Kannst du wirklich aufhören zu arbeiten? // Erfolg und Validierung im Beruf

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Lesezeit: 9 Minuten

Mit 45 Jahren möchte ich genug Geld gespart und investiert haben, um meinen Job kündigen zu können. Ich habe schon einige Pläne für diese Zeit nach FIRE (Financially Independet, Retired Early). Aber ich bin mir sicher, dass mir nicht langweilig werden wird! Ich könnte mir gut vorstellen, noch einmal zu studieren. Geographie interessiert mich zum Beispiel sehr. Das Fach war sogar eins meiner Abiturprüfungsfächer.

Mehr als Zeitvertreib und Einkommensquelle

Doch mein Job ist für mich natürlich mehr als nur ein Zeitvertreib gegen Langeweile, mit dem ich gleichzeitig mein Leben finanzieren kann. Im Gegensatz zu vielen Frugalisten empfinde ich meine Arbeit nicht als Bürde oder berühmtes „Hamsterrad“. Mir macht mein Job eine Menge Spaß, insbesondere meine neue Aufgabe seit Oktober. In meinem Job kann ich kreativ sein, Probleme identifizieren und lösen, mit anderen Menschen interagieren und kommunizieren, argumentieren und überzeugen. Für manche ist der Job nur ein Korsett aus Routinen, die im Alltag Halt bieten und stützen. Das gilt vielleicht für klassische „Sachbearbeiter“. Ich habe so gut wie keine Routinen bzw. wiederkehrenden Aufgaben in meiner Tätigkeit.

Kontakte und Teamgefühl

Aktuell arbeite ich so gut wie ausschließlich im Home Office. Durch meine Funktion habe ich keine direkten Kollegen oder ein Team, sondern stehe projekthaft mit vielen verschiedenen Menschen in der Organisation im Kontakt. Diese momentane Situation führt mir – als relativ extrovertierter Menschen – noch einmal vor Augen, dass der Job neben der finanziellen auch eine starke soziale Funktion hat. Die Interaktion mit anderen Menschen am Arbeitsplatz geht für die meisten über den fachlichen, inhaltlichen Austausch hinaus. Oft werden Kollegen zu Freunden. Wechselt man das Unternehmen oder die Aufgabe, kommen wieder neue Kontakte hinzu.

Teamwork
Teamwork makes the dream work!? Gibt es zu irgendeinem Suchbegriff überhaupt mehr Stockphotos?

Scheidet man hingegen aus dem Berufsleben aus, muss man sich etwas mehr Mühe geben, um neue Leute kennenlernen zu können. Ich bin allerdings überzeugt, dass FIRE trotzdem nicht einsam macht. Es ist ja auch in den meisten Büros nicht so, dass kontinuierlich neue Freundschaften für’s Leben entstehen. Viele Kollegen sind wohl eher „Lebensabschnittsgefährten“ oder, wie viele deutsche Arbeitnehmer halb augenzwinkernd sagen würde, „Leidensgenossen“ statt echte Freunde. Dass der Arbeitsplatz als Kontaktquelle wegfällt, lässt sich meiner Meinung also gut kompensieren.

Erfolgserlebnisse

Eine meiner Aufgaben bei der Arbeit ist es, Probleme zu identifizieren und möglichst zu lösen. Gelingt mir das, habe ich im Laufe einer Arbeitswoche viele kleine Erfolgserlebnisse.

Außerdem verbringe ich einen großen Teil meiner Zeit damit, Informationen aus verschiedenen Quellen zu sammeln, diese logisch zusammenzufügen und neue Erkenntnisse zu generieren, um sie dann verständlich aufzubereiten bzw. darzustellen. Wenn dadurch bessere Entscheidungen getroffen werden können oder ich in der Lage bin, andere von meinen Ansichten und Plänen überzeugen zu können, sind dies wieder zusätzliche kleine Erfolge, die ich durch meinen Job erlebe.

Durch FIRE fallen solche kleinen und großen Erfolge im Beruf weg. Ich persönlich denke, dass es wichtig ist, sich solche Alltagserfolge über andere Wege ins Leben zu holen. Das können ehrenamtliche Tätigkeiten sein. Oder Erfolge beim Lernen neuer Fähigkeiten.

