftig streuen konnte? Nutzt du nach deiner Recherche eine der Plattformen selbst? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass man bei den Zinssätzen +1% immer bei Banken in Lettland / Estland / Kroatien landet. Hast du Alternativen entdeckt?

    Viele Grüße,
    Jens

    1. Hallo Jens,
      ich nutze die Plattformen selbst nicht, da ich keinen kurzfristigen Sparbedarf habe. Gefühlt nehmen sich aber weder die Portale noch die dort angebotenen Banken viel.
      Viele Grüße
      Jenni

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