Wie viel hast du bisher gespart? (Teil 2) // Meine Startbedingungen

Münzen und Geldscheine
Lesezeit: 6 Minuten

Als ich geboren wurde, hatte ich ein Vermögen von Null Euro. Im ersten Teil der Mini-Serie bin ich auf meine Vermögensentwicklung von der Geburt bis zum Berufseinstieg eingegangen. Und darauf, dass mir meine Eltern viel mehr mitgegeben haben für den Start ins Erwachsenenleben als ein tolles finanzielles Startpolster – für das ich ihnen natürlich trotzdem sehr dankbar bin ;). In diesem Teil 2 geht es darum, wie es mit meinem Vermögen auf dem Weg zu FIRE nach dem Berufseinstieg weiterging.

Consulting Lifestyle

Businessfrau vor Palmen
So sieht Consulting leider nie aus.

Nach dem Studium habe ich angefangen als Unternehmensberaterin zu arbeiten. So hatte ich gleich zu Beginn meines Arbeitslebens bereits ein hohes Einkommen mit etwa 50% mehr Brutto als der durchschnittliche Vollzeitarbeitnehmer in Deutschland (mit teilweise jahrelanger Berufserfahrung!).

Als Unternehmensberater ist man in der Regel von Montag bis Donnerstag auf Dienstreise und übernachtet im Hotel. Finanziell gesehen bedeutet das, dass ich jeden Morgen im Hotel frühstücken konnte (vom Arbeitgeber bezahlt) und für jeden Tag auf Reisen zusätzlich noch Spesen ausgezahlt bekam (sogenannter Verpflegungsmehraufwand). Wie der bürokratische Name schon ausdrückt, soll dieses Geld dabei helfen, die zusätzlichen Kosten (Mehraufwände) zu kompensieren, die entstehen können, wenn man unter der Woche nicht Zuhause kochen kann. Stattdessen muss man nicht nur Mittags in der Kantine, sondern auch Abends im Restaurant essen (hartes Schicksal, ich weiß 😉 ). Mit den Spesensätzen konnte ich allerdings in den aller meisten Fällen nicht nur die Zusatzkosten, sondern generell alle Kosten für Essen und Trinken decken, sodass ich jeden Montag bis Donnerstag praktisch Null Euro meines Gehalts ausgab.

Dazu kommen noch die Hotel- und Airline-Punkte, die man auf den beruflichen Reisen sammelt und dann nutzen kann, um die Kosten seiner privaten Urlaube zu senken. Einmal sind wir tatsächlich zu zweit für vier Tage nach London geflogen und haben in einem zentralen 4-Sterne Hotel gewohnt – für Null Euro.

Wenn am Ende des Monats noch Gehalt da ist

Ich habe schnell gemerkt, dass ich nur einen Bruchteil meines monatlichen Einkommens brauche, um mir ein wunderbares, in meinen Augen komfortables Leben finanzieren zu können. Also habe ich mich gefragt, welche Ziele ich im Leben habe, auf die ich hinsparen sollte: Ein Auto? Ein größere Wohnung oder ein eigenes Haus? Luxuriöserer (oder längerer) Urlaub? Handtaschen und Schuhe von Luxusmarken?

All diese Ziele interessierten und interessieren mich noch heute recht wenig. Klar, ein schöner Urlaub, der viele langfristige Erinnerungen erzeugt, ist cool – und das eigene Zuhause soll Gemütlichkeit und Wohlbefinden hervorrufen, aber ob ich dafür unbedingt ein eigenes Haus brauche? In einer Mietwohnung kann man es sich doch genauso gemütlich machen, oder? So grübelte ich einige Zeit und konnte zunächst nichts finden, wofür ich mein Geld ausgeben wollte, außer hochwertige Lebensmittel und Essen allgemein (Bio-Fleisch und -Wurstwaren, regionale Produkte oder Restaurant-Besuche). Aber trotzdem war immer noch Geld übrig.