Herausforderungen

Gerade letzteres halte ich für äußerst wichtig, um auch mental fit zu bleiben. Durch sich ständig wandelnde Anforderungen der Arbeitswelt bleibt das Gehirn automatisch gefordert. Sei es durch neue Software, neue Prozesse und Arbeitsabläufe, andere Personen und Projekte. In der RE-Zeit muss man sich seine Herausforderungen selbst setzen. Wie wäre es mit Jonglieren oder Einrad fahren lernen? Das Schulfranzösisch wieder aufpolieren? Ein Hochbeet bauen oder etwas töpfern?

Ich persönlich halte es für einen der schwierigsten Aspekte an FIRE: Sich selbst Herausforderungen setzen, um im Kopf fit und glücklich zu bleiben. Meinem Charakter entspricht es wahrscheinlich am meisten, wenn ich mir bewusst „Challenges“ ausdenke, z.B. eine Jahres-, Monats- und Wochenchallenge. Ich bin zwar kein besonders kompetitiver Mensch, wenn es um Wettkämpfe mit anderen geht. Aber gegen mich selbst verliere ich nur äußerst ungerne. Spiele, in denen man neue Levels auf Basis von Erfolgen freischalten muss, motivieren mich mehr als Spiele, in denen man versucht, den Highscore von anderen Spielern zu schlagen.

Meine aktuellen Challenges gegen mich selbst

Challenges gegen mich selbst verwende ich auch bei Themen, bei denen mir in der Vergangenheit die Disziplin gefehlt hat. Zum Beispiel habe ich mir eine „Schuh-Challenge“ auferlegt: Ich darf nur dann ein neues Paar Schuhe kaufen, wenn ich gleichzeitig ein altes Paar aussortiere. Sonst läuft das mit den Schuhen vielleicht aus dem Ruder und ich stehe – wie bei meinem letzten Umzug – plötzlich wieder mit 60+ Paaren da.

Aber auch bei Themen, die mir Freude bereiten, nutze ich Challenges, um am Ball zu bleiben. So habe ich Anfang 2020 den Vorsatz gefasst, jeden Monat mindestens ein Buch zu lesen. Nach 15 Büchern 2019, die ich aber größtenteils in den Urlaubswochen durchgelesen hatte, wollte ich Lesen wieder stärker in meinen Alltag integrieren. Durch diese selbst auferlegte Challenge ist mir dies sehr gut gelungen! Ich habe gerade mein 16. Buch angefangen und werde wohl am Jahresende auf ca. 20 Bücher kommen. Zwischen den Jahren ist doch immer viel Zeit zum ausgiebigen Schmökern.

Schwebendes Buch
Als Teenager habe ich ca. 2 Bücher pro Woche gelesen. Leider ist dafür heute nicht mehr die Zeit.

Mit ein wenig Disziplin bei der Planung meiner Challenges erzeuge ich für mich selbst die Disziplin, die ich brauche, um nach FIRE nicht zur langweiligen Couch-Potato zu werden. Mir ist es sehr wichtig, dass ich mental bis ins hohe Alter fit bleibe. Daher werde ich ein besonderes Augenmerk darauf legen, meinen Job in dieser Hinsicht adäquat zu ersetzen bzw. sogar zu übertreffen.

Validierung und Lob

In Deutschland gilt meist „nicht geschimpft ist schon genug gelobt„. Aber selbst, wenn ich nicht ständig explizit gelobt werde, gibt es doch viele Momente im Job, die mich stolz auf mich selbst oder auf andere Art glücklich machen. Das hat etwas mit den oben beschrieben Erfolgserlebnissen zu tun, geht aber darüber hinaus. Wenn ich jemandem weiterhelfen kann oder merke, dass ich jemandem etwas nützliches beibringen konnte, dann sind das sehr positive Gefühle. Diese weiterhin regelmäßig zu erleben, ist auch außerhalb der Erwerbsarbeit möglich, z.B. bei ehrenamtlicher Arbeit. Ich würde sogar soweit gehen, dass es bei ehrenamtlicher Arbeit deutlich mehr positives Feedback und Dankbarkeit gibt.

