Taugt Gold als Schutz in Krisen? // Gold als Absicherung

Goldbarren
Lesezeit: 4 Minuten

In Krisenzeiten kaufen viele Menschen Gold und andere Edelmetalle als vermeintliche Absicherung. Auch dieses Mal zu Beginn der Coronakrise konnte man dieses Phänomen wieder beobachten: Lange Schlangen vor den Ladengeschäften der Goldhändler und lange Lieferzeiten für Goldmünzen oder Goldbarren aus Internetshops oder von Banken. Physisches Gold ist scheinbar sehr beliebt. Doch taugt Gold wirklich als Absicherung des eigenen Vermögens in Krisen?

Ein Blick auf die Entwicklung des Goldpreises

Wenn Gold so beliebt ist, dass Menschen dafür sogar Schlange stehen, dann muss doch auch der Goldpreis in den letzten drei Monaten, also seit Beginn der Coronakrise, stark gestiegen sein, oder? Seit Jahresbeginn ist der Goldkurs tatsächlich um 10% gestiegen. Allerdings steht der Goldkurs heute wieder ziemlich genau dort, wo er vor einem Monat, Anfang März stand. Dazwischen ging es teilweise kräftig bergab und keineswegs nur noch oben, wie man vielleicht erwarten würde. Sehr ähnlich also wie der Aktienmarkt, der im Vergleich zu Anfang März inzwischen auch schon wieder recht gut dasteht (0 bis 5% Verlust im Vergleich des 9. Aprils zum 9. März, je nach Index/Region). Im Vergleich zum Jahresanfang stehen Aktien allerdings im Gegensatz zu Gold noch deutlich im Minus mit Verlusten von ca. -15% (S&P 500) bis -25% (Euro Stoxx).

Einige Rechenbeispiele

Um zum aktuellen Zeitpunkt ohne Verluste gegenüber dem Jahresanfang dazustehen, hätte man nicht nur eine kleine Menge Gold als Absicherung gebraucht. Um mit den 10% Zuwachs im Goldpreis die 20% Verlust an den Aktienmärkten ausgleichen zu können, hätte man zu Jahresanfang ganze zwei Drittel seines Vermögens in Gold halten müssen. Das ist auf jeden Fall unrealistisch.

Wer die Standardtipps befolgt, und zu Jahresanfang z.B. 5% seines Portfolio-Werts in Gold gehalten hat, der hätte statt 20% Verlust nur 18,5% Verlust gemacht. Das ist wirklich nur ein schwacher Trost und hat maximal einen positiven psychologischen Effekt. Wenigstens eine Zahl in der Finanzübersicht leuchtet dann grün, während die anderen tiefrot sind. Und selbst dieser kleine Trick für die eigene Psyche hat in dieser Krise zeitweise nicht funktioniert! Denn Goldpreis und Aktienmärkte sind Mitte März gemeinsam auf Sinkflug gegangen – trotz erhöhter privater Nachfrage nach Goldmünzen und Goldbarren.

Goldmünzen und Dollarscheine
Goldmünzen als Bargeldersatz?

Woran liegt das?

Dieser Artikel aus dem Manager Magazin erklärt sehr gut, warum der Goldpreis in der Krise genauso wie Aktien gefallen ist: Obwohl es eine vermehrte private Nachfrage nach physischem Gold gibt, wird der Goldpreis hauptsächlich vom Verhalten institutioneller Investoren bestimmt. Und die nutzen Gold eher als „Speichermedium“ statt als „Krisenversicherung“ und ziehen ihr Geld ab, um es anderswo einzusetzen. Auch während der Finanzkrise 2008 war Gold bereits kein besonders guter Krisenschutz. Leider hält sich diese Binsenweisheit aber recht hartnäckig unter Privatleuten.

Warum kaufen so viele Leute dann Gold?

Aus persönlichen Gesprächen, u.a. bei einem After Work Event der Börse Frankfurt zum Thema Gold, weiß ich, dass vielen Goldkäufern der Absicherungseffekt für das eigene Aktiendepot gar nicht so wichtig ist. Sie kaufen gerade keine Gold-Zertifikate, sondern physisches Gold, weil sie es nicht als Anlage oder Investment sehen, sondern als Tauschmittel bei wirklich großen Krisen, sozusagen als „letzten“ Notgroschen. Wenn die Gesellschaft erst einmal zusammengebrochen ist, Banken kein Geld mehr ausgeben und wir alle zurück in die Zeit geworfen werden, in denen Waren gegeneinander getauscht werden, dann, ja dann sei Gold doch das beste Tauschmittel überhaupt!