Mann starrt auf Laptop
Schon deutlich realistischerer Blick auf Consulting

Bonus durch Beförderungen

Also habe ich erst einmal das gespart und investiert, was jeden Monat übrig blieb vom Gehalt. Dazu kam einmal im Jahr noch ein Bonus, von dem ich mir immer etwas besonderes gegönnt habe (z.B. eine hochwertige Laptop-/Arbeitstasche oder mein kleiner roter Roller). Trotzdem blieb von dem oft fünfstelligen Brutto-Bonus immer noch einiges übrig, was wieder ins Depot wanderte. Besonders durch die hohen Bonuszahlungen, die ich in den Jahren bekommen habe, in denen ich auf die nächste Stufe befördert wurde, wuchs mein Vermögen in kurzer Zeit sehr stark. Dies kann man auch in der folgenden Grafik gut sehen, in der es in den beiden Beförderungsbonusjahren 2017 und 2019 steil nach oben geht.

Vermögensentwicklung
Werte für 1990-1999, 2004 und 2008 sind recht sicher richtig, dazwischen sind es eher grobe Schätzungen. Ab Ende 2016/Anfang 2017 habe ich dann systematischer mitgezählt.

Nicht umsonst habe ich den Blog „Dagoberts Nichte“ genannt – mein erstes Mal systematisches Geldzählen

Wie ich in einem anderen Post schon beschrieben habe, reifte mein Plan, mich auf den Weg zu FIRE zu machen ab dem Jahr 2016. In den Weihnachtsferien 2017 setzte ich mich gleich zu Jahresanfang hin und begann eine erste Excel-Tabelle, in der ich fein säuberlich aufschrieb, was ich im letzten Jahr gespart hatte; wie viel ich im Umkehrschluss ausgegeben hatte und wie viel Vermögen ich in der Summe aus Giro- und Tagesgeldkonto, Riester- und Vermögenswirksamen-Leistungen-Vertrag sowie meinem Aktiendepot besaß. Die 100.000€ hatte ich da gerade überschritten.

Geldscheine und Münzen
Noch ist nicht genug Geld da, dass ich wie Dagobert mit einem „Köpper“ hinein tauchen könnte.

Startschuss für meine Finanzplanung

Ich las mehr und mehr über FIRE in amerikanischen Blogs und Zeitungsartikeln und war fasziniert von der Idee, die gar nicht mehr so unrealistisch erschien wie ich ursprünglich dachte. Trotzdem habe ich natürlich immer noch ein ganzes Stück vor mir auf dem Weg zu FIRE. Hier zum Vergleich noch einmal meine Vermögensentwicklung bis heute, ergänzt um den erhofften Verlauf der Vermögensentwicklung bis zu FIRE. Ich weiß noch nicht genau, welche Summe jetzt tatsächlich meine „FI-Zielzahl“ ist. Rechnet man mit der oft genutzten „4% Regel“ (jährliche Ausgaben, multipliziert mit 25), die allerdings die eigene FI-Zielzahl aus meiner Sicht deutlich unterschätzt, aber dazu später mehr… – dann müssten etwa 1,3 Mio. € ausreichen für Christoph und mich. Ich denke allerdings, dass wir deutlich mehr als die Summe ansparen müssen, um sorgenfrei in Rente gehen zu können.

Vermögenszuwachs mit Ziel
Ich hab noch einiges vor mir.

Wer Adleraugen besitzt, wird merken, dass die Steigung der Kurve im Vergleich zu den letzten Jahren nochmal etwas höher ist. Da ist aus zwei Gründen (hoffentlich) eine realistische Annahme:

  1. Die grüne Kurve bis heute zeigt mein eigenes Vermögen, die blau gestrichelte Kurve zeigt den geplanten Verlauf des gemeinsamen Vermögens zusammen mit Christoph, der auch einen hohe Anteil seines Gehalts spart und investiert
  2. Zinseszinseffekte bzw. Kurssteigerungen meines Aktiendepots, da so gut wie all mein Geld derzeit investiert ist (auf dem Konto würde es ja auch von der Inflation aufgefressen)

Zusammenfassung: Ich habe verdammt viel Glück gehabt bisher

Ich denke: Wer sich seines Glücks bewusst ist, lebt zufriedener.