Doch nicht nur Lob und Dank von anderen macht glücklich. Für mich persönlich ist es sehr erfüllend, wenn ich weiß, dass ich meine Fähigkeiten und Stärken einsetzen konnte. Ein Zimmer in einem Kinderheim neu zu streichen ist sicherlich eine tolle ehrenamtliche Arbeit, bei der man viel Dankbarkeit erfahren kann. Diese Tätigkeit nutzt aber so gar nicht meine Stärken. Ich könnte in so einem Fall trotzdem stolz auf mich sein, eine solche Herausforderung geschafft zu haben. Aber noch besser wäre es, wenn ich erfolgreich sein kann und mir dies durch Einsatz meiner Stärken auch noch leicht fällt.

Meine Stärken bilden einen Eckpfeiler meiner Identität, also dem Menschen, der ich glaube, zu sein. Und diese Stärken einsetzen – und damit weiter ausbauen zu können – ist eine wichtige, aus meiner Sicht oft unterschätzte Funktion der Erwerbsarbeit. Beruflicher Erfolg – und zwar gerade im kleinen, alltäglichen – ermöglicht die Validierung der eigenen Stärken und damit des Selbstbilds. Dabei geht es gerade nicht um Beförderungen oder die große Karriere (wobei das für manche auch Teil ihres Selbstbilds ist), sondern um die ganz normalen täglichen Interaktionen und Projekte im Beruf.

Ehrenamtliche Aufgaben im Allgemeinen gibt es zwar viele, aber eine Aufgabe zu finden, die auch die eigenen Stärken nutzt und fördert, ist gar nicht so leicht. Vor allen Dingen, wenn man – wie ich – „Powerpoint-Folien erstellen“ zu seinen Stärken zählt 😉 Spaß beiseite, dahinter stecken natürlich Fähigkeiten, die man auch ohne Microsoft Powerpoint einsetzen kann: Strukturiertes Denken, prägnantes Formulieren, sich in Zuhörer/Leser eindenken können, etc.

Gute Einsatzorte für meine Stärken zu finden, wird eine spannende Herausforderung für den Eintritt in die RE-Zeit. Vielleicht kann ich auch neue Stärken entdecken oder aufbauen?

Beruf oder Berufung?

Um noch einmal auf den Aspekt der Identität zurückzukommen. Viele Menschen definieren sich sehr stark über ihren Beruf. Aus meiner Sicht war dies schon immer so. Doch es gibt auch die Sicht, dass durch die – unter dem Deckmantel besserer Work-Life-Balance – zunehmend verschwimmenden Grenzen von Arbeit und Freizeit der Beruf immer stärker zum identitätsstiftenden Merkmal wird. Auch hält sich hartnäckig der gut gemeinte Ratschlag, doch die Berufung zum Beruf zu machen. So müsse man nicht einen Tag seines Lebens arbeiten – glaubt man visuell hübsch aufbereiteten Kalendersprüchen des 21. Jahrhunderts.

Quelle dieses Pinterest-Kalenderspruchs: https://susanschubert.de/berufung-leben/

Ich kann diesem Mantra nicht viel abgewinnen. Stattdessen beobachte ich eher das Gegenteil: Der Glaube daran, dass der Job auch die eigene, fast spirituelle Berufung sein muss, treibt viele Menschen eher in die Verzweiflung bzw. ins Unglück. Denn sie wissen partout nicht, was denn ihre Berufung überhaupt ist. Von dieser Ziellosigkeit profitieren vor allen Dingen Coaches, die den Ratsuchenden mit ihren Webinaren, Kursen und Büchern Hilfe bei der Selbstfindung versprechen. Forscher haben herausgefunden, dass die Arbeitszufriedenheit höher ist, wenn man den Sinn seiner Arbeit erkennt. Keine Überraschung, würde ich sagen. Aber das heißt nicht, dass man gleich den einen Job finden muss, der auch als Berufung zählt und nicht nur als Beruf. Es reicht aus, wenn man die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit für die Kollegen, das Unternehmen oder die Kunden erkennt.

Beruf als Identitätsstifter?