Meinetwegen kann man gerne dieser Meinung sein und sich auf solch einen Zusammenbruch der Zivilgesellschaft vorbereiten – mit Finanzen und Investieren hat das dann aber nichts mehr zu tun. Durch Corona sehen wir ja gerade, dass sich auch Toilettenpapier oder Trockenhefe als heiß begehrte Waren zum Tauschen durchaus eignen würden 😉 Und diese ziehen ihren Tauschwert nicht nur daraus, dass sie im Moment rar sind, sondern haben auch direkt einen praktischen Nutzen, den Gold nicht wirklich hat. Gerne wird ja bei Gold davon gesprochen, dass dieses wertvoll ist, weil es selten ist und damit einen intrinsischen Wert hat, der niemals Null wird. Die Seltenheit unterscheidet Gold von Hefe, die man mit ein bisschen Mehl und Wasser tatsächlich aus dem Nichts (bzw. aus der Umgebungsluft) herstellen kann. Ein weiterer Unterschied: Die Kaufnebenkosten

Toilettenpapierrollen in einem Koffer
Ich packe meinen Koffer und nehme mit…Rollengold als Krisenwährung

Käufe von physischem Gold sind eine teure Angelegenheit

Der Kaufpreis von physischem Gold hängt zwar vom Goldpreis ab, den man in den Wirtschaftsnachrichten hört – allerdings nur indirekt. Denn die wenigsten Käufer werden sich gleich eine Feinunze (31,3g) leisten können. Dies ist die Einheit, in der der Goldpreis meistens angegeben wird. Der Preis für eine liegt derzeit bei ca. 1550€, wird allerdings in Dollar berechnet, sodass sich auch Währungskursschwankungen zwischen USD und EUR direkt auswirken.

50g Gold
50g Gold als „Barren“ wie hier sind mit 46 x 26 x 2,3 mm kaum größer als eine handelsübliche Briefmarke, z.B. die mit den Blumenmotiven (ca. 20 x 30 mm)

Wer z.B. ein Gramm Gold kaufen möchte, bezahlt nicht etwa 1/31 des Preises einer Feinunze, was ca. 50€ entsprechen würde, sondern bei Degussa aktuell fast 65€ (+30%). Der Ankaufspreis hingegen liegt mit 48,75€ knapp unter dem Marktpreis. Bei einer Feinunze liegt der Preisaufschlag gegenüber dem Marktpreis „nur“ bei ca. 9%, wodurch nicht nur der Gewinn für den Händler, sondern auch seine Herstellungs- und Vertriebskosten abgedeckt werden müssen. Denn die Goldhändler müssen das physische Gold ja nicht nur erwerben, sondern die Lieferung und sichere Lagerung übernehmen.

Goldohrringe in Sternform
Hübsch, oder?

Apropos sichere Lagerung: Auch hier sollte man mit zusätzlichen Kosten rechnen, wenn man tatsächlich vorhat, eine größere Menge Gold als „Krisentauschwährung“ oder aus anderen Gründen zu erwerben. Denn die meisten Hausratversicherungen, die vor Einbruchdiebstahl schützen sollen, begrenzen die Versicherungssumme für Wertsachen, unter die neben Schmuck und Uhren eben auch Edelmetalle wie Goldmünzen fallen. Für eine Aufstockung der Versicherungssumme oder gleich einen Tresor können zusätzliche Kosten anfallen. Insgesamt ist physisches Gold dann doch eine recht kostspielige Sache. Wenn man schon Gold kaufen möchte, warum dann nicht lieber gleich als schönes Schmuckstück, das auch noch einen „praktischen Nutzen“ hat? 😉

Siehst du Gold als Investment? Erhoffst du dir von Gold eine Absicherung in Krisenzeiten? Und wenn ja, dann über Gold-Zertifikate/ETFs oder durch physisches Gold?

3 Replies to “Taugt Gold als Schutz in Krisen? // Gold als Absicherung”

  1. Stimmt. Hinzu kommt, dass es in einem „echten“ Krisenszenario, in dem die Banken kein Bargeld mehr ausgeben, auch gar nicht so leicht sein wird, an seinen Banktresor zu kommen – wenn der private Goldbesitzt nicht ohnehin verboten wird, wie das bis in die 1970er Jahre der Fall war.

    Eine bessere Absicherung sind ein paar Vorräte zu Hause, eine gute körperliche Fitness, ein breites Wissen sowie ein paar handwerkliche und medizinische Fertigkeiten, um sich im Krisenszenario über Wasser halten zu können.

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