In dieser Mini-Serie habe ich all die Dinge erläutert, die mir auf dem Weg zu FIRE bereits in jungen Jahren einen kleinen Vorsprung ermöglicht haben:

  • Unterstützung durch meine Eltern mit Taschengeld während der Schulzeit und mehr als genug Geld zum Leben als Student
  • Ein Aktiendepot mit ca. 6.000€ Startkapital direkt nach der Einschulung, das sich in den 13 Jahren Schulzeit ungefähr verdoppelt hat
  • Großzügige Geldgeschenke von Oma und Opa zu Weihnachten und Geburtstagen
  • Förderung durch staatliche Stipendien
  • Einnahmen durch zum Teil gut bezahlte Nebenjobs und Praktika
  • Ein deutlich überdurchschnittliches Gehalt als Berufseinsteiger…
  • …mit Spesen (für Verpflegungsmehraufwände), die genug waren, um sich wochentags komplett ohne Zusatzkosten davon zu verpflegen (also so gut wie keine Netto-Lebensmittel-Kosten an 4 von 7 Tagen die Woche)
  • Unterdurchschnittliche Mietkosten im Vergleich zu Alleinstehenden in der gleichen Stadt als Student und Arbeitnehmer, weil ich mit Christoph zusammen wohne
  • Eine gute Entwicklung des Aktienmarkts in den vergangenen Jahren

Mein Ziel für diesen Post: Realistische Selbsteinschätzungen ermöglichen

Meine Hoffnung ist, dass dieser Post dich nicht entmutigt, wenn du selbst vielleicht nicht ganz so gute Startbedingungen hattest. Stattdessen wünsche ich mir, dass die Transparenz dir dabei hilft, deine eigene Situation und Ziele realistisch einschätzen zu können. Denn nur, weil man es nicht mehr schaffen wird, mit 45 Jahren in Rente zu gehen (z.B., weil man schon 46 Jahre alt ist), heißt das ja nicht, dass es sich nicht (mehr) lohnt, in Aktien/ETFs oder andere Mittel zum Vermögensaufbau zu investieren.

Es ist (fast) nie zu spät, in Aktien zu investieren

Der erste Teil der Abkürzung FIRE – Financially Independent, also finanziell unabhängig, kann für verschiedene Personen verschiedene Dinge bedeuten. Zum Beispiel kann es dabei um die Unabhängigkeit von den Eltern/der Familie oder dem eigenen Partner (z.B. im Falle einer Scheidung) gehen, aber auch um die Unabhängigkeit von der staatlichen Rente (im normalen Rentenalter) oder eben vom Erwerbseinkommen (wie bei mir). Jeder Mensch hat andere Finanzziele. Dabei ist aber jeder kleine Schritt auf dem Weg bereits das Ziel: Wer heute nicht privat für das Alter vorsorgt, vor allen Dingen als junger Mensch, wird später definitiv nicht genug Rente vom Staat erhalten, um sich einen ähnlichen Lebensstil wie als Arbeitnehmer erhalten zu können. Das steht so auch explizit auf jedem Bescheid der Rentenversicherung. Also nicht verzagen und Investments wagen (okay, jetzt höre ich auf zu reimen 😉 ).

Wann hast du mit dem Investieren angefangen? Oder hast du dich mit dem Thema Altersvorsorge/Rente noch nicht beschäftigt? Wo befindest du dich auf deinem Weg zu FIRE? Oder hast du ein ganz anderes Ziel für dein Geld?

Inspiration für diesen Post war Olivers Artikel auf frugalisten.de, indem er seine Vermögensentwicklung von seiner Geburt bis heute sehr detailreich dokumentiert hat. Vielen Dank für diesen Artikel und die damit verbundene Transparenz. Davon sollte es in FIRE-Blogs mehr geben. Daher: Wenn du noch Fragen hast, schreib mir gerne eine e-Mail an kontakt@dagoberts-nichte.de oder kommentiere diesen Post. Hier geht es nochmal zu Teil 1.

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