Wer seine Identität auf seinem Beruf aufbaut, wird es doppelt schwer haben, diesen aufzugeben. Egal, ob es um FIRE oder den normalen Renteneintritt geht. Wenn mich jemand auf einer Party (lang ist’s her…) fragt: „Und was machst du so?„, versuche ich meist nach einer kurzen Antwort das Thema zu wechseln. Ich kann im Moment nicht einmal so genau sagen, was ich überhaupt mache. „Ich arbeite bei einer Versicherung„, ist ehrlicherweise auch nicht der beste Small-Talk-Einstieg – außer man hat einen ausgewiesenen Stromberg-Fan vor sich.

Auf dem 30. Geburtstag einer Freundin, auf der ich bis auf einen gemeinsamen Kommilitonen von uns niemanden vorher kannte, hatte ich es mir vor einigen Jahren als kleine Challenge gesetzt, den ganzen Abend kein Wort über meinen Job zu reden. Es gibt so viele andere spannende Themen, auch mit wildfremden Menschen! Der Abend war für mich gefüllt mit tollen Gesprächen über Essen, Städte, Lebensträume und Unternehmensideen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand vermisst hat, zu erfahren, was ich arbeite.

Was ich an meinem Job nicht vermissen werde…

Über den Effekt des Renteneintritts auf die Psyche wird viel geforscht und auch gewitzelt. Loriots Klassiker zu diesem Thema, Pappa ante portas, ist bis heute einer meiner liebsten Filme. Dabei ist das Thema durchaus ernst zu nehmen: Depressionen sind die häufigste psychische Krankheit in der Altersgruppe 60+, auch wenn nicht alle Fälle davon unmittelbar auf den Berufsausstieg zurückzuführen sind. Als eine der Ursachen wird dabei häufig das (neue) Gefühl der Macht- und Bedeutungslosigkeit genannt. Wer im Beruf, ggf. sogar in höherer Position, gewohnt war, viel Entscheidungsspielraum zu genießen und in gewisser Weise auch „gebraucht zu werden“, vermisst dieses bei Renteneintritt manchmal schmerzlich.

Löwe
König des Tierreichs? Als König fühlen sich auch manche Chefs. Dass diese dann bei Renteneintritt in ein Loch fallen, kann ich mir gut vorstellen.

Bei mir persönlich siehe ich in diesem Aspekt keine Gefahr durch FIRE. Entscheidungen treffen zu können, ist für mich weder eine Last noch eine Freude. Natürlich mag ich, wie so gut wie alle Arbeitnehmer, selbstbestimmtes Arbeiten. „Ausschließlich Anweisungen ausführen“ ist auf Dauer sicherlich nur für wenige Menschen die Beschreibung ihres Traumjobs. Aber die Gestaltungsmöglichkeiten, die mein Job mir bietet, erfüllen mich nicht mit besonderem Glück. Wenn jemand mir eine Entscheidung überlässt oder mich um Rat fragt, weil ich eine gewisse Machtposition innehabe und nicht, weil die Person überzeugt ist, dass ich ehrlich etwas beitragen kann, finde ich das eher befremdlich als gut. Daher glaube ich nicht, dass mir dieser Teil meines Berufes fehlen wird. Ich definiere mich nicht über Status oder Hierarchie und werde diese Aspekte daher auch nicht vermissen.

…und was schon

Wie bereits beschrieben, werde ich mich anstrengen, nach FIRE eine Möglichkeit zu finden, meine Stärken, am liebsten zum Wohle anderer, einsetzen zu können. Hier sehe ich das größte Potential, diesen Aspekt des Arbeitslebens sonst zu vermissen.

Durch kleine Challenges und meine Lust, immer wieder neues zu lernen, werde ich aus meiner Sicht keine Probleme haben, weiterhin genug Herausforderungen und Erfolgserlebnisse generieren zu können, um diesen Aspekt des Berufs zu kompensieren. Wegfallende Sozialkontakte oder die durch den Job vorgegeben Struktur im Alltag sehe ich nicht als Problem an. Hier ergeben sich so viele neue Möglichkeiten, die es heute durch die Vollzeittätigkeit nicht gibt. Insgesamt schaue ich sehr gelassen in die Zukunft. Ich freue mich auf FIRE.

Was ist dir an deinem Jobs – neben dem rein finanziellem – besonders wichtig? Welche Aufgaben und Funktionen erfüllt deine Arbeit für dich? Welche davon lassen sich aus deiner Sicht nur schwer ersetzen? Freust du dich auf die Rentenzeit? Oder hast du eher Angst vor den Veränderungen?

5 Replies to “Kannst du wirklich aufhören zu arbeiten? // Erfolg und Validierung im Beruf”

  1. Hallo Jenni,
    interessanter Artikel, in dem ich mich in vielen Teilen (auch der Zeitplanung) wiederfinden kann, jedenfalls im Nachhinein.
    Nach meinem Zivildienst hatte ich 19 Semester (!) studiert und erst mit 29 angefangen „richtig“ zu arbeiten. Seit ich 45 bin, arbeite ich nur noch Teilzeit, also so ein wenig Barista-FIRE:)
    Obwohl meine Arbeit als Musiker durchaus in Richtung Berufung ging, stellte ich bei mir nach einigen Jahren gewisse Abnutzungserscheingen und Hamsterrad-Tendenzen fest und kündigte meinen Hauptjob in einem wirklich guten Ensemble; ein paar glückliche finanzielle Entscheidungen/Umstände in den letzten Jahren machten diesen Schritt möglich.
    Meinen jetzigen Teilzeitjob als „Feld-/Wald- und Wiesenmusiker“ mache ich zwar noch gerne, aber leider auch nicht mehr mit richtiger Begeisterung/Leidenschaft, so habe ich nun ganz aktuell zusätzlich einen Minijob als Altenpflegehelfer (mein früherer geliebter Zivi-Job) angenommen, um etwas Abwechslung in den Alltag zu bringen. Obwohl es durchaus anstrengend ist, gibt es einem auch sehr viel gutes Feedback, dass man gebraucht wird und etwas „sinnvolles“ macht. Dass ich bei dem Job ganz unten in der Hierarchie stehe, stört mich überhaupt nicht und die Kollegen geben mir auch nicht dieses Gefühl, sie haben vermutlich eher Mitleid mit mir, da sie denken, der arme Musiker braucht bestimmt das Geld:)
    Mein Plan ist es, mit 55 Jahren (jetzt bin ich 49) ganz aufzuhören zu arbeiten. Da ich sehr viele unterschiedliche Interessen habe, glaube ich zwar nicht, dass es mir langweilig werden wird, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht doch noch irgend etwas weiterarbeiten werde.
    So viel von einem etwas älteren Menschen der – zumindest teilweise – in einer gewissen finanziellen Unabhängigkeit lebt. Geplant war das alles gar nicht. Wie heisst der schöne Spruch? „Der Weg ist das Ziel“ oder war es „das Ziel ist im Weg“…?

    Ich bin gespannt, wie es Dir die nächsten Jahre beruflich ergehen wird, zur Zeit hört sich das ja sehr gut an:)

  2. Hallo Jenni,
    Ich habe gestern deinen Blog entdeckt und seitdem viele deiner Artikel gelesen.
    Abgesehen von der Ähnlichkeit zu meiner eigenen Ausgangssituation, frage ich mich in meiner Finanzplanung mit dem Thema Kinder/Elternzeit (anschließende Teilzeit?) umgehen soll. Ich habe dadurch das Gefühl, dass ich keine wirklich langfristigen Planungen anstellen kann bzw. aus finanzieller Sicht eher noch länger arbeiten sollte als ich eigentlich mit Kindern warten möchte. Falls das auch eine Thema für dich ist, würden mich deine Gedanken dazu freuen.

    Viele Grüße ebenfalls aus Frankfurt
    Jenny (verrückt, oder?)

    1. Hallo Jenny,
      es kommt natürlich darauf an, wie lange du (&dein Partner) in Elternzeit gehen willst. Ich finde das Konzept 12 Monate Mutter daheim, 2 Monate Vater daheim, nach der Elternzeit wieder knapp 30 Stunden arbeiten gut.

      Aus finanzieller Sicht kann ich dir folgende Dinge empfehlen:
      1. Das wichtigste: suche/hab einen Partner der dich beruflich unterstützt, aber auch bereit ist sich zeitlich in Kindererziehung und Haushalt einzubringen.
      2. Versuche dein Angestellten-Gehalt maximal vor der 1. Elternzeit zu erhöhen. So kannst du bis zu € 1800/Monat für 12 Monate bekommen.
      3. Wenn es für euch in Frage kommt heiratet deutlich vor der 1. Elternzeit. Du kannst dadurch (wichtig: deutlich vor dem 1. Kind) die Steuerklasse wechseln und damit dein Elterngeld erhöhen, wenn du nicht schon auf den Höchstsatz kommst. Darüberhinaus wirkt sich die Ehe auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf eine mögliche Steuer-Rückzahlung nach deiner Elternzeit aus, da du ja in dem Jahr/den Jahren der Elternzeit weniger verdienen wirst.
      4. Krankenversicherung: wenn ihr beide gesetzlich versichert (& verheiratet) seid, kommst du & Kind Nr.1 KOSTENLOS in die Familienversicherung. Falls einer von euch nicht gesetzlich versichert ist, frühzeitig informieren, damit es keine bösen Überraschungen gibt.
      5. Rentenversicherung: es gibt für die ersten 3 Lebensjahrw pro Jahr 1 Rentenpunkt „geschenkt“. Wenn du vor Geburt aber mehr als durchschnittlich verdient hast, hast du pro Jahr mehr als 1 (max. ca 2 Punkte) Punkt pro Jahr erwirtschaftet. Wenn du z.B. nach einem Jahr wieder arbeiten gehst bekommst du trotzdem bis zum 3. Geburtstag 1 Punkt pro Jahr geschenkt, kannst aber durch deine Angestellten-Tätigkeit nur ca. 1 Punkt dazu in die Rentenversicherung einbringen. Das ist ein bisschen „ärgerlich“ für besser verdienende Frauen, kann aber durchaus bei der Entscheidung wichtig sein mit wie vielen Stunden (also Gehalt) man wieder einsteigt. Das alles ist natürlich nur interessant wenn man auf die gesetzliche Rente als einen Baustein baut.
      6. Du bekommst ab Geburt Kindergeld von >€200/Monat. In den ersten Jahren schaffst du es eigentlich nicht das Geld für das Kind aufzubrauchen, vor allem wenn du wie ich ALLES (bis auf einen neuen Kinderwagen und maxicosi) gebraucht kaufst. Es gibt einen riesigen Gebrauchtmarkt für Baby und Kleinkind-Kleidung mit gut erhaltenenen Dingen. (Flohmärkte, Mamikreisel, eBay Kleinanzeigen)
      7. Auch in deiner Stadt wird es viele tolle kostenlosen Angebote für Muttis geben, wo man einfach mit seinem kleinen Knirps hingehen und andere Mütter mit Babies treffen kann. Wenn du Kurse mit deinem Kind machen magst, empfiehlt es sich sowieso nicht mehr als 2 pro Woche zu machen, das reicht den kleinen meist.Will sagen – ein Lebenit Baby muss nicht viel Geld kosten.

      Ich denke es gibt noch viele gute Anregungen wie die Wahl der Kinderbetreuung (angemessen und bezahlbar)…

      Ich für meinen Teil habe auch während der Elternzeit in meine ETFs sowie einen ETF für meinen Sohn investiert und bin nicht wirklich von meinem Weg zu FIRE abgewichen.
      Wir erwarten nun unser 2. Kind und dafür habe ich wiederum weitere „Optimierungen“ getroffen.

      Ich hoffe, dir mit meinen Anregungen ein bisschen geholfen zu haben und wünsche dir eine ganz spannenden Reise mit Kindeplanung, Produktion und Spass mit deinem Nachwuchs (und weiterhin den Finanzen :-))

      VG aus München,
      Julia

  3. Sehr reflektierter Beitrag! Schaue seit neuestem immer wieder gern hier bei dir rein – freue mich schon auf weitere Berichte von deiner FIRE-reise.